Welche verkehrspolitischen Hauptaufgaben muss Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aus Ihrer Sicht bis zu den nächsten Bundestagswahlen noch anpacken?
Thomas Hailer: Um den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag „Infrastruktur erhalten und weiter ausbauen" zu erfüllen, sind ausreichende Investitionsmittel nötig. Für die Jahre 2012 bis 2016 wurde zwar zusätzlich eine Milliarde Euro im Bundesverkehrshaushalt eingestellt, aber auch damit bleiben unsere Verkehrswege unterfinanziert. Dringend muss auch die ebenfalls im Koalitionsvertrag angekündigte neue Grundkonzeption für den nächsten Bundesverkehrswegeplan erarbeitet werden. Es gilt, eindeutige Prioritäten zu setzen, Projekte mit bundesweiter Relevanz zu stärken und den Länderproporz zu begrenzen. Und letztlich ist die Umsetzung des gut gelungenen „Aktionsplan Güterverkehr und Logistik" in engem Schulterschluss mit dem Verkehrsgewerbe fortzusetzen. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die neue Förderrichtlinie für den Kombinierten Güterverkehr, um die Verkehrsträger durch neue Umschlagsknoten noch effizienter zu vernetzen.
Angesichts der prognostizierten wirtschaftlichen Stagnation im kommenden Jahr: Erwarten Sie Einschnitte für den Verkehrsetat des Bundes?
Der Entwurf des Investitionsrahmenplans zeigt, dass bis 2015 mehr als sechs Milliarden Euro für Aus- und Neubau von Straße, Schiene und Wasserstraße fehlen. Die Reduzierung der Investitionsquote des Bundes seit 1998 von 13 und 8 Prozent hat im Laufe der Jahre auch zu einer deutlichen Verschlechterung des Zustands unserer Verkehrsinfrastruktur in Deutschland geführt: so müssen etwa von den rund 39.000 Autobahnbrücken allein in Nordrhein-Westfalen in den nächsten zehn Jahren 300 Großbrücken saniert werden. Der Bund will deshalb jährlich circa 670 Millionen Euro, statt wie bis zum Jahr 2010 nur rund 300 Millionen Euro, zur Pflege und Sanierung einsetzen. Wir sind zuversichtlich, dass Minister Ramsauer durchsetzungsstark bleibt und der Bund die Verantwortung für seine Verkehrswege durch eine verstetigte hohe Investitionslinie auch in Zeiten der Schuldenbremse wahrnimmt.
Wie sollen die Herausforderungen des zunehmenden Güterverkehrs angesichts der Schuldenbremse gemeistert werden?
Entscheidend ist, dass die vorhandenen Investitionsmittel effizient eingesetzt werden, um den maximalen positiven Effekt auf das Gesamtverkehrsnetz zu erreichen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Überwindung der Kameralistik des Bundeshaushalts durch Festlegung des Budgets für mehrere Jahre. Für die Bestandsnetze ist dies bei der Schiene durch die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung bereits gelungen, ähnliche Sicherheit brauchen wir bei Straße und Wasserstraße. Für den Aus- und Neubau kann eine überjährige Planungssicherheit über zusätzliche Kompetenzen und begrenzter Kreditfähigkeit für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft hergestellt werden. Und schließlich sollte die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft durch mehr Öffentlich-Private-Partnerschaften genutzt werden, um Effizienzen bei Bau, Unterhalt und Betrieb über den gesamten Lebenszyklus der Infrastrukturen zu heben. (sb)