Kiel. Der Kieler Hafen wird 2011 erstmals die Grenze vom sechs Millionen Tonnen Ladung überschreiten. Davon geht Dirk Claus, Geschäftsführer der Seehafen Kiel GmH, aus. Damit werde der Ostseehafen den Erfolgskurs des vergangenen Jahres fortsetzen, sagte Claus am Dienstag bei der Vorlage des Umschlagergebnisses 2010. Mit 5,8 Millionen Tonnen gingen so viele Güter wie niemals zuvor über die Kaikanten des Förde-Hafens. Der Zuwachs gegenüber 2009 falle mit 19,3 Prozent „überdurchschnittlich" hoch aus, ergänzte Claus.
Brand auf der „Lisco Gloria" hinterließ keinen Schaden beim Umschlag
Wachstumslokomotive des Kieler Hafens war auch 2010 der Fährverkehr. Mit 4,2 Millionen Tonnen (plus 31,2 Prozent) tragen die verschiedenen Fährlinien mittlerweile zu 70 Prozent zum Gesamtumschlag bei. Die aufkommensstärkste Verbindung war im Berichtsjahr die Verbindung von Kiel nach dem litauischen Hafen Klaipeda sowie St. Petersburg. Die DFDS-Seaways-Reederei setzt derzeit drei kombinierte Fracht-/Passagierfähren (RoPax-Fähren) ein und bietet damit sieben Abfahrten pro Woche.
Rund zwei Millionen Tonnen Ladung transportierte die Reederei 2010 nach Litauen beziehungsweise Russland – ein neuer Rekord. Das Mengenwachstum nahm auch keinen Schaden durch den Brand auf der RoPax-Fähre „Lisco Gloria", der sich Anfang Oktober 2010 vor der deutsch-dänischen Küste ereignete. Er resultierte in einem Totalverlust des Schiffes. Trotzt der Havarie seien ganze drei Rundreisen ausgefallen, berichtete Jacob Andersen von DFDS Seaways. Er lobte zudem das sehr vorbildliche und umsichtige Rettungsmanagement bei der Havarie, die glücklicherweise keine Menschenleben forderte. Aktuell setzt das Unternehmen ein Charter-Schiff ein, bemüht sich aber intensiv um eine dauerhafte Lösung.
Ostuferhafen soll bis 2015 erweitert werden
Die Baltikum- und Russland-Verkehre werden in Kiel über den Ostuferhafen abgewickelt, der in den 1990er-Jahren, inzwischen erweitert wurde und jetzt noch einmal vergrößert werden soll. In diesem auf dem östlichen Ufer der Kieler Förde gelegenen Hafenteil wurden 2010 mehr als drei Millionen Tonnen Ladung umgeschlagen. „Wir wollen die Betriebsfläche noch einmal aufstocken", sagte Claus.
Derzeit bereitet der Hafen das Planfeststellungsverfahren vor, für das gegenwärtig gut zwei Jahre veranschlagt werden. Claus wünschte sich in dem Zusammenhang eine „generelle Verkürzung" der Dauer von solchen Verfahren in Deutschland. Damit könnte die rund fünf Hektar große Zusatzfläche – es handelt es sich dabei um ein angrenzendes, ehemaliges Gewerbegrundstück – voraussichtlich ab 2015 zur Verfügung stehen. Für die Ro/Ro-Verkehre werden vor allem Vorstauflächen benötigt. Der Ostuferhafen ist optimal an das Schienennetz angeschlossen, verfügt übe einen eigenen Umschlagbereich für den kombinierten Ladungsverkehr (KV) und kann seit 2009 auf einen 140 Tonnen Mobilkran des Herstellers Liebherr zurückgreifen.
Großes Containerpaket ging an Rotterdam verloren
Der Schwerlast-Kran kommt vor allem für Containerverkehre zum Einsatz, wird darüber hinaus auch für Schwergut- und Projektladungs-Umschlagarbeiten eingesetzt. Über Kiel wurden 2010 rund 26.000 TEU umgeschlagen nach 15.000 TEU im Jahr zuvor.
Ein wichtiges Ladungspaket hat der Hafen allerdings wieder verloren. Stahlzuschlagstoffe, die aus Kasachstan im gebrochenen Verkehr über den lettischen Hafen nach Riga per Bahn transportiert, anschließend per Schiff nach Kiel befördert und im Fördehafen wieder auf die Bahn verladen wurden, wanderten inzwischen nach Rotterdam ab. Es geht um rund 10.000 TEU im Jahr.
30 Millionen Euro in den neuen Schwedenkai investiert
Neben den Ostverkehren spielen in Kiel auch weiterhin die Skandinavien-Verkehre nach Norwegen – mit der Color Line - und Südwestschweden – mit Stena Line – eine wichtige Rolle. Die schwedische Reederei gehört dabei zu den ältesten Hafenkunden. Seit Oktober 2010 kann das Unternehmen auf einen neuen Abfertigungsterminal zurückgreifen. Gemeinsam mit dem Land Schleswig-Holstein investierte Kiel rund 30 Millionen Euro in den neuen Schwedenkai. Die Reederei ihrerseits sorgte durch den Einsatz neuer und größerer Tonnage für eine erhebliche Aufwertung der Traditionslinie nach Göteborg.
Hafenchef Claus: „Durch den Einsatz der neuen „Stena Germanica" und der „Stena Freighter" hat sich das Ladungsaufkommen am Schwedenkai seit September 2010 mehr als verdoppelt." Neben den erweiterten Vorstauflächen auf dem Terminal ist es jetzt auch wieder möglich, kombinierte Verkehre Schiff/Schiene über den Schwedenkai abzuwickeln. Auf der alten Anlagen war das nicht mehr möglich. Der KV als Ganzes entwickelte sich 2010 ebenfalls recht erfolgreich. Mit 10.500 Einheiten fällt er doppelt so hoch aus wie 2009.
Neben Stückgütern schlägt Kiel auch weiterhin Massengüter um. Mit 1,4 Millionen Tonnen liegt das Ergebnis im aktuellen Berichtsjahr um gut sechs Prozent unter dem Niveau von 2009. (eha)