Kleine Fahrzeuge - große Rechnung

Schneller und kleiner. Die Trends in der Logistik führen unweigerlich zu Veränderungen in den Fuhrparks der Logistikunternehmen: Transporter bringen kleinteilige Sendungen zum Kunden, oft mehrmals am Tag. Für viele Transporteure eröffnet sich hier ein interessanter Markt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Unternehmer seine Kosten im Griff hat. Umso wichtiger ist eine genaue Fahrzeugkostenrechnung. "70 bis 80 Prozent der Transportunternehmen verfügen nicht über eine aussagefähige Fahrzeugkostenrechnung, sondern kalkulieren die Preise quasi aus dem Bauch heraus'", weiß Ernst Mäußler, Berater im Bereich Controlling und Kostenrechnung aus Dieburg. Selbst die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) helfe bei der Bestimmung der Fuhrparkkosten nur bedingt und wenn überhaupt mit großer Zeitverzögerung weiter. Dabei ist es keine Hexerei, die Kosten der Flotte zu ermitteln. Die notwendigen Angaben lassen sich aus den verschiedenen Abrechnungen und den Fahrzeugdaten herauslesen. Treibstoffkosten, Personalaufwand, Leasinggebühren oder Abschreibung lassen sich aus der Buchhaltung genau erfassen. Verschleißkosten wie Reifen oder Wartungs- und Reparaturkosten gewinnen dagegen zumeist erst über die Zeit als Erfahrungswerte an Genauigkeit. Langfristig hilfreich ist es auch, insbesondere bei größeren Fuhrparks, mit Durchschnittskosten zu kalkulieren. Dabei sollten aber nicht LKW und Transporter in einen Topf geworfen werden. Das würde die Ergebnisse verfälschen und so zu falschen Rückschlüssen führen. Laut ADAC Autokostentabelle 2014 verursacht etwa der neue Mercedes Sprinter 216 CDI monatliche Kosten von rund 1100 Euro. Auf den Kilometer umgerechnet etwas mehr als 87 Cent. Der Renault Master kommt auf rund 880 Euro im Monat oder gut 70 Cent pro Kilometer. Solche vereinfachten Rechnungen bieten einen ersten Anhaltspunkt für eine Kalkulation. Um zu ermitteln, ob einzelne Aufträge kostendeckend gefahren werden können, bedarf es etwas mehr Aufwand. Fixkosten Fixkosten entstehen unabhängig davon, ob das Auto genutzt wird oder nicht. Dazu gehören in erster Linie Versicherungen, Steuern, Leasing- und Mietkosten. Auch Zinskosten für die Finanzierung eines Fahrzeugs zählen dazu. Ist das Fahrzeug aus der eigenen Tasche bezahlt, muss zumindest ein kalkulatorischer Zins angesetzt werden. Hinzu kommt die kalkulatorische Abschreibung. Diese ist nicht mit der steuerlichen AfA (Absetzung für Abnutzung) gleichzusetzen. Vielmehr spiegelt sie den tatsächlichen Wertverlust über die Nutzungsdauer wider. Dabei sollte man immer vom Wiederbeschaffungswert des Transporters ausgehen, da die Preise für die Fahrzeuge in der Regel steigen. Diesen Preis teilt man durch die voraussichtliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs. Wer es ganz genau nehmen will, lässt die eine Hälfte des Ergebnisses bei den fixen Kosten einfließen, die andere bei den variablen Kosten. Dazu muss der Anteil noch mal durch die Laufleistung geteilt werden, um die Abschreibungen pro Kilometer zu bekommen. Werden diese Kosten durch die Einsatztage pro Jahr oder die Einsatzstunden geteilt, ergibt sich eine wichtige Größe für die Vorkalkulation eines Auftrags. Variable Kosten Im Gegensatz zu den fixen Kosten sind die variablen Kosten von dem tatsächlichen Einsatz abhängig. Den größten Posten bilden die Kraftstoffkosten: Diese lassen sich aus dem Kraftstoffverbrauch und dem aktuellen Preis je Liter ermitteln. Die Reparatur- und Wartungskosten umfassen die Ausgaben für Ölwechsel, die Gebühren für die gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen, Ausgaben für einen Wartungsvertrag und die Wagenpflege. Hier sollten nicht gleich alle anfallenden Kosten aufaddiert werden. Eine realistische Betrachtung erfordert, dass der gesamte Reparatur- und Wartungsaufwand über die geplante Nutzungsdauer anhand von Erfahrungswerten ermittelt oder zumindest geschätzt und dann durch die angenommene Jahreslaufleistung geteilt wird. Auch bei den Reifenkosten wird der exakte Aufwand erst über die Zeit wirklich sichtbar. Diese Kosten ergeben sich, wenn man die Ausgaben für die Reifen durch die geplante Laufleistung teilt. Aus der Addition aller Angaben lässt sich am Ende der Anteil der variablen Kosten pro Kilometer berechnen. Fahrpersonalkosten Die Kosten für den Fahrer bestehen nicht nur aus dem monatlichen Lohn, sondern auch aus den Sozialabgaben wie Renten-, Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie Beiträgen zur Berufsgenossenschaft und freiwillige Leistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Diese Angaben und anfallende Spesen liefert die Buchhaltung. Hinzu kommen aber auch Kosten für Weiterbildung oder eine Dienstkleidung, wenn etwa für KEP-Dienste gefahren wird. Die Aufwendungen werden wieder addiert und durch die entsprechenden Einsatztage oder Einsatzstunden geteilt. Das Ergebnis liefert die Personalkosten pro Tag oder Stunde. Eine genaue Kalkulation kann erheblichen Einfluss auf die Preisgestaltung haben. Nach den Erfahrungen von Mäußler liegen die Fahrerkosten zwischen 175 und 225 Euro pro Tag. Gemeinkosten Unter Gemeinkosten verstehen Betriebswirte Verwaltungskosten, die den Fahrzeugen zuzuordnen sind. Oftmals werden pauschal alle anfallenden Allgemeinkosten einfach auf die Zahl der Fahrzeuge umgelegt. Das vereinfacht zwar die Berechnung, kann je nach Kostenstruktur aber auch zu einem viel zu hohen Ansatz und damit zu nicht marktfähigen Preisen führen. Eine Alternative ist, die Verwaltungskosten prozentual auf die Fahrzeuge zu verteilen, je nachdem, wie viel Anteil zum Beispiel die Lagerhaltung, die LKW-Flotte und die Transporter-Flotte zum Gesamtergebnis beitragen. Gesamtkosten Die jährlichen Gesamtkosten ergeben sich, wenn die festen Fahrzeugkosten, die Fahrpersonalkosten und die variablen Kosten pro Jahr für die vermutete Laufleistung zusammengezählt werden. Aus diesen Zahlen lassen sich nun die Kosten- und Leistungsdaten für jedes Fahrzeug, die Kosten pro Einsatztag oder pro gefahrenen Kilometer und damit die Selbstkosten für einzelne Aufträge ermitteln. Diese Rechnung lässt sich nutzen, um bei einer Anfrage ein wirtschaftliches Angebot zu ermitteln. Gerade hier entscheiden viele Transporteure immer noch nach einer groben Kalkulation "über den Daumen" oder nach ihrem Gefühl. Dieser "Das passt schon"-Preis entpuppt sich hinterher in vielen Fällen als Zuschussgeschäft. Darum sollte vor jedem Auftrag zumindest grob durchgerechnet werden. Dazu gehört, die zu erwartenden Kosten für jedes Fahrzeug mit dem Angebotspreis zu vergleichen. Deckungsbeitragsrechnung Einen ersten Hinweis, ob ein Auftrag gewinnbringend ist, liefert die Teilkostenrechnung. Dabei werden die variablen Kosten, die Fahrerkosten und die fixen Kosten des Fahrzeugs addiert. Das Ergebnis ist ein Deckungsbeitrag, der die wichtigsten Kosten abdeckt (siehe Tabelle oben rechts). Zu diesen Konditionen kann man Aufträge annehmen, allerdings sollte das keine Dauerlösung sein. Gewinn macht ein Unternehmen nur, wenn die Fahrzeuge auch in der Vollkostenrechnung, also unter Berücksichtigung von Teilkosten, Gemeinkosten und Gewinn, einen positiven Deckungsbeitrag einfahren. Ebenso wichtig ist die regelmäßige Nachkalkulation einzelner Touren oder Aufträge. "Meiner Erfahrung nach wird diese nachgelagerte Analyse aus unterschiedlichen Gründen oft nicht durchgeführt", beobachtet Mäußler. Dabei lasse sich nur so die tatsächliche Rentabilität eines Auftrags erkennen. Nach dem erfolgten Auftrag sollten die Ist-Kosten und die Ist-Zeiten aufgelistet und mit den vorher kalkulierten Kosten verglichen werden. Nur so lässt sich feststellen, ob der Auftrag tatsächlich kostendeckend oder sogar gewinnbringend durchgeführt wurde oder ob man sich bei der Vorkalkulation selbst belogen hat. Die Kostenrechnung ermöglicht es auch, die optimale Größe des Fuhrparks zu bestimmen. Denn auch wenn die Auftragslage gut ist, bedeuten mehr Fahrzeuge nicht unbedingt mehr Gewinn. In manchen Fällen kann sich der Ertrag sogar verbessern, wenn etwa alte Transporter ausgemustert werden und stattdessen für Spitzenzeiten ein Fahrzeug gemietet wird. Solche Entscheidungen lassen sich nur verlässlich treffen, wenn alle Kosten bekannt sind. Weitere Kalkulationshilfen und Berechnungsschemen als PDF-Download im Internet unter: www.verkehrsrundschau.de/dokumente

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