Keine Alternative in der Verkehrspolitik

Wohin steuert die Alternative für Deutschland (AfD)? Wer dieser Tage die Zeitungen dieser Republik aufschlägt, liest von rechts-populistischen Ausfällen einiger AfD-Mitglieder und dem Streit um die Ausrichtung der Partei. Kein Thema: die Verkehrspolitik. Dabei sitzt die AfD mittlerweile in drei Landesparlamenten und im Europaparlament - und muss auch in verkehrspolitischen Fragen Position beziehen, etwa in den Verkehrsausschüssen der Länder. In Sachsen, wo vor rund zwei Monaten gewählt wurde, hat die Partei noch keinen Ansprechpartner für die Verkehrspolitik benannt. Auf Anfrage der VerkehrsRundschau heißt es etwa zu den Themen ÖPP, externe Kosten, LKW-Maut oder Lang-LKW: bisher keine Meinung. "Wir werden uns durch die Arbeit im Landtag eine Position erarbeiten", sagt Frauke Petry, AfD-Vorsitzende in Sachsen. Auf Bundesebene ein ähnliches Bild: "Wir sind noch nicht so weit", berichtet Hans-Olaf Henkel, stellvertretender Sprecher der AfD, im Gespräch mit der VerkehrsRundschau (siehe Interview). "Wir haben ein Europaprogramm gebaut, weil die Europawahl anstand. Dann folgten die Landtagswahlen, auch hier spielten Verkehrspolitik und Logistik keine wichtige Rolle", sagt der ehemalige BDI-Chef. Erste Hinweise, an welchen Leitlinien sich die Partei in Sachen Verkehrspolitik orientieren wird, gibt es dennoch. Die bisher verabschiedeten Leitsätze und Programme in der Wirtschafts- und Umweltpolitik sind in der Tendenz liberal und marktwirtschaftlich orientiert, staatliche Eingriffe spielen eine untergeordnete Rolle. So sieht das auch Parteienforscher Jürgen Falter, Politikwissenschaftler an der Uni Mainz: "Was den Umweltschutz angeht, steht die AfD vielen Maßnahmen und Regulierungen eher skeptisch gegenüber. Eine Regulierung der Wirtschaft würde nicht zu ihrem wirtschaftsliberalen Credo passen." Auch sein Kollege von der FU Berlin, Oskar Niedermayer, hält die Alternative für Deutschland für eine "eindeutig marktliberale Partei". Henkel will Abschaffung der LKW-Maut Partei-Vize Henkel zumindest geht klar auf Wirtschaftskurs: "Eine gut gemeinte unkoordinierte Umweltpolitik schadet nicht nur dem deutschen Mittelstand und der Speditionsbranche, sondern versündigt sich auch an der Umwelt." Bei konkreter Nachfrage kann er jedoch meist nur für sich und nicht für seine Partei sprechen, da es in vielen Fragen noch keinen Konsens gibt. Henkel hält im VR-Gespräch überraschende Aussagen parat: "Ich bin gegen jegliche Mautgebühren in Europa und wir als AfD werden uns im Europaparlament für die Abschaffung aller Mautgebühren einsetzen. Das gilt auch für die LKW-Maut." Mit dieser exotischen Forderung dürfte Ex-FDP-Sympathisant Henkel im EU-Parlament sicher keine Mehrheit finden, da der Wegfall der LKW-Maut-Einnahmen zu Milliarden-Löchern in den Haushalten der EU-Staaten führen würde. Ob sich die Partei dauerhaft für den von Henkel gewünschten liberalen Kurs entscheidet, ist nicht ausgemacht. In der AfD-internen Debatte um das EU-USA-Handelsabkommen TTIP etwa ist keinesfalls sicher, ob sich der liberale Henkel-Flügel mit seiner Pro-Position durchsetzt. Ein anderes Beispiel: Die AfD in Sachsen fordert "keine weitere Privatisierung der Bahn", auch das eine eher dem nicht-liberalen Spektrum zuzuordnende Forderung. Die Frage der VR, ob man aus dieser Forderung eine kritische Haltung der AfD etwa zu ÖPP im Autobahnbau herauslesen kann, wird - nicht ganz unerwartet - wie folgt beantwortet: "Die AfD hat sich hierzu noch keine Position erarbeiten können." BGL: Keine Ansprechpartner bekannt Ist die Partei denn im Gespräch mit den Verbänden, wenn es um die Anliegen des Gewerbes angeht? Bisher nicht - mangels Ansprechpartnern. "Es gibt keine direkten Kontakte zu Verkehrspolitikern der AfD, die sich aus unserer Sicht bisher nicht zu erkennen gegeben haben", sagt Karlheinz Schmidt, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung. Außerdem sei die AfD nicht im Bundestag vertreten und scheide deshalb derzeit als Adressat bei der Umsetzung gewerbepolitischer Interessen aus, so Schmidt. Insgesamt wird es noch Zeit brauchen, bis die Partei sich auch auf Bundesebene zu Themen wie Lang-LKW oder Lenk- und Ruhezeiten äußern kann. "Es wird rund 18 Monate dauern, bis wir überall eine Position erarbeitet haben. Mit Sicherheit können wir aber zur nächsten Bundestagswahl dem Wähler ein komplettes Angebot machen", kündigt Henkel an. Auf Bundesländerebene wird dieser Prozess schneller gehen (müssen). Die nächsten Landtagswahlen finden in Hamburg (Februar 2015) und Bremen (Mai 2015) statt. An diesen Hafenstandorten wird die AfD gezwungenermaßen in der täglichen politischen Auseinandersetzung an den Wahlständen der Hansestädte in Sachen Verkehrspolitik auch detailliert Position beziehen und Alternativen anbieten müssen.