Externe Kosten bleiben Zankapfel

Der Bundestag hat deutlich gemacht, dass die Senkung der LKW-Maut aufgrund des Wegekostengutachtens nur ein Zwischenschritt ist auf dem Weg zur stufenweisen Ausweitung der Abgabe auf alle Bundesstraßen bis 2018. In einer öffentlichen Anhörung des Bundestagsverkehrsausschusses über die Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes haben die geladenen Sachverständigen ihre jeweils eigene Sicht auf die Straßennutzungsgebühr dargelegt. Die Straßenverkehrsinitiative Pro Mobilität und das Deutsche Verkehrsforum (DVF) betonten die wichtige Rolle, die der LKW zur Finanzierung der Fernstraßen seit 2005 spielt. Dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) geht es darum, LKW-Verkehre durch eine maximale Anlastung externer Kosten zu verteuern. Am vergangenen Mittwoch wollte der Verkehrsausschuss dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen. Am 16. Oktober soll der Bundestag über den Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes entscheiden. Wirtschaft versus Umweltschützer Für Pro-Mobilität-Geschäftsführer Stefan Gerwens stellt sich ob des schlechten Zustands vieler Straßen die Frage "nach der Gegenleistung für die Einrichtung der Mautgebühr". Er warnte, eine Einbeziehung externer Kosten könne dazu führen, "dass der Charakter der Maut als Instrument der Infrastrukturfinanzierung in den Hintergrund tritt und die Lenkungsfunktion dominiert". DVF-Geschäftsführer Thomas Hailer wies darauf hin, die Anlastung externer Kosten bleibe "in der Höhe und im Umfang strittig". Er appellierte an die Parlamentarier, bei Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) das Instrument der Steuerfinanzierung in Erinnerung zu rufen, "bevor aus dem LKW der letzte Euro rausgepresst wird". Um die Lenkungsfunktion ging es BUND-Vertreter Werner Reh, der die LKW-Maut auch als Modell "zur Erzielung ökologischer Effekte" sieht. "Im Einzelnen geht es darum, den Beitrag des Verkehrssektors zum Klimawandel, zu Staus, Luftverschmutzung und Lärmbelastung, die Gesundheits- und Umweltschäden verursachen, zu reduzieren". Reh kritisierte, dass der Gesetzentwurf keine Anrechnung der Lärmkosten enthält. Die Regierung solle endlich einen Termin für die Einbeziehung dieser Kosten nennen und diese noch in dieser Wahlperiode umsetzen. Diese Ansicht vertrat auch die Grünen-Verkehrspolitikerin Valerie Wilms, die sich mit der Bitte um Auskunft an Verkehrs-Staatssekretärin Dorothee Bär wandte. Die CSU-Politikerin musste passen. Die Regierung sei im Gespräch. Derzeit sei die Lärmbelastung schwer darstellbar. Zufrieden zeigte sich Reh darüber, dass immerhin die Luftschadstoffkosten einbezogen werden. Irritation um Investitionsplanung Nicht infrage gestellt wurde von den Sachverständigen die Notwendigkeit, die Mautsätze aufgrund des Wegekostengutachtens zu senken. Danach müssen die aufgrund des derzeit geringen Zinsniveaus reduzierten Kosten an die Nutzer weitergegeben werden. "Im Sinne einer dauerhaft verlässlichen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur muss allerdings überlegt werden, ob es zur Abhängigkeit von Zinskosten nicht sinnvolle Alternativen gibt", gab der CDU/CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange eine vorherrschende Meinung während der knapp zweistündigen Sitzung wieder. Durch die ab Jahresbeginn 2015 neuen Mautsätze ergeben sich bis 2017 Einnahmeausfälle von rund 460 Millionen Euro, die durch den allgemeinen Haushalt ausgeglichen werden sollen. Keinen Dissenz unter den Sachverständigen gab es bei der Feststellung, dass der Verkehrsetat seit Jahren unterfinanziert ist. Dabei spielt die Ausweitung der LKW-Maut eine wichtige Rolle, wie Ressortchef Alexander Dobrindt bereits wenige Tage vor der Anhörung deutlich gemacht hatte. Anlässlich der Verkehrsministerkonferenz in der vergangenen Woche hatte der CSU-Politiker von einem "Investitionshochlauf bestehend aus fünf Punkten" gesprochen und eine schrittweise Erhöhung der Mittel für Straßen und Brücken bis 2018 um 4,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. So soll das Fünf-Milliarden-Euro-Paket für zusätzliche Verkehrsmaßnahmen in der nächsten Wahlperiode fortgesetzt werden. Zweitens solle ein klarer Fokus auf eine verstärkte Nutzerfinanzierung gelegt werden. "Das heißt die Ausweitung der LKW-Maut und Einführung der Infrastrukturabgabe für PKW". Drittens sollten mehr private Investitionen in Verkehrsprojekte fließen."Es wird eine neue Generation öffentlich-rechtlicher Partnerschaften geben," kündigte Dobrindt an. Zudem solle es klare Prioritäten geben, beispielsweise mit dem Seehafenhinterland-Anbindeprogramm. Und der Grundsatz "Erhalt vor Neubau" werde konsequent fortgesetzt, etwa mit dem Brückensanierungsprogramm. ÖPP sind bereits eingerechnet "Wir werden bereits 2015 den nächsten Schritt im Investitionshochlauf spüren", versprach Dobrindt. Dann werde die LKW-Maut auch auf vierspurigen Bundesstraßen sowie für 7,5- bis 12,5-Tonner gelten. Dies mache im Jahr 380 Millionen Euro aus. 2016 werde die PKW-Maut eingeführt, die jährlich 600 Millionen Euro bringe. Ab 2018 sei die LKW-Maut auf allen Bundesstraßen vorgesehen, das bringe pro Jahr etwa 2 Milliarden Euro. Weitere Maßnahmen wie ÖPP-Projekte der neuen Generation brächten jährlich Investitionen von einer Milliarde Euro. Bei Pro Mobilität stieß Dobrindts "Investitionshochlauf" bis 2018 auf Skepsis. Diese Investitionslinie sei zeitlich wie auch der Höhe nach mit Unsicherheiten behaftet. Der Verband erinnerte daran, dass die Investitionen in Autobahnen und Bundesstraßen auch im Etatentwurf 2015 erneut unter dem Durchschnitt der letzten Legislaturperiode Milliarden Euro blieben. Dobrindts Rechnung Der Haushaltsentwurf 2015 sieht für Investitionen in Fernstraßen 5,43 Milliarden, in Eisenbahnen 4,37 und in Wasserstraßen 0,75 Milliarden Euro vor. Investitionen in Form Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) sind bisher nicht in Etatplanungen eingeflossen oder in diesem Zusammenhang auf der Habenseite der Investitionen aufgeführt worden. Dobrindt bricht mit dieser Tradition und hat eine neue Rechnung aufgemacht. Für 2015 geht er von zusätzlichen LKW-Mauteinnahmen in Höhe von 380 Millionen aus (Mautpflicht für LKW bereits ab 7,5 statt bisher 12 Tonnen, Erweiterung auf weitere 1000 Kilometer Bundesstraßen) und bringt ÖPP-Investitionen in Höhe von rund einer Milliarde Euro ins Gespräch. Addiert man die im Koalitionsvertrag beschlossenen 1,25 Milliarden Euro pro Jahr hinzu, käme Dobrindt für 2015 auf zusätzliche 2,63 Milliarden Euro. jök

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