Interview der Woche

Karlheinz Schmidt geboren am 6. Januar 1952 in Königstein/Taunus. Der promovierte Betriebswirt ist Haupt-geschäftsführer im Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und Honorarprofessor an der Fachhochschule Heilbronn. Nachgefragt bei Interview der Woche Droht eine neue Krise? Die Prognosen für die deutsche Wirtschaft verschlechtern sich zunehmend. Droht auch den Transportunternehmen eine neue Krise? Karlheinz Schmidt: Wir haben ein echtes Sommerloch hinter uns. Von unseren Unternehmen wurden uns Einbrüche von bis zu 20 Prozent gegenüber den Vormonaten gemeldet. Aber wir sind dennoch zuversichtlich, dass die sich verschlechternden Prognosen den Straßentransportsektor nicht so stark treffen. Wieso nicht? Zu den wesentlichen Stützen des Wirtschaftswachstums in den ersten beiden Quartalen 2011 zählten die beiden Sektoren Finanzwirtschaft und öffentliche Dienstleister. Diese beiden Bereiche haben dafür gesorgt, dass nominal das Bruttoinlandsprodukt der Vorkrisenzeit erreicht wurde. Die Produktion hingegen hinkt noch deutlich diesem Niveau hinterher. Wenn jetzt die Prognosen zurückgenommen werden, dann im Wesentlichen deshalb, weil der Finanzsektor ins Schlingern gerät. Also kein Abschwung in Sicht? Ich könnte mir vorstellen, dass die Volkswirtschaft in Deutschland in den beiden letzten Quartalen nicht mehr wächst, weil die Abschreibungen in der Finanzwirtschaft statistische Zugewinne in der gewerblichen Wirtschaft, Handwerk und dem Handel „auffressen“. Entscheidend ist aber für die Transportkonjunktur, was in transportrelevanten Wirtschaftsbereichen passiert. Die Insolvenzen sind im ersten Halbjahr 2011 rückläufig gewesen. Ist das ein Indiz dafür, dass die Preise gestiegen sind? Die Erträge sind nicht deshalb besser ausgefallen, weil die Preise spürbar gestiegen sind, sondern weil die Auslastung besser geworden ist. Wir konnten mit den vorhandenen Kapazitäten mehr Umsatz machen. Profitieren konnten von der guten Konjunktur nur die Spotmärkte. Dort werden aber nur die Spitzen der Nachfrage gedeckt. Das Gros des Geschäfts, etwa 90 Prozent, muss hingegen mit sehr mageren Preiserhöhungen aus den letztjährigen Abschlüssen das Jahr überbrücken. Und die schlechten Prognosen werden von den Verladern schon wieder genutzt, gegenüber den Dienstleistern auf Sparzwänge hinzuweisen und mit Ausschreibungen zu drohen. Werden die Insolvenzen wieder zunehmen? Davon gehen wir aus, weil einige Unternehmen Substanz verloren haben und sich in einer Liquiditätsklemme befinden. Was raten Sie Unternehmen, die dringend Ersatzinvestitionen tätigen müssten? Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. In der heutigen Zeit ist es wichtig, liquide zu bleiben. Wer jetzt über Leasing oder Finanzierung seinen Fuhrpark erneuert, bekommt womöglich ein Liquiditätsproblem. Wer hingegen für wenige Tausend Euro seinen relativ alten LKW fit halten kann, hat zwar höhere Betriebskosten, aber dafür einen größeren Liquiditätsspielraum und viel Flexibilität. Wie wird dann 2011 und 2012 im Transportgewerbe? Aus diesem Jahr werden wir mit einem kleineren Wachstum als vorhergesagt herausgehen. Für 2012 rechne ich mit einem Nullwachstum beim Aufkommen. Das wäre schon ein gutes Ergebnis. ❙❚■ Michael Cordes Gespenst oder Wirklichkeit? Abstürzende Kurse an den Aktienmärkten, hohe Staatsverschuldung, nicht nur in Griechenland, die ungewisse Zukunft des Euros: Die schlechten Nachrichten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung häufen sich. Vielfach ist schon von einer neuen Wirtschaftskrise die Rede. Reine Panikmache? Oder frühzeitige Warnzeichen, um Schlimmeres zu verhindern? Eine Antwort zu geben fällt genauso schwer wie die Folgen abzuschätzen, die die Abkühlung auf das Transportgewerbe hat. cd um was es geht