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Interview: Was will die AfD in der Verkehrspolitik, Herr Henkel?

29.10.2014 16:27 Uhr
Interview: Was will die AfD in der Verkehrspolitik, Herr Henkel?
Henkel: "Wir sind noch nicht soweit"
© Foto: Hans-Olaf Henkel

AfD-Vize Hans-Olaf Henkel, ehemals BDI-Chef und Speditionskaufmann, zum Kampf Liberale gegen Populisten in seiner Partei und zur Meinungsfindung in Sachen Verkehrspolitik.

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München. Liberale gegen Populisten: Die Alternative für Deutschland (AfD) sitzt mittlerweile in drei Länderparlamenten und streitet heftig über ihren Kurs. Wo die Partei in Sachen Verkehrspolitik hin will, bleibt unklar. Fest steht nur eins: Bisher hat sie zu den meisten Themen keine Meinung. Die VerkehrsRundschau hat mit AfD-Spitzenpolitiker Hans-Olaf Henkel über die Rolle der Verkehrspolitik und Wirtschaftspolitik in seiner Partei gesprochen.

Herr Henkel, wo sehen Sie sich als Partei in der Wirtschaftspolitik verortet – links oder liberal?
Eindeutig liberal! Das können Sie etwa am Europaprogramm der AfD deutlich erkennen. Hier erkennen sie eine eindeutig liberale Handschrift.

Brauchen wir etwa in der Umweltpolitik schärfere Vorschriften des Staates, um etwa den Klimawandel zu bekämpfen?
Ich war auch schon Ökomanager des Jahres und habe ein großes Herz für die Nachhaltigkeit. Wir müssen aber nachhaltig nicht nur Umweltpolitik betreiben, sondern auch nachhaltige Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Es ist sinnlos, immer nur einseitig der deutschen Industrie oder der Verkehrsbranche neue Auflagen zu machen, wenn das zur Folge hat, dass Arbeitsplätze ins Ausland verschwinden und durch diese Verlagerung dann auch die Umwelt stärker belastet wird, weil etwa im Ausland zu umweltschädlicheren Bedingungen produziert wird. Eine gut gemeinte unkoordinierte Umweltpolitik schadet nicht nur dem deutschen Mittelstand und der Speditionsbranche, sondern versündigt sich auch an der Umwelt.

Ein wichtiges Thema sind auch die externen Kosten: Soll man etwa die Lärmkosten im Rahmen der LKW-Maut einpreisen?
Ich halte überhaupt nicht viel von der Maut. Der Autofahrer und der Speditionsbetrieb bezahlen heute schon über Steuern wie Mehrwertsteuern, Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuer schon ein mehrfaches, als zur Bereitstellung der Infrastruktur nötig wäre.

Dennoch haben wir eine Unterfinanzierung.
Das Geld wird für andere politische Zwecke abgezweigt.

Wenn man Ihre Parteiprogramme durchforstet, findet man zur Verkehrspolitik wenig bis nichts. Warum ist das so? Ist Verkehrspolitik nicht relevant?
Ich will ganz offen sagen: Wir haben ein Europaprogramm gebaut, weil die Europawahl anstand. Dann folgten die Landtagswahlen, auch hier spielten Verkehrspolitik und Logistik keine wichtige Rolle. Wir haben noch kein gesamtgesellschaftliches Angebot, das auch ein verkehrspolitisches umfassen würde. Uns als Partei fehlt noch ein Grundsatzprogramm, das diese Fragen klärt und beantwortet. Bisher haben wir hier nur Grundsätze entwickelt. Wir sind noch nicht soweit. Es wird noch rund 18 Monate dauern, bis wir überall eine Position erarbeitet haben. Mit Sicherheit können wir aber zur nächsten Bundestagswahl dem Wähler hier ein komplettes Angebot machen. Das finde ich schnell: Die Grünen haben zwanzig Jahre gebraucht, um sich von einer Ein-Themen-Partei mit Thema Umwelt zu einer Linkspartei mit umfassenden Programm zu entwickeln.

In Europa müssen Sie sich aber doch auch mit Themen wie etwa der Maut beschäftigen..
Ich kann ihnen meine Position hierzu gerne mitteilen. Ich bin gegen jegliche Mautgebühren in Europa und wir als AfD werden uns im Europaparlament für die Abschaffung aller Mautgebühren einsetzen.

Gilt das nur für die PKW-Maut oder auch für die LKW-Maut?
Das gilt natürlich auch für die LKW-Maut.

Sie als Person sind ja klar ein Liberaler, das kann man auch an Ihrer Vita erkennen. Die Frage ist nur: Wie entwickelt sich die AfD, sprechen Sie für die ganze Partei oder setzen sich am Ende die Rechts-Populisten durch?
In unseren politischen Leitlinien und in unserem Europaprogramm haben wir uns ganz klar für eine liberale Politik entschieden. Wir haben das Europaprogramm unseren damals 16.000 Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt, die sich eindeutig für einen liberalen Wirtschaftskurs entschieden haben. Natürlich haben Sie Recht, es gibt auch Mitglieder in unserer Partei, die anders denken und anders reden, oft auch besonders laut. Es gibt durchaus Parteimitglieder mit Ressentiments oder Leute, die Anhänger von Verschwörungstheorien sind. Und diese sind auch mehr und lauter als in anderen Parteien. Aber die Mehrheit der Mitglieder und vor allem auch die Führung haben sich klar liberal positioniert.

Nennen Sie doch mal bitte Beispiele, wo stehen Sie in der Wirtschaftspolitik für eine liberale Politik?
Wir sind in Deutschland die einzige Partei, die den flächendeckenden Mindestlohn ablehnt. Das ist nicht populistisch, sondern ein Zeichen liberaler Ausprägung. Ein weiteres Beispiel: Wir fordern die Abschaffung des Handwerkskammerzwanges, eine urliberale Position. Damals, als ich noch für die FDP eingestanden bin, war das nicht möglich, da Herr Brüderle glaubte, die Mitglieder dieser Kammern wählten FDP und deswegen ginge das so nicht.

Wie siehts mit TTIP aus?
Hier gibt es einen offenen Diskurs und noch eine Schlacht zu schlagen. Wir sind zwar für den Freihandel, aber ich sehe hier schon großen Widerstand in der Partei.

Droht Ihnen am Ende das Schicksal der Piraten, die sich auch nicht wirklich auf einen Kurs einigen konnten?
Das hoffen die Altparteien und die Journalisten vor allem aus der Springer-Presse. Ich sehe nur eins: 4,7 Prozent bei der Bundestagswahl, dann über sieben Prozent in Europa – und dann die Landtage mit zweistelligen Ergebnissen. Ein Untergang sieht anders aus.

Was machen Sie denn für ein Angebot für einen Mittelständler?
Gerade im Mittelstand sind wir besonders erfolgreich. Große Industrie- und Bankenvertreter halten etwa den Euro für heilig, aber bei mittelständischen Unternehmern haben wir starken Zulauf. Unsere Kernkompetenz ist ja unsere Fähigkeit, Alternativen zur Europolitik anzubieten. Die Europolitik der Bundesregierung führt automatisch zu einem massiven Wohlstandsverlust in Deutschland. Das betrifft vor allem auch die Mittelständler.
Und ganz nebenbei bemerkt: Wenn eine Partei Wirtschaftskompetenz beanspruchen kann, dann sind wir das. Wir haben drei Wirtschaftsprofessoren im EU-Parlament – von sieben Abgeordneten. Die „Wirtschaftsprofessoren-Partei“ AfD versteht etwas von Wirtschaft, das sollte klar sein. Nennen Sie mir doch irgendwen in der CDU, der noch etwas von Wirtschaft versteht? Ich kenne keinen. Oder unseren Wirtschaftsminister, das ist ein Lehrer. Wo sind die Leute? Die sind bei uns.

Nicht bei der FDP?
Wir sehen uns in der Wirtschaftspolitik in der Nachfolge der FDP, diesen Anspruch haben wir. (tr)


Das Interview führte Tobias Rauser, Chef vom Dienst der VerkehrsRundschau. In der VerkehrsRundschau-Ausgabe 44/2014 finden Sie einen ausführlichen Beitrag zum Thema "AfD und Verkehrspolitik" 

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