Die EU plant, mit den USA Verhandlungen über eine Freihandelszone aufzunehmen. FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagt im VerkehrsRundschau-Interview, warum er die Freihandelszone für wichtig hält, ob deutsche Standards abgesenkt werden und wie hoch die wirtschaftlichen Effekte sein könnten.
Herr Rösler, warum wollen Sie ein möglichst weitreichendes Freihandelsabkommen?
Philipp Rösler: Eine Handels- und Investitionspartnerschaft eröffnet den Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantiks enorme Chancen. Wissenschaftliche Studien zeigen uns: Die positiven Wachstums- und Beschäftigungseffekte einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft fallen für alle Beteiligten umso stärker aus, je umfassender Zölle und technische Handelshemmnisse abgebaut werden. Deshalb sollten wir ein möglichst umfassendes Abkommen mit den USA anstreben. Zwar sind die Zölle schon jetzt auf einem sehr niedrigen Niveau. Bei den technischen Handelshemmnissen gibt es jedoch erhebliches Liberalisierungspotenzial. Vor allem hier wollen wir ansetzen.
Was erwidern Sie Skeptikern wie etwa Frankreich oder den Umweltverbänden?
Wir wollen eine breite Zustimmung für ein umfassendes Partnerschaftsabkommen erreichen. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass wir die Einwände von unterschiedlichster Seite ernst nehmen. Von einer weiteren Marktöffnung würden auch Frankreich und südeuropäische Länder wie Spanien, Italien und Griechenland profitieren. Sie haben im vergangenen Jahr Handelsbilanzüberschüsse gegenüber den USA erwirtschaftet, nicht zuletzt im Agrarbereich.
Werden die hohen Standards Deutschlands auf amerikanisches Niveau abgesenkt?
Ein klares Nein. Natürlich werden wir die deutschen und europäischen Schutzstandards nicht zulasten der Verbraucher senken. Wir sollten uns aber auch nicht einreden, dass Deutschland und die EU immer die höchsten oder besten Standards haben.
Ist nicht vielmehr eine verstärkte Zusammenarbeit mit China und Indien angesagt?
Die aufstrebenden asiatischen Schwellenländer sind sehr wichtige Märkte für deutsche Unternehmen. Aber auch die USA sind für uns von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung. Sie sind nach wie vor Deutschlands wichtigster Handelspartner außerhalb Europas. Ein transatlantischer Marktplatz schließt eine engere Zusammenarbeit mit den anderen Weltregionen keineswegs aus. Eine intensivere transatlantische Verbindung könnte Drittländer dazu bewegen, ihre Märkte gegenüber den USA und der EU zu öffnen. Durch neue Initiativen könnten auch die multilateralen Verhandlungen im Rahmen der WTO neue Impulse erhalten.
Kann man die wirtschaftlichen Effekte eines Freihandelsabkommens beziffern?
Eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft würde das Wachstum der Volkswirtschaften stärken und neue Arbeitsplätze schaffen. Der EU-US-Handel kann infolge eines umfassenden Abkommens langfristig um bis zu 80 Prozent zunehmen, das Realeinkommen in Deutschland um bis zu 4,7 Prozent steigen. In der EU sind bis zu 400.000 neue Arbeitsplätze zu erwarten. Von einer umfassenden Handelsliberalisierung würde vor allem auch der leistungsfähige deutsche Mittelstand profitieren. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Ifo-Instituts. Auch andere Studien sprechen eine klare Sprache. Ein Partnerschaftsabkommen mit den USA bringt uns wirtschaftlich voran. (tr)
Interview: Tobias Rauser, Chef vom Dienst