Aus der Tiefe des Raumes

So richtig fruchtet das robuste, aber in Sachen Gewicht eben nachteilige Leiterrahmenkonzept des Iveco Daily erst in der Klasse zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen. Und genau diese schweren Ausgaben des neuen Daily präsentierte Iveco in der "zweiten Welle". Bis zu 7,2 Tonnen Gesamtgewicht reicht das Daily-Programm jetzt. 4,9 Tonnen Nutzlast sollen drin sein und die Italiener erhoffen sich hier vor allem aufgrund der Produktionseinstellung des Mercedes Vario zusätzliche Kundschaft. Bei den schweren Varianten ist nach den ziemlich undurchsichtigen Emissionsregularien je nach Basisfahrzeuggewicht Euro 6 obligatorisch und für die 146- und 170-PS-Version des 3,0-Liter verfügbar, dann mit SCR-Kat und Adblue-Tank. Auch mit 7,2 Tonnen kamen Motor und Fahrwerk auf einer ersten exklusiven Proberunde der Van-of-the-Year-Jury problemlos klar: Schon die zweitstärkste Variante im Daily 72C170 Euro 6 mit variablem Turbo mobilisiert stramme 400 Newtonmeter und stellt aus niedrigen Drehzahlen genug Power bereit. Wem das trotz nochmals verstärkter Bremsen verzögerungsseitig oder wegen Hängereinsatz langsam unheimlich wird, der kann eine relativ leichte Telma-Wirbelstrombremse ordern. Neue Achtgang-Wandlerautomatik Und wer Getriebe und Kupplung schonen will, kann jetzt eine ZF-Achtgang-Wandlerautomatik bestellen. Die Hi-Matic bringt kaum gekannten Komfort in einen Transporter. Selbst wenn der ausgeladene 3,5-Tonner wandlerbedingt etwas gemächlich antritt, gehen die Gangwechsel völlig ruckfrei und enorm schnell vonstatten. Auch die Schaltstrategie überzeugt: Etwa wenn bergab der niedrigere Gang für höhere Motorbremskraft mit Lupfen des Gaspedals gehalten wird. Oder wenn die Box in der Ebene rasch hochsortiert und kleinere Steigungen ganz ohne Schaltung absolviert. Klar, dass mit acht Gängen das Drehzahlniveau niedrig liegt. Ein deutlicher Fortschritt also zur ruckeligen, automatisierten Agile-Schaltung im Vorgängermodell. Da kann auch die nervöse, Daimler-eigene 7-G-Tronic im Sprinter nicht mithalten. Unter 1000 Euro soll der Preis dieses neuen Getriebes liegen und der Verbrauch soll laut Iveco vier Prozent unter den Handschaltern liegen. Noch mehr Gänge bieten die beiden 4x4-Versionen, die Iveco erstmals zeigte: Eine "zivile" Achleitner-Variante mit Permanent-Allrad, zwölf Gängen, drei Sperren für schwierigere Onroadaufgaben sowie die hauseigene Hardcore-Version, die mit 24 Vorwärts- und vier Rückwärtsgängen, drei Sperren und einer Untersetzung von bis zu 120:1 dem Unimog Konkurrenz macht. Stark wie eh und je und in Sachen Performance dem Diesel ebenbürtig zeigte sich die CNG-Variante des neuen Modells, die generell Euro 6 erfüllt. Zusätzlich arbeitet das 136-PS-Erdgasaggregat um fünf Dezibel leiser als die Selbstzünder - wichtig bei etwaigen urbanen Einfahrbeschränkungen. Noch wichtiger ist, dass Iveco an der Reichweite gearbeitet haben will und der Natural-Power-Daily jetzt bis zu 500 Kilometer aus den drei stählernen Gasflaschen am Rahmen respektive beim Kastenwagen unterflur zieht. Wen dennoch die Reichweitenangst beschleicht, der kann sich auf die 80-Kilometer-Benzinreserve verlassen. "CNG ist die beste Alternative zum Diesel und die Brückentechnologie schlechthin", preist Marketing-Chef Giuliano Giovannini. Verfeinerte Elektro-Version Falls man diese Brücke überspringen will, hält der italienische Hersteller eine stark verbesserte Elektro-Version bereit. Je nach geordertem Paket von ein bis drei Batterien erreicht der Stromer jetzt bis zu 250 Kilometer Reichweite. Iveco sieht die Anwendung für den E-Daily aber ohnehin im städtischen Bereich und empfiehlt schon wegen der hohen Batteriekosten sowie dem Gewicht von 235 Kilo pro Paket eine wohlbedachte Order. Bei der Elektrotechnik setzt Iveco statt auf Lithium-Ionen-Akkus weiter auf recyclierbare Sodium-Nickel Zellen (Zebra-Batterie), kombiniert mit dem Zwischenspeicher sogenannter Supercaps (Superkondensatoren). Diese nehmen Bremsenergie auf, um sie bei nächster Anforderung schnell zur Verfügung stellen zu können. Wie auch immer, der voll ballastierte 5-Tonnen-Strom-Van setzt sich magischlautlos und mit gebotener Gemächlichkeit in Bewegung und nimmt stetig und bestens dosierbar Fahrt auf. Man hört nicht viel vom Antrieb, außer leises Sirren, auch von außen pirscht sich das Fahrzeug regelrecht an. Deshalb experimentiert Iveco mit einem tempoabhängigen, hochfrequenten Hupton, der Passanten während der Testfahrten allerdings nicht besonders beeindruckte. Sehr harmonisch agiert auch die elektrische Lenkung, die ein gutes Gefühl zur Fahrbahn vermittelt. Insgesamt wirkt die neue Generation des E-Transporters deutlich reifer als der Vorgänger, der mit unharmonischer Beschleunigung und Verzögerung sowie lautem Surrgeräusch noch etwas Bastelcharme ausstrahlte. Billig ist die Technik allerdings nicht: Der Preis ist etwa doppelt so hoch wie beim Diesel. Bei allem technologischen Wagemut - auch ausgedrückt in der spektakulären Studie Vision - Iveco verdient sein Geld aber nach wie vor großteils mit Diesel-Fahrzeugen. Und hier geht der Trend klar zum Kastenwagen, der in Sachen Komfort, Qualität und Nutzlast deutlich zugelegt hat (siehe VR 24/2014). Und die Verkaufszahlen geben Iveco recht: Mittlerweile machen die geschlossenen Versionen 42 Prozent aller Orders aus. So hatte sich Iveco-Boss Franco Fusignani das vorgestellt. Alle Tests und Fahrberichte seit dem Jahr 2008 für Premium-Abonnenten unter www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Transporterstudie Iveco Vision Stadt und Land in einem Fluss Wie aus einem Star-Wars-Film entfahren wirkt die Studie Iveco Vision, die auf den Maßen eines Daily H2 mit 12 Kubik Frachtraum aufbaut. Dass innen zwei Kubik weniger Platz zur Verfügung stehen, ist dem spektakulären Design geschuldet. Ziel war es, neben der Aufgabe als Design-Blickfang auch ein paar handfeste Ideen zu realisieren. Etwa die perfekte Rundumsicht vom Fahrerplatz dank perforierter A-Säulen sowie einem halben Dutzend Kameras, die ihre Erkenntnisse auf eine Art Rückspiegelband projizieren. Clever auch die Idee mit den Airbags für die Ladungssicherung und die ausfahrbare Beladeplatte. Mehr als ein Gag ist auch die zweigeteilte Heckklappe, durch deren unteren Schacht sich flache Frachtstücke nach innen bugsieren lassen. Bequem ist der Einstieg über zwei Stufen, die sich bei per Fernbedienung aktivierter Öffnung der Tür ausfahren. Geregelt wird im Iveco Vision fast alles per mittig platziertem Tablet, von Navigation und Bordcomputer bis hin zur Auftragsdisposition und Position der QR-codierten Frachtstücke. Antriebsseitig bediente sich Iveco der vor zwei Jahren vorgestellten Hybrid-Studie "Dual Energy", die jetzt einen Erdgas-Hybrid-Antrieb mit einem reinen Elektroantrieb und jeder Menge Leichtbaukomponenten bis hin zu Composit-Bremsen und Fahrwerk kombiniert. jr

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