Hamburg Süd und Hapag-Lloyd

Hamburg Süd und Hapag-Lloyd Fusionsvorhaben mit Fragezeichen Die beiden größten deutschen Reedereien Hamburg Süd und Hapag-Lloyd führen Gespräche über die Zusammenlegung ihrer Geschäfte. Trotz offensichtlicher Vorteile sind aber noch einige Hürden zu überwinden. Da bahnt sich im Reederei-Markt eine Mega-Fusion an: Die beiden größten deutschen Reedereien verhandeln über einen Zusammenschluss. Laut einer gemeinsamen Mitteilung prüfen Hapag-Lloyd und die Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft (Hamburg Süd) im Einvernehmen mit ihren Gesellschaftern, ob und unter welchen Bedingungen ein Zusammenschluss sinnvoll ist. Aufstieg zur Nummer vier weltweit Gemeinsam würden die beiden über eine Flotte von mehr als 250 Containerschiffen mit einer Kapazität von deutlich mehr als einer Million Twenty Foot Equivalent Unit (TEU) verfügen (siehe Kasten Seite 19). Marktbeobachtern zufolge entstünde im Falle einer Einigung die viertgrößte Linienreederei der Welt, hinter Maersk aus Kopenhagen, MSC aus Genf und CMA CGM aus Marseille. Hapag-Lloyd belegt gemessen an der Frachtkapazität in TEU derzeit Platz sechs, die Hamburg Süd Gruppe Rang zwölf. „Der gesamte Containermarkt ist weiter in einer angespannten Situation“, sagt Thomas Wybierek, Shipping Analyst der Nord/LB aus Hannover und verweist auf die Überkapazitäten und die anhaltend niedrigen Fracht- und Charterraten. Frühestens für Ende 2014 erwartet die Bank eine Umkehr – sofern die Weltkonjunktur mitspiele. Selbst in der Rezession sei Größe jedoch „eher von Vorteil“, so der Schifffahrtsexperte. Kapitalstarken Unternehmen böten sich insbesondere im Einkauf Chancen. „Heute können sie relativ junge Schiffe zu einem Bruchteil des Neupreises bekommen“, sagt Wybierek, „und auch bei Neubauaufträgen sollte der Spielraum der Marktführer nicht unterschätzt werden“. Die Verhandlungsposition gegenüber Charterreedern und Kunden verbessere sich ebenfalls. Zudem könnten breit aufgestellte Reedereien dem Preisdruck auf wettbewerbsintensiven Routen besser standhalten. Vor diesem Hintergrund würden sich Hapag-Lloyd und Hamburg Süd mit ihren Schwerpunkten im Ost-West- beziehungsweise Nord-Süd-Verkehr gut ergänzen. Seiner Einschätzung zufolge würde sich eine Fusion aber auch betriebswirtschaftlich auszahlen: „Hapag-Lloyd hat in seinem Neunmonatsbericht 2012 eine Nettoverschuldung von 1,766 Milliarden Euro ausgewiesen. Ein Zusammenschluss mit einer vermutlich geringer oder kaum verschuldeten Hamburg Süd – Oetker veröffentlicht dazu keine Zahlen – würde den finanziellen Spielraum des Unternehmens vergrößern.“ Viele unterschiedliche Interessen Entscheidend für ein Zustandekommen des Zusammenschlusses dürfte sein, welche Rolle die bestehenden Gesellschafter in einem gemeinsamen Unternehmen spielen wollen und wie die Beteiligungsverhältnisse bewertet werden. Hapag-Lloyd ist mehrheitlich im Besitz des Albert Ballin Konsortiums, an dem die Stadt Hamburg, eine Holding des Logistikers Klaus-Michael Kühne, die Versicherungen Signal Iduna und Hanse Merkur sowie die HSH Nordbank und ein Investorenpool des Bankhauses M.M. Warburg Anteile halten. Die Absicht der Stadt Hamburg, mit 36,9 Prozent an Hapag-Lloyd beteiligt, ist eindeutig. Auf Dauer will sich die Stadt von ihren Anteilen trennen. Die eingeleitete Prüfung eines Zusammenschlusses zwischen den beiden Großreedereien wird von der Hansestadt begrüßt. „Der Senat sieht in einer möglichen Fusion eine große Chance für die beiden Reedereien und den maritimen Wirtschaftsstandort“, teilte ein Sprecher der Finanzbehörde auf Anfrage der VerkehrsRundschau mit. Ein Minderheitsanteil von 22 Prozent an Hapag-Lloyd befindet sich noch im Besitz des einstigen Mehrheitsgesellschafters TUI. Der Reisekonzern aus Hannover hat jedoch angekündigt, seinen 2008 begonnenen und 2012 mit dem Verkauf weiterer Anteile an das Albert Ballin Konsortium fortgesetzten Rückzug aus der Containerschifffahrt mittelfristig fortzusetzen – unabhängig vom Ausgang der Gespräche. Der Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne ist mit einem Anteil von rund 28 Prozent größter Privataktionär von Hapag-Lloyd. Anders als seine Partner im Konsortium Albert Ballin hat Kühne öffentlich wiederholt betont, dauerhaft an Hapag-Lloyd beteiligt bleiben zu wollen. Sein erklärtes Ziel: Hapag-Lloyd durch einen Zusammenschluss wieder in die Spitzengruppe der internationalen Reedereien zu bringen. „Hamburg Süd“, sagte Kühne bereits im Juli 2012 gegenüber der Wirtschaftswoche, sei dafür „ein idealer Partner“. Offen ist allerdings, ob die Oetker-Gruppe Kühnes Vision einer gemeinsamen Großreederei teilt. Der Konzern, der sein Geld unter anderem mit Nahrungsmitteln sowie Bier und Spirituosen verdient, hat in den letzten Jahren weiter in seine Schifffahrtssparte investiert. Neben Hamburg Süd gehören die Unternehmen Aliança, Rudolf August Oetker (RAO) und Furness Withy Chartering zum Schifffahrtsbereich in der Oetker-Gruppe. Ob Hapag-Lloyd und Hamburg Süd in Zukunft wirklich gemeinsam am Markt auftreten und welche Akteure die Führung übernehmen, ist noch nicht absehbar. Denn beide Unternehmen wollten zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahmen abgeben. ❙❚■ Johannes Freytag, freier Journalist Künftig gemeinsam unterwegs? Die beiden Reedereien Hamburg Süd und Hapag-Lloyd prüfen, ob eine Fusion sinnvoll ist dapd / Philipp Guelland; Montage: Alexander Wallnöfer Unternehmensvergleich Hapag-Lloyd – Hamburg Süd Gruppe Hapag-Lloyd Hamburg Süd Umsatzerlöse in Mio. Euro 6103 4752 im Vergleich zum Vorjahr - 1,6 Prozent + 6 Prozent Anzahl Liniendienste 84 40 Containerschiffe gesamt 149 107 davon eigene 58 43 Kapazität der Schiffe in TEU 679.000 395.000 Transportmenge in TEU 5.198.000 3.100.000 im Vergleich zum Vorjahr + 5,1 Prozent + 9 Prozent Mitarbeiter 6873 4468 Gesellschafter Albert Ballin Konsortium 77,96 Prozent, TUI AG 20,4 Prozent Oetker-Gruppe Quelle: Jahresberichte für das Geschäftsjahr 2011, eigene Berechnungen