Hülle größer, Motor kleiner

Zwei Liter Hubraum sind für Transporter die unterste Schmerzgrenze! Das zumindest verkündeten Motorenentwickler verschiedener Hersteller vor noch nicht allzu langer Zeit. Diese Regel wurde nun aber gebrochen, genau gesagt um 0,4 Liter. Denn mit der Neuauflage des Vivaro, den Opel weiterhin vom Renault Trafic adaptiert (VR 16/2014), verbannten die Ingenieure den bisherigen 2,0-l-Selbstzünder aus dem Motorraum. An seine Stelle rückt mit dem nur 1,6 Liter großen Common-Rail-Diesel eben die bisher "kleinste" Antriebsquelle des Segmentes. Weniger Bauraum, 25 Kilo Gewichtsersparnis, vor allem aber ein angeblicher Verbrauchsvorteil von bis zu einem Liter Diesel pro 100 Kilometer im Vergleich zum Vorgänger, erklären die Gründe für den Hubraumverzicht. Mit Single- oder Doppel-Turbo Vier Leistungseinstellungen stehen zur Wahl, wobei die beiden stärkeren mit 120 oder 140 PS von einem Bi-Turbo beatmet werden. Vor allem für diese verspricht Opel eine bislang nicht gekannte Laufruhe. Was sich während der ersten Testfahrten bestätigte: Renault-typisch gibt sich der Vierzylinder geschmeidig und kultiviert, lässt allerdings etwas die hohe Elastitizät des Vorgänger-Motors vermissen. Das gilt vor allem für die 120-PS-Version, die ihre 320 Newtonmeter Drehmoment bei 1500 Touren freisetzt. Unterhalb dieser Marke tut sich dagegen selbst bei leerem Frachtabteil wenig bis nichts. Was ein Herausbeschleunigen unmöglich macht, ohne zum jetzt knackiger schaltbaren Sechsgang-Getriebe greifen zu müssen. Souveräner meistert der um 20 PS stärkere, aber auch 850 Euro teurere Bi-Turbo-Bruder solche Situationen. Was übrigens nicht nur am um 20 Newtonmeter höheren Drehmoment liegt. Zusätzlich verfügt die Topmotorisierung über einen kürzer übersetzten sechsten Gang. Bei 120 km/h liegen knapp 2300 Touren an. Die konsequenter auf Sparsamkeit getrimmte 120-PS-Einstellung dreht bei gleichem Tempo 250 Umdrehungen niedriger. Lohn für die daraus resultierende häufigere Schaltarbeit sollen 5,9 l/100 km Verbrauch sein. 0,2 l/100 km weniger, als Opel für den Topmotor angibt. Während der ersten, gemischten Testfahrten verharrte der Bordcomputer allerdings in beiden Fällen bei 6,7 l/100 km ... Weitere zehn Prozent sollen sich durch den Druck auf die serienmäßige Eco-Taste links neben dem Schalthebel sparen lassen. Dadurch werden Motorleistung und Drehmoment reduziert, was aber träge Fahrleistungen zur Folge hat. Singleturbo mit höherem Verbrauch Unbedingt hinzuordern sollte man dagegen das Ecoflex-Paket für 300 Euro, das per Motor-Start-Stopp und Bremsenergie-Rückgewinnung Diesel sparen hilft. Letzteres steht für die 115-PS-Version mit variablem Singleturbo übrigens nicht zur Disposition. Dafür kostet er 500 Euro weniger als der lediglich fünf PS stärkere Bi-Turbo. Die sollte der von Opel angegebene um 0,6 l/100 km höhere Verbrauch des Singleturbo-Motors allerdings schnell aufzehren ... Der niedrige Verbrauch gepaart mit im Verhältnis günstigen Anschaffungspreisen, dem 40.000-km-Service-Intervall sowie versprochenen günstigen Wartungskosten sollen laut Opel für die niedrigsten Unterhaltskosten im Segment sorgen. Fahrwerksseitig präsentiert sich der Vivaro weiterhin eher weich abgestimmt. Das sorgt zwar auch bei Leerfahrten für hohen Fahrkomfort, allerdings neigt sich der Opel in scharfen Kurven stark zur Seite und quittiert Lastwechsel mit teils heftigem Schwanzwedeln. Beruhigend, dass ESP ab sofort serienmäßig mitfährt. Auch den Innenraum nahmen sich die Entwickler vor. Der neue Armaturenträger wirkt mehr aus einem Guss als die zerklüftete Schalttafel des Vorgängers und bietet viele praktische Ablagen mit insgesamt 24 Litern Stauvolumen in unmittelbarer Reichweite des Fahrers. Ansonsten übernahm der Vivaro einige Schalter und Knöpfe aus dem größeren Movano respektive Renault Master. Vom dem stammen auch die eher billig anmutenden Materialien, das klebrige Kunststofflenkrad und die weichen Sitze, die mehr Seitenhalt bieten dürften. Anders als beim großen Bruder scheint man dagegen die Verarbeitung im britischen Luton, wo alle Vivaro-Baumuster montiert werden, deutlich besser im Griff zu haben. Auch auf schlechten Straßen ließ sich dem Armaturenträger oder der serienmäßigen Trennwand kein Knistern oder Knarzen entlocken. Gute Voraussetzungen, um das ehrgeizige Opel-Ziel zu erreichen, den Nutzfahrzeug-Absatz in Europa bis 2022 um 80 Prozent zu steigern. Trotz oder gerade wegen des kleinvolumigsten Antriebs im Segment. Alle Tests und Fahrberichte seit dem Jahr 2008 für Premium-Abonnenten unter www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Technische Daten MotorenVierzyl.-Reihen-Dieselmotor, Common-Rail, Single-Turbo (90, 115 PS), Bi-Turbo (120, 140 PS), vier Ventile pro Zylinder, Euro 5, Steuerkette, Hubraum: 1598 cm3 , Serviceintervall: 40.000 kmDCI/CDTI 90: Leistung: 90 PS (66 kW) bei 3500/ min., max. Drehm.: 260 Nm bei 1500/minDCI/CDTI 115: Leistung: 115 PS (85 kW) bei 3500/min., max. Drehm.: 300 Nm bei 1750/minDCI/CDTI 120: Leistung: 120 PS (88 kW) bei 3500/min., max. Drehm.: 320 Nm bei 1500/minDCI/CDTI 140: Leistung: 140 PS ( kW) bei 3500/ min., max. Drehm.: 340 Nm bei 1500/minKraftübertragungman. Sechsgang-Schaltgetriebe, FrontantriebPreise (netto)Vivaro Kastenwagen 2,7 t, L1H1: ab 23.590,-Vivaro Kombi 2,7 t, L1H1: ab 25.485,- Neue Diesel-Motoren für den Opel Movano Auch im Movano hielt der Doppel-Turbo Einzug Gönnte Renault bei der Umstellung auf die erneuerten Motoren seinem Master zusätzlich noch ein kleines optisches Facelift, sind die "neuen" Movano-Modelle nicht von ihren Vorgängern zu unterscheiden. Dafür kann der Kunde nun aus fünf Motoren auswählen, die allesamt auf dem bisherigen 2,3-l-Vierzylinder basieren und vom Partner Renault entwickelt wurden. Die Einstiegsversion erstarkte um zehn auf jetzt 110 Pferdestärken, die bisherige 125-PS-Version blieb dagegen unverändert im Programm. Wer lieber schalten lässt, kann auch zum automatisierten Sechsganggetriebe "Easytronic" greifen, für das die Einstellung mit 150 PS reserviert ist. Besonders stolz ist man allerdings auf die beiden neuen Bi-Turbo-Versionen, die im Vergleich zum 146 PS starken Vorgänger satte 1,5 l/100 km sparsamer sein sollen. Wozu unter anderem auch die beim Bi-Turbo serienmäßige Motor-Start-Stopp-Anlage beiträgt. 163 PS leistet die Topeinstellung, was den Movano wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz bringt. Vielen Transporteuren wird allerdings der schwächere Bi-Turbo mit 136 PS genügen.340 Newtonmeter Drehmoment, vor allem aber die gewohnt hohe Elastizität des 2,3-l-Common-Rail-Diesels, ermöglichen auch beladen schaltfaules Fahren. Gleiches gilt für die 27 PS stärkere Topeinstellung, die mit ihren 360 Newtonmetern naturgemäß nochmals souveräner zu Werke geht. Sogar aus dem Drehzahlkeller von 1000/min retten sich beide Aggregate ohne Murren. Auch wenn der Armaturenträger dann von starken Vibrationen erschüttert wird, was man bereits vom Vorgänger kannte. Ebenfalls vom Vorgänger "übernahm" man die eher lässige Verarbeitung und die wenig ansehnlichen und teilweise klebrig anfühlenden Kunststoffe. Irgendwo im Armaturenträger knistert es immer und die Trennwand meldet sich weiterhin bei nahezu jeder Bodenwelle mit blechernem Poltern. Darüber hinaus blieb eine weitere Movano-Schwäche erhalten: Wer das immerhin 720 Euro teure Tom-Tom-Navi bestellt, ärgert sich weiterhin über die fummelige und in Zeiten des Touchscreens nicht mehr zeitgemäße Fernbedienung, die sich immer wieder aufs Neue zunächst mehrere Sekunden mit dem Navi verbinden muss. Lobenswert dagegen: Das bisher nur bei den Hecktrieblern serienmäßige ESP ist jetzt bei allem Movanos werksseitig an Bord. Darüber hinaus ist die längste L4-Version ab sofort wahlweise auch mit einzelbereifter Hinterachse zu haben, was im Vergleich zur bisher obligatorischen Zwillingsbereifung 30 Zentimeter zwischen den Radkästen und sicher auch weniger Gewicht bringt. bj

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