Kein Spielzeug mehr!

Seit 1.7. sind zusätzlich rund 1100 Kilometer vierspurige Bundesstraßen in Deutschland mautpflichtig und seit 1.10.2015 kosten vier Achsen pro Kilometer 1,8 Cent weniger als fünf Achsen. Kommen jetzt die Zweiachsauflieger im breiten Stil? Auf jeden Fall punkten die mit geringerem Eigengewicht, geringfügig besserer Laufruhe durch längeren Radstand, einem weniger starken Verschränken der Aggregate beim engen Wenden und Abbiegen sowie niedrigeren Betriebs- und Kraftstoffkosten. Entsprechend liebäugelten schon etliche Transporteure mit den leichten Zweiachsern, verwarfen die Idee dann aber wieder: "Wir fahren viel Stückgut und nehmen, sofern wir die Kapazitäten dafür haben, gern unterwegs noch die eine oder andere Palette zusätzlich mit. Da kann es beim Zweiachser mit der Zuladung und Gewichtsverteilung schnell eng werden", begründet beispielsweise Fuhrunternehmer Rolf Hamprecht seine Vorsicht gegenüber dem Zweiachser. Ähnlich argumentiert Fuhrunternehmer Erwin Duschl, der hauptsächlich im Automobil-Bereich tätig ist: "Viele Automotive-Transporte könnte man mit einer 16,5 Meter langen, aber leichteren vierachsigen Zugkombination fahren, doch wenn einmal Gussteile oder Presswerkzeuge statt Bleche oder Sitze transportiert werden müssen, wäre das nicht möglich. Um sich ihre Flexibilität zu wahren, schreiben uns die Verlader entprechend hohe Nutzlastreserven vor." Trotzdem meldet Krone-Pressesprecher Tobias Eichberg: "Die Verkäufe der Zweiachser sind aktuell um etwa 100 Prozent gestiegen. Allerdings nach wie vor in einem geringen Prozentsatz an der Gesamt-Produktion der rollenden Einheiten. Der klassische Dreiachser dominiert mit weit über 90 Prozent nach wie vor die Aufträge bei Krone." Krones Zweiachser-Kunden transportieren vornehmlich im Volumenbereich: KEP, Weiße Ware, leichte Baustoffe und - wo möglich - auch Automotive. Vom Zwei- zum Dreiachser: S.CS Genios Auch Schmitz Cargobull hat seinen neuen Genios-Baukasten auf dieses Szenario ausgelegt, wie Schmitz Cargobulls Produktmanager Curtainsider, Tim Warmeling, erklärt: "Beim S.CS-Genios-Sattelcurtainsider wurden mehrere Achskombinationen im Lochbild der Langträger vorbereitet, sodass eine nachträgliche Anpassung der Achs-Anzahl an den Bedarf des Kunden gewährleistet wird." Damit können die Münsterländer bei Bedarf eine dritte Achse "einfach und schnell" nachrüsten. Zur Verfügung stehen für die S.CS-Sattelcurtainsider dafür jeweils Neun- oder Zehn-Tonnen-Achsen. Die Zweiachser seien laut Warmeling besonders sinnvoll für Kunden, die eine langfristige Nutzung mit definierten Gewichten planen und auf keine flexiblen Rückfrachten angewiesen sind. Der Wiederverkaufswert der Trailer leide dabei nicht, denn durch die mögliche Nachrüstung sichert sich der Spediteur zudem ein flexibles Einsatzspektrum für seine Trailer. Die Gewichtsersparnis gibt Warmeling mit 750 Kilogramm an, was er in bis zu zwei Prozent Kraftstoffersparnis umrechnet. Auch Helmut Fliegl, Geschäftsführer der Fliegl Trailer, bestätigt, dass die Nachfrage nach Gardinensatteln mit zwei Achsen anzieht. Darum bietet er Road- und Mega-Runner jetzt auch als Twin-Version an, die bei etwa 4900 Kilo Leergewicht starten. Pressesprecherin Tina Böttcher bestätigt, dass im Werk 2 mittlerweile "permanent" Zweiachser im Vorlauf seien: Die Nachfrage ist also da. 4,4 Tonnen Leergewicht sind ein Wort Gewicht ist auch ein Thema für Spezialisten wie Dinkel Fahrzeugbau: Der wohl älteste Fahrzeugbauer der Welt will einen Mega-Zweiachssattel mit zwei Zehn-Tonnen-Achsen und einem Zuggesamtgewicht von 38 Tonnen mit einem DIN-Leergewicht von 4400 Kilogramm darstellen können inklusive Hubdach, Schiebeverdeck, Türen und Code XL. Auch ein Rahmenhals in 40-er-Höhe ist lieferbar, der dann aber das Gewicht wieder nach oben treibt. Laut Dinkel-Pressesprecher Gernot Schüßler findet langsam ein Umdenken statt, was sich in steigenden "Versuchsaufträgen" widerspiegele: "Wir sehen steigenden Bedarf für diese Fahrzeugkombination und haben uns deshalb frühzeitig entschieden, die Neukonstruktion auf Mega- und Superleichtbauweise umzusetzen." Ein überzeugter Zweiachs- und Dinkel-Kunde ist beispielsweise Roland Rüdinger, Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition: "Wir setzen bisher auch viele Minijumbo ein." Die Leichtbausattel bieten auch für schwerere Frachten genug Nutzlastreserven und Stabilität, sofern sie nicht permanent am Gewichtslimit oder darüber genutzt werden. Hauptargument für Rüdinger ist jedoch, dass das geringere Eigengewicht "in allen Ladezuständen Beschleunigungs- und Bremsenergie spart". Entsprechend plant er eine weitere Anschaffung von Zweiachssatteln. Etwas verhaltener äußert sich Kögel-Pressesprecher Patrick Wanner: "Im Vergleich zum Vorjahr verspüren wir eine nur leicht gestiegene Nachfrage nach Zweiachs-Aufliegern. Die Kunden fragen zwar vermehrt an, entscheiden sich dann aber meist für die flexibler einsetzbaren Dreiachssattel." Was nicht für Playmobil gilt: Die Franken haben bereits mehrere Zweiachser in Burtenbach bestellt und stellen damit klar: Die Zeit, als Zweiachser als "Spielzeugtrailer" gesehen wurden, sind vorbei. Mehr im Dossier Lkw-Anhänger und -aufbauten www.verkehrsrundschau.de/dossiers