Die Familie ist komplett

Wie sich die Zeiten doch ändern: Wusste in der Vergangenheit bei der Aussage "ich fahre einen Ford Transit" (fast) jeder, welche Fahrzeugklasse gemeint ist, muss man heute genauer nachfragen. Schließlich hören mittlerweile alle Nutzfahrzeuge aus dem Hause Ford auf den Namen "Transit". Und nun kommt sogar noch ein weiteres in Gestalt des Transit Courier hinzu. Mit dem wagt sich Ford, wie einst bei der "Rucksack-Version des Ford Fiesta" (1991 bis 2002), wieder in die Klasse der Kompakt-Transporter vor. Und der auf der Fiesta-Plattform aufbauende Courier soll kräftig im Revier von Fiat Fiorino, Peugeot Bipper, Citroën Nemo oder auch Renault Kangoo Compact wildern. Wobei zunächst auffällt: So klein ist der Kleine gar nicht. Zumindest außen: Mit 4,15 Metern Länge und knapp zwei Metern Breite (ohne Spiegel) dehnt der Ford die klassenüblichen Maße weit nach oben. Zum Vergleich: Ein Fiat Fiorino baut satte 293 Millimeter kürzer und 26 Zentimeter schmaler. Und bietet mit 2,5 Kubik trotzdem mehr Frachtvolumen als der Ford. In den passen lediglich 2,3 Kubik, die sich mittels variabler Gittertrennwand und klappbarem Beifahrersitz (im Paket 325 Euro) auf 2,6 Kubik oder maximal 2593 Millimeter Ladelänge strecken lassen. Vor allem mit der passiven Sicherheit und insbesondere den strengeren Fußgängerschutz-Regeln begründen die Ford-Verantwortlichen das schlechte Verhältnis zwischen Außen- und Innengröße. Dafür soll der Courier problemlos fünf Sterne im Euro-NCAP-Crashtest schaffen ... Zusätzlich sorgt das Plus an Größe dafür, dass sich der Courier deutlich "erwachsener" anfühlt als die Konkurrenten. Beim straff abgestimmten Fahrwerk gelang den Ford-Ingenieuren einmal mehr ein nahezu perfekter Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort. "Agressive" Lastwechsel bringen den Courier auch beladen nicht aus der Ruhe, wozu sicher auch die steife Karosseriestruktur beiträgt. ESP fährt trotzdem immer serienmäßig mit. Auch innen setzt der Ford neue Maßstäbe. Solide Sitze mit ordentlicher Polsterung und Seitenhalt sind in dieser Klasse bislang nicht selbstverständlich. Ebenfalls nicht, dass auch große Fahrerstaturen - zumindest in Kombination mit der Sitzhöhenverstellung (125 Euro) - problemlos eine bequeme Sitzposition hinter dem Lenkrad finden. Den Armaturenträger übernahm man weitgehend vom Fiesta und damit leider auch die ford-typische zerklüftete und wenig übersichtliche Anordnung der Schalter und Knöpfe, insbesondere auf der Mittelkonsole. Dafür gefallen Verarbeitung und Materialauswahl, obwohl auch Ford - wie klassenüblich - ausschließlich billiges Hartplastik für die Gestaltung des Innenraums verwendet. Antriebsseitig beschränken die Kölner das Angebot auf drei Motoren. Für geringe Kilometer-Leistungen empfiehlt sich der 1,0 Liter kleine Dreizylinder-Benziner mit 100 PS. Trotz seines "fehlenden" Zylinders arbeitet der Turbomotor erstaunlich vibrationsarm und kultiviert und setzt seine 170 Newtonmeter bereits ab 1400/min in Szene. In Kombination mit Motor-Start-Stopp (250 Euro) sollen laut Ford Verbräuche von 5,2 Litern pro 100 Kilometer möglich sein. Während der ersten Testfahrten mit 280 Kilogramm Ballast im Frachtraum verharrte der Bordcomputer allerdings bei 6,7 l/100 km. Nicht nur deswegen greifen Vielfahrer besser weiterhin zum Selbstzünder und dann wohl auch gleich zur stärkeren Variante mit 95 Pferdestärken. Die 215 Newtonmeter des ausreichend kultivierten 1,6-l-TDCI genügen in allen Lebenslagen und sollen mit 3,8 l/100 km Diesel auskommen, die allerdings noch zu beweisen wären. Ebenso wie Fords Nutzlastversprechen von knapp 600 Kilo. 2500 Einheiten des ab sofort bestellbaren Courier will Ford noch in diesem Jahr europaweit verkaufen. Das wären dann weitere 2500 Transit-Fahrer mehr. Alle Tests und Fahrberichte seit dem Jahr 2008 für Premium-Abonnenten unter www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank