Interview der Woche

Interview der Woche Warum geht die Logistik auf Reisen? Was brachte Sie darauf, eine einwöchige Logistikreise durch drei Länder zu planen? Wir möchten moderne Logistikzentren namhafter Versandhändler besuchen, damit sich die Logistik-Verantwortlichen austauschen können. Wir wechseln die Studienreise Logistik jährlich mit der E-Commerce-Reise ab. In diesem Rahmen sind wir bereits in den USA, China, Japan, Großbritannien und Frankreich gewesen. Diesmal wollten wir eine Tour durch Deutschland beziehungsweise in ausländische Standorte machen, an denen etwas für Deutschland gemacht wird. Hier ist momentan viel im Gange, was neue Logistiktrends betrifft. Das möchten wir uns ansehen. Wie setzen sich die rund 30 Teilnehmer ihrer Reisegruppe zusammen? Zwei Drittel sind Händler, es kommen viele Geschäftsführer und Bereichsleiter mit. Ein Drittel sind Teilnehmer von Dienstleistungsunternehmen aus der Distanzhandelsbranche. Eingebunden in die Reise ist ein Logistiktag beim Fraunhofer-Institut in Dortmund. Was haben Sie da vor? Dabei handelt es sich um eine Konferenzveranstaltung mit Beiträgen zu Gefahrgutlogistik, Nachhaltigkeit und die Besichtigung des Fraunhofer-IML mit seinen Forschungsanlagen und Entwicklungen, die in naher Zukunft auch zum praktischen Einsatz kommen werden. Wir führen diese Veranstaltung bereits zum vierten Mal durch, mit stetig wachsendem Erfolg. Sie haben kürzlich eine große Verbraucherstudie vorgestellt. Welches war die wichtigste Erkenntnis für Logistikdienstleister? Es gibt in der Tat eine sehr interessante Aussage der Konsumenten: Weit über drei Viertel stufen die Belieferungsgeschwindigkeit als sehr gut ein. Das wirft natürlich schon einen Schatten auf die Same-Day-Delivery-Thematik. Man muss sich aufgrund des Ergebnisses fragen, ob es wirklich notwendig ist, noch schneller zu werden oder ob man nicht lieber die Qualität der Lieferung verbessern sollte. Sind die Verbraucher mit der Qualität weniger zufrieden? Nein, die Verbraucher sind auch mit der Zustellqualität durchaus zufrieden. Nur müssen wir sehen, in welchem Marktumfeld sich die interaktiven Händler bewegen. Der Einzelhandel an sich wächst kaum – zirka zwei Prozent jährlich. Der Distanzhandel ist aber, aufgrund überwiegend geringer Margen, auf ein größeres Wachstum angewiesen. Das kann er nur dem stationären Handel abnehmen, da ein Wachstum aufgrund zusätzlicher Nachfrage beim Endkunden auch in nächster Zeit kaum zu erwarten ist. Das kann der interaktive Handel nur durch Qualitätsverbesserung leisten. Sie haben 2014/15 als Jahr der Convenience Logistik im interaktiven Handel ausgerufen. Was bedeutet das? Meiner Meinung nach sind die Hebel, welche in der Darstellung und Präsentation der Ware zu bewegen sind, immer kleiner geworden. Um einen signifikanten Effekt auf den Absatz zu erzielen, muss immer mehr Aufwand beim Händler betrieben werden. Einen besonders großen, bisher aber kaum genutzten Hebel stellt jedoch die Endkundenlogistik dar. Da haben sich bisher kaum individuelle Produkte durchgesetzt, welche dem Kunden das Bestellen im Distanzhandel leichter machen. Hier ist die Zeit reif, um mit neuen, innovativen Produkten neues Wachstum zu generieren. ❙❚■ Birgit Bauer Zustellstrategien vor Ort erleben Der Bundesverband des Deutschen Versandhandels (BVH) führt im Mai eine Logistikreise durch Deutschland, Tschechien und die Niederlande durch, um Logistikzentren zu besuchen und sich über Entwicklungen bei den Zustellstrategien zu informieren. 2014/15 hat der BVH als Jahr der Convenience-Logistik im interaktiven Handel ausgerufen. Die Frage, wie Händler dem gerecht werden können, soll vor Ort während der Reise beantwortet werden.