Kein klarer Trend

Die Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr waren selten so gut wie heute. Die Politik hat 2017 einen umfangreichen Masterplan Schienengüterverkehr verabschiedet. Und im Juli haben sich die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium darauf geeinigt, die Investitionen in das Schienennetz deutlich anzuheben. Die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sieht vor, dass in den kommenden zehn Jahren jährlich 6,2 Milliarden Euro in Gleise, Brücken und Stellwerke fließen - laut dem Bundesverkehrsministerium 59 Prozent mehr im Vergleich zur bisherigen Vereinbarung. Einzelwagenverkehr rückläufig Gelder, die auch dem KV zugutekommen. Der kann sich schon heute nicht über fehlende Vorschusslorbeeren beklagen. Während der Ganzzugverkehr und vor allem auch der Einzelwagenverkehr schwächeln, wird dem KV als drittem Bereich im Schienengüterverkehr eine gute Zukunft vorhergesagt. "Der KV ist bei der Bahn das Wachstumssegment", sagt Maria Leenen, geschäftsführende Gesellschafterin des Beratungsunternehmens SCI Verkehr. SCI hat für den KV zwischen 2017 und 2030 ein jährliches Wachstum von 2,2 Prozent vorhergesagt. Noch optimistischer fallen die Daten der aktuellen Mittelfristprognose von Februar 2019 aus, die das Bundesverkehrsministerium erstellen lässt. Demnach soll die Güterverkehrsleistung im KV in diesem Jahr um satte 6,4 Prozent in die Höhe schnellen. Für die Jahre 2020 bis 2022 sagen die Experten eine Steigerung von 4,6 Prozent jährlich voraus. Zum Vergleich: Der gesamte Schienengüterverkehr soll nur um 3,5 Prozent (2019) beziehungsweise 2,5 Prozent (2020 bis 2022) zulegen. Und auch der Straßengüterverkehr kann diesem Tempo nicht folgen: 2019 soll die Verkehrsleistung um 2,4 Prozent ansteigen, die drei Jahre danach um jährlich 2,6 Prozent. Als Gründe für das Wachstum nennt Leenen die zunehmende Containerisierung. Womöglich tragen dazu auch die Hürden bei, die die Politik dem Straßengüterverkehr in den Weg stellt - siehe die Fahrverbote auf der Brennerroute (Seite 28 in diesem Heft). In Kombination mit dem Fahrerengpass befassen sich immer mehr Unternehmen aus der Verladerschaft und auch Spediteure mit dem Gedanken, sich schon jetzt Kapazitäten auf anderen Verkehrsträgern zu sichern. 2018: Längst nicht bei allen ein gutes Jahr Das hört sich alles danach an, als ob die KV-Branche vor einem Boom steht und sich vor Aufträgen nicht mehr retten kann. Doch dem ist nicht so, wie die Umfrage der VerkehrsRundschau unter den Kombioperateuren zeigt (siehe Seite 24 bis 26). Selbst die Zahlen für das konjunkturell starke Jahr 2018 fallen nicht bei allen gut aus. Der nach eigenen Angaben größte Operateur Europas - Kombiverkehr - musste beispielsweise einen Verlust bei den Sendungszahlen in Höhe von 2,1 Prozent hinnehmen - und steht damit nicht alleine da. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein ganz entscheidender ist die mangelnde Qualität im Schienengüterverkehr. Die Pünktlichkeit der Züge lässt nach wie vor zu wünschen übrig. So führt Kombiverkehr den Rückgang an Sendungen 2018 im nationalen Verkehr um 200.000 Einheiten auf "die erneut unbefriedigende Leistungsqualität von DB Cargo" zurück. Hier sei eine Pünktlichkeitsquote von weniger als 70 Prozent erreicht worden. Bei den Bahnen liegt laut Robert Breuhahn, Geschäftsführer von Kombiverkehr, ein weiteres Problem, das das Wachstum einbremst: "Es fehlt an Loks und Lokführern und bei den Terminals an Umschlagkapazität", lautete seine alles andere als euphorische Feststellung anlässlich der Veröffentlichung der Jahreszahlen 2018. Deshalb hätte Kombiverkehr im letzten Jahr auch nachfragestarke Zeiten nicht in zusätzliche KV-Sendungen ummünzen können. "Wir wären gerne weitere Züge gefahren. Doch die Bahnen konnten die Nachfrage nicht bedienen", so der Kombiverkehrs-Chef. Leenen stellt fest, dass es vom Grundsatz her in der Wirtschaft eine durchaus große Bereitschaft gibt, die Schiene zu nutzen. "Aber es braucht Bahnen, die in der Lage sind, eine Leistung abzuliefern, die den Ansprüchen der Verlader genügt. Da gibt es Defizite, da müssen die Bahnen massiv dran arbeiten", sagt die Bahn-Expertin. Die Umfrage der VerkehrsRundschau auf den folgenden Seiten bietet aber nicht nur Zahlen der KV-Operateure aus dem letzten Jahr, die zum Teil bislang noch nicht veröffentlicht wurden. Spannend ist die Übersicht auch deshalb, weil ein Teil der KV-Operateure auch eine Prognose für das laufende Jahr gibt. Manche Operateure wie beispielsweise von der Hupac-Gruppe oder von der Rail-Cargo-Austria-Gruppe schätzen die Lage durchaus positiv ein. Aber es gibt auch zurückhaltende Aussagen wie die von Eurogate Intermodal oder Cargo Net. Das ist sicher den auch im Jahr 2019 nur bedingt besseren Leistungen der Bahnen zuzuschreiben, weshalb man beispielsweise bei Kombiverkehr "bestenfalls mit einer Stagnation" rechnet, sagt Geschäftsführer Breuhahn. Aber auch die schwächelnde Konjunktur macht sich bemerkbar. Man darf gespannt sein, ob die Vorschusslorbeeren für den KV im Laufe des Jahres nicht doch einen leicht welken Anstrich bekommen. Die digitale Marktübersicht finden Sie auf VR-plus verkehrsrundschau.de/plus/marktuebersicht In Kürze Wer hat im letzten Jahr wie viel transportiert im Kombinierten Verkehr? Eine Antwort auf diese Frage findet sich ausschließlich in der Verkehrs-Rundschau (VR). Die Daten sind das Ergebnis einer VR-Exklusiv-Umfrage. Ebenfalls einmalig: die Prognosen der Operateure für das laufende Jahr, wobei nicht alle eine Vorhersage wagen. UIRR: Immer mehr Semi-Trailer auf der Bahn Einen Aufwärtstrend verzeichnet die UIRR, die Internationale Vereinigung für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße. Der Verband, in dem neben Kombi-Operateuren auch Bahnen und Terminalbetreiber Mitglied sind, verzeichnete 2018 ein Plus bei den Sendungen um 4,97 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 4,288 Millionen (entsprechen 8,577 Millionen TEU). Allerdings ist die Verkehrsleistung in diesem Zeitraum nur minimal um 0,78 Prozent gestiegen. Ein Indiz dafür, dass sich der KV über kürzere Strecken immer häufiger lohnt. Am stärksten gewachsen ist das Segment Semi-Trailer mit einer Zunahme von 10,4 Prozent. Ein Plus gab es auch beim Container-Transport (5,41 Prozent), während sich das Aufkommen auf der Rollenden Landstraße um 7,37 Prozent verringerte. cd

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