Hamburg. Das niederländische Umweltministerium verstärkt die Front der Gegner der Fahrrinnenanpassung der Unterelbe. Wie der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, habe ein im Auftrag des Haager Umweltministeriums erstelltes Gutachten ergeben, dass mit dem weiteren Ausbaggern der Fahrrinne „schwere ökologische Schäden einhergehen können“.
Bis dato haben nur einige Elbanwohner und die Verbände BUND und Nabu sowie der WWF (Deutschland) sich gegen die geplante Fahrrinnenanpassung für Schiffe mit bis zu 14,5 Meter Tiefgang gestellt. Im vergangenen Oktober erreichten sie beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einen vorläufigen Baustopp. Dagegen protestiert die Politik in Berlin und in Hamburg, die komplette hanseatische Hafenwirtschaft drängt auf eine rasche Entscheidung der Leipziger Bundesrichter. Im Schulterschluss verweisen Reeder und die Hafenarbeiter-Gewerkschaft Verdi unisono auf die wirtschaftlichen Folgen, sollte die Anpassung scheitern: Die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens könnte leiden, da dann Schiffe mit mehr als 10.000 Standardcontainern (TEU) nur teilbeladen oder gleich gar nicht Hamburg anlaufen, sondern Rotterdam oder den nicht ausgelasteten Jade-Weser-Port ansteuern würden. 2012 sind rund 350 Schiffe dieser Größenklasse, wiewohl mit reduzierter Beladung und auf der „Tidewelle reitend“, in den größten deutschen Seehafen eingelaufen.
Zuständig für die Anpassung der Bundeswasserstrasse Elbe ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, bis zur Hamburgischen Landesgrenze ist es die Port Authority der Hansestadt. Sie sehen im Paket der Fahrrinnenanpassung ein ganzes Bündel von Schutzmaßnahmen für die Elbe und die Deiche vor, beispielsweise die Entlastung der Flussmündung durch Rückdeichungen.
Hier setzt die holländische Studie an. Sie stellt fest, „dass ein kritischer Punkt existiert, bei dessen Überschreiten die Flussmündung in einen Zustand extremer Trübung wechselt.“ Das sei deshalb bedeutsam, weil Fisch- und Kleintierbestände dadurch erheblich unter Stress gerieten. Die Studie ließe nach dem „Spiegel“ auch den Schluss zu, dass die Elbe kurz vor einem solchen „Umschlagpunkt“ stehe und „auch auf kleine Änderungen“ wie Vertiefung oder Verengung „empfindlich reagiert.“
Die Studie wäre die erste Stimme aus dem Nachbarland an der Nordsee, die in einer größeren Öffentlichkeit sich zu dem kontrovers diskutierten Infrastrukturprojekt für die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens Gehör verschafft. Dass dies dann gleich mit dem Segen des holländischen Umweltministeriums erfolgt sein soll, macht an der Küste stutzig. Schließlich ist das Ministerium in Haag („Ministerie van Infrastructuur en Milieu”) gleichzeitig für das Verkehrswesen zuständig, ausdrücklich auch für die Wasserstraßen. Hollands Seehafen Rotterdam ist der größte europäische (Container-)Hafen, gefolgt vom Hafen Hamburg. (cfd)
Walter Rademacher