Hamburg. Mit einem „starken Wachstum" bei den erneuerbaren Energien rechnet Erik van der Noordaa, Vorstandsvorsitzender des in Hamburg beheimateten Germanische Lloyd (GL) in den kommenden Jahren. Dabei geht nach seiner Einschätzung von den dramatischen Geschehnissen in Japan ein zusätzlicher Impuls für die „grüne" Energie aus, ist van der Noordaa überzeugt. Für den GL, der sich im Geschäftsbereich „Renewables" erfolgreich engagiert und mit der Tochterfirma Garrad Hassan über globale Kompetenz verfügt, werde diese Entwicklung positive Folgen haben, ist der Niederländer überzeugt. Zwischen zehn bis 15 Prozent Umsatzwachstum seien für den Konzern allein in diesem Jahr zu erwarten. Im Gespräch mit Journalisten legte er am Montagabend in Hamburg seine Sicht dar Dinge dar und nutzte damit auch gleich die Gelegenheit, um sich als neuen Spitzenmann des GL vorzustellen.
Konzernintegration ist eine „Riesenherausforderung"
Seit dem 1.Dezember vergangenen Jahres steht der Niederländer an der Spitze des Traditionsunternehmens. Der ausgebildete Schiff-und Maschinenbau-Ingenieur gehörte zuvor dem niederländischen Werftenverbund Damen Shipyards in Gorinchem, davon seit 2004 im Vorstand. Dass er sich 2010 dazu entschloss, das die Werft zu lassen, um das Angebot, Vorstandschef des GL zu werden, anzunehmen, „hatte bei Damen Shipyards schon einen kleinen Schock ausgelöst".
Entscheidend für ihn war, dass er „etwas Neues anfangen konnte". „Es geht für mich darum, den Konzern weiter zu entwickeln, das Zusammengehörigkeitsgefühl in der GL-Gesamtgruppe zu stärken und das Synergiepotenzial der verschiedenen Geschäftsbereiche zu heben." Was sich einfach anhört, ist in Wirklichkeit „eine Riesenherausforderung". Die Mitarbeiter für dieses Ziel zu gewinnen, sie mitzunehmen, das werde die große Kunst sein. Die seit seinem Amtsantritt hatte er bereits zu einer globalen Kennenlerntour durch die GL-Organisation genutzt. Reisen ist der Niederländer gewohnt: „Auch bei Damen Shipyards kam ich auf bis zu 100 Reisetage im Jahr."
Wie eng die Verzahnung der verschiedenen Geschäftsbereiche beim Thema „Erneuerbare Energien" ist, zeigt sich für ihn am Beispiel „Errichter- und Transportschiffe" für die Offshore-Windkraftenergie. 16 solcher Spezialschiffe – Kosten pro Stück in der Regel um 100 bis 120 Millionen Euro - betreut der GL derzeit weltweit. Nach Überzeugung Van der Noordaas´ wird es, trotz eines zunächst wachsenden Bedarfs dieser Schiffe, ein überschaubares Flottenwachstum geben. „Ich rechne mit einem Bedarf in Europa von 20 bis 30 Schiffen", meint er.
2011 wird durch den GL die 100-Millionen-BRZ-Marke passiert
Neben dem Bereich „Erneuerbare Energien" und „Öl und Gas" wird der GL aber nicht sein Kerngeschäft, die „Maritimen Dienste", vernachlässigen. Zwar ist für dieses Segment zum Beispiel beim Umsatz nicht mit einem großen Sprung zu rechnen, doch das Geschäft ist weiterhin eine tragende Säule. Aktuell betreut der GL weltweit eine Tonnage von 94 Millionen BRZ nach rund 84,5 Millionen BRZ im Jahr zuvor. 2011 werde man die symbolträchtige Schallmauer von 100 Millionen BRZ durchbrechen. „Der GL hat heute einen Marktanteil von gut 9,5 Prozent der Welthandelsflotte." Die Containerschifffahrt ist dabei mit rund 41 Prozent Marktanteil das stärkste Pferd im Stall.
Die große Kompetenz des GL werde sich in den kommenden Jahren - „Wir befinden uns in einem Jahr der globalen Regulierung" - in der Beratung der Reedereien. „Es geht darum, dass die Unternehmen die Wirtschaftlichkeit ihrer Flotte verbessern können und gleichzeitig die Umweltbelastung verringern." Der GL hat dazu zahlreiche bahnbrechende Entwicklungen erarbeitet. Eine davon ist der Trimm-Assistent. Mit ihm kann die Reederei, und zwar maßgeschneidert pro Schiff, den optimalen – sich laufend verändernden -Trimm berechnen. Für den Reeder heißt das vor allem: Senkung der Treibstoffkosten. Weitere Beratungskompetenz wird zum großen Thema „Schiffslinienoptimierung" erbracht.
Reeder erwarten weltweite Versorgungssicherheit bei LNG
Was die Schiffsgeschwindigkeiten angeht, rechnet van der Noordaa mit einer dauerhaften Verringerung der Reisegeschwindigkeiten in einer Bandbreite von 16 bis 20 Knoten. Der Niederländer geht zudem davon aus, dass sich LNG als alternativer Treibstoff in einer Hand voll Jahren durchsetzen wird. So sei man mit einer größeren Containerreederei in intensiven Gesprächen über den Einsatz von LNG. 2012 könnte hier eine Grundsatzentscheidung fallen. Die Akzeptanz der Reeder beim Thema LNG hängt nach seiner Überzeugung von zwei wichtigen Faktoren ab: Es muss schnellstmöglich eine globale Versorgungsinfrastruktur geschaffen werden. Und es hängt auch davon ab, wie sich der Preis es LNG zum Bunkeröl entwickelt. Eine wichtige Rolle beim Thema LNG spiele zudem die verladende Wirtschaft. Da LNG nachgewiesenermaßen wesentlich sauberer sei als der Ölantrieb, somit auch die Umweltbilanz eines Transportes besser ausfalle, dürften Vorgaben der verladenden Wirtschaft, verstärkt auf LNG zu setzen, ebenfalls stimulierend sein.
Van der Noordaa sieht den GL-Konzern insgesamt gut positioniert. 6100 Mitarbeiter zählt das Unternehmen derzeit ins seinen 213 Standorten. Allein in Hamburg sind es rund 1600 Beschäftigte. „Angesichts des von uns erwarteten Wachstums bei den „Erneuerbaren Energien" bieten sich hier für junge Ingenieure interessanten Karrierechancen." (eha)