Hafen Antwerpen

Hafen Antwerpen Schienenanteil soll wachsen Lediglich neun Prozent seiner Hinterlandtransporte wickelt der Hafen Antwerpen bislang über die Schiene ab. Mit massiven Investitionen wollen die Belgier hier eine Veränderung herbeiführen. Als vier deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute im Juli 2013 ihre Seeverkehrsprognose für 2030 verkündeten, gab es in der Antwerpener Hafenwirtschaft lange Gesichter. Lediglich 45,1 Millionen Tonnen „deutschlandrelevantes Umschlagvolumen“ hatten die Wirtschaftsforscher für den Hafen an der Scheldemündung prognostiziert – bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 2,2 Prozent. Binnenschiff deutlich vor der Bahn Marc van Peel, Vorsitzender des Verwaltungsrates des städtischen Hafenbetriebs Antwerpen, sieht hingegen die Zahl bei 60 Millionen Tonnen – und hat das dem neuen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt auch schon geschrieben. Dabei geht es keinesfalls um Eitelkeiten, sondern um handfeste wirtschaftliche Interessen. Deutschland ist wichtig für Antwerpen – und umgekehrt. „34 Prozent der in Antwerpen umgeschlagenen Container kommen aus Deutschland oder sind für Deutschland bestimmt. Damit ist Deutschland der wichtigste Partner Antwerpens im Hinterlandverkehr“, sagt Dieter Lindenblatt, Repräsentant des Hafens Antwerpen in Deutschland. Dieser Anteil lässt sich nur dann halten oder sogar ausbauen, wenn die Verkehrsverbindungen zwischen Antwerpen und seinem deutschen Hinterland optimal sind. Da schmerzt es schon, wenn das „deutschlandrelevante Umschlagvolumen“ unterschätzt wird – und deshalb möglicherweise notwendige Verkehrsinvestitionen ausbleiben. Dabei gibt es insbesondere im Schienengüterverkehr einiges zu tun. Lediglich neun Prozent der in Antwerpen gelöschten Güter gelangen derzeit mit der Eisenbahn ins Hinterland. Zum Vergleich: In Hamburg beträgt der Schienenanteil bei den für das Hinterland bestimmten Containern (also ohne Transshipment) 39 Prozent. Antwerpen kann hingegen auf einen Binnenschiffsanteil von 35 Prozent verweisen. Die Belgier wissen, dass eine schlechte Eisenbahnanbindung gerade beim Containerumschlag und bei den flüssigen Massengütern ein ernsthaftes Wachstumshindernis werden kann. Für Containerverkehre ist die Eisenbahn ins Ruhrgebiet und in den Rhein-Main-Neckar-Raum einfach die schnellere Alternative. Und auch beim binnenschiffsaffinen flüssigen Massengut – für Antwerpen im Jahr 2013 mit einem Umschlagplus von 31,4 Prozent Wachstumsmotor Nummer eins – ist eine leistungsfähige Schienenanbindung unerlässlich. Kein großer Chemiekonzern verlässt sich allein auf das Binnenschiff, das selbst auf dem Rhein zeitweise mit wetterabhängigen Transporteinschränkungen leben muss. In Antwerpen hat man das erkannt und plant entsprechend. „Bis zum Jahr 2030 soll der Schienenanteil auf 15 Prozent wachsen“, sagt van Peel. Um das zu erreichen, hat die Hafenverwaltung mit Infrabel, dem belgischen Schienennetzbetreiber, eine dreistufige Strategie abgestimmt. „Infrabel wird nach und nach die Netzkapazität im und um den Hafen Antwerpen erhöhen“, sagt Infrabel-Sprecher Frédéric Petit. Zunächst soll der Güterverkehr innerhalb des Hafens effizienter werden. Zweitens sollen andere belgische Häfen besser an Antwerpen angebunden werden. Phase drei beinhaltet den Aufbau neuer Schienenachsen. Gemeint ist damit insbesondere der Eiserne Rhein, der Antwerpen mit den Industriegebieten in Nordrhein-Westfalen verbinden soll. 765 Millionen Euro für einen Tunnel Einen wesentlichen Schritt will Infrabel zum Jahresende abschließen. Dann wird der „Liefkenshoek Rail Link“ fertiggestellt, der mit einem Tunnel westlich der Innenstadt das rechte und linke Scheldeufer verbindet. Das 765 Millionen Euro teure Bauwerk wird als PPP-Projekt (Public Private Partnership) errichtet. Es verbessert die Anbindung der Containerterminals von PSA und DP World deutlich. Der belgische Netzbetreiber rechnet mit 45 Minuten Zeitersparnis pro Zug und einer erheblichen Entschärfung des Flaschenhalses Kennedy-Tunnel. Die 16 Kilometer lange Strecke hat zwei Tunnelabschnitte von insgesamt 7200 Meter Länge. Eine verbesserte Schienenanbindung gilt zudem als Vor-aussetzung für den angestrebten Umzug des Terminals der Großreederei MSC vom rechten aufs linke Scheldeufer. Derzeit sind die Containerterminals bei der Organisation der Hinterlandverkehre noch sehr stark auf den LKW und das Binnenschiff angewiesen. Auf fünf Prozent schätzt Philippe Beaujean, Senior Commercial Manager bei DP World, den Schienenanteil auf seinem Terminal. Drei wöchentliche Abfahrten nach Duisburg und drei nach Courtrai nahe der französischen Grenze lautet die magere Bilanz. Das Auslaufen einer Förderung für die Containerzüge habe dazu geführt, dass das Interesse der Kunden massiv gesunken sei. Dem will der kommunale Hafenbetrieb jetzt entgegenwirken. In der vergangenen Woche kündigte Eddy Bruyninckx, CEO des Kommunalen Hafenbetriebs Antwerpen, an, die kostspielige Verteilung von mit der Eisenbahn angelieferten Seecontainern im Hafen mittels der Binnenschifffahrt zu unterstützen. In der Praxis profitieren die Bahnverbindungen mit Athus (TCA), Kortrijk-Lar (Delcatrans) und Duisburg (Duisport/IFB) davon. Solche Maßnahmen werden den Eisenbahnverkehr in Richtung Deutschland aber nur dann in Schwung bringen, wenn auch an anderen Stellen die Weichen richtig gestellt werden. „Wir brauchen im Schienenverkehr mehr Operators im Hafen“, fordert van Peel, der sich allein auf die belgische Güterbahn B Cargo offenbar nicht verlassen möchte. Die Hafenverwaltung hat selbst einen Schritt in diese Richtung getan und sich mit 15 Prozent an dem Antwerpen-Duisburg-Zug beteiligt. Bei einem anderen Hindernis kann der Hafen nur über Lobbyarbeit indirekt weiterkommen. Seit vielen Jahren diskutiert die Politik auf beiden Seiten der Grenze über eine direkte Güterverkehrstrasse zwischen Antwerpen und dem Ruhrgebiet: den Eisernen Rhein. Die Lage scheint verworren. Belgien und die Niederlande hatten sich auf die Streckenführung entlang der 1991 stillgelegten Trasse geeinigt. In Nordrhein-Westfalens Landesregierung befürchtete man dort wiederum Anwohnerproteste und entwickelte eine alternative Trassenführung entlang der A52 – zunächst freilich, ohne dies mit den Nachbarn abzustimmen. Inzwischen nähern sich die beiden Parteien zwar an, aber wesentliche Fragen sind weiter offen. Zum Beispiel die, wer die Mehrkosten der teureren Alternativtrasse übernimmt. In Belgien erwartet man jetzt gespannt den Ausgang der Parlamentswahlen am 25. Mai. Erst dann wird die neue Regierung des hoch verschuldeten Landes entscheiden, ob und wie es mit dem Eisernen Rhein weitergeht. Bis dahin bleibt die 60 Kilometer lange Montzenroute über Aachen die Rennstrecke zwischen Antwerpen und dem Ruhrgebiet. ❙❚■ Björn Helmke, VR-Korrespondent in Hamburg Hafen Antwerpen Entwicklung im Jahr 2013 Umschlag 2013: 190,8 Mio. Tonnen (+3,6 %) davon: Breakbulk: 15 Mio. Tonnen Container: 102 Mio. Tonnen flüssiges Massengut: 59 Mio. Tonnen festes Massengut: 14 Mio. Tonnen Containerumschlag in TEU: 8,6 Mio. TEU (- 0,7 %) Zahl der Schiffe über 10.000 TEU: 198 (31 mehr als 2012) Fläche: 13.057 Hektar Kailänge insgesamt: 151 Kilometer Eisenbahnschienen: 1061 Kilometer Straßen: 409 Kilometer Arbeitsplätze: 145.000 Schwerpunkt RailCargo

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