Paris. Die französische Behörde zur Regulierung der Bahnaktivitäten Araf (Autorité de régulation des activités ferroviaires) hat dem Projekt einer Schienenautobahn im Bereich der Atlantikküste einen Bremsklotz vorgeschoben. Das Vorhaben wird gemeinsam von dem Bahninfrastrukturträger Réseau Ferré de France (RFF) und der SNCF-Geodis-Tochter VIIA Atlantique vorangetrieben, wozu sich beide Seiten auf eine Rahmenvereinbarung über die Verfügbarkeit der nötigen Streckenführungen verständigt haben. Diese hatten sie Ende April der Behörde zur Stellungnahme vorgelegt. Kürzlich erteilten daraufhin die Araf-Verantwortlichen der Vereinbarung einstimmig eine Absage und begründeten sie mit möglichen Wettbewerbsbehinderungen für die anderen Bahnservicebetreiber. Bedenken machten sie ferner geltend bezüglich der vom Staat beschlossenen Vertragslösung, die der Linie den Status eines öffentlichen Dienstleisters gibt. Wegen beider Aspekte wolle sich Araf an die Wettbewerbsbehörde des Landes wenden, kündigten die Bahnregulierer an.
Den fraglichen Status habe der Staat aus der Einschätzung gewährt, dass die geplante Schienenautobahn nur aus sich selbst heraus wirtschaftlich nicht lebensfähig sein werde, heißt es in einer Mitteilung der Regulierungsbehörde. Die an VIIA Atlantique vergebene Konzession laufe über 17 Jahre, von denen 15 für den Betrieb selbst vorgesehen sind. Der Staat subventioniert das Unternehmen mit 82 Millionen Euro und RFF hat sich verpflichtet, für 208 Millionen Euro die technischen Voraussetzungen für den Einsatz der speziellen Waggons zu schaffen, die auf der Atlantiklinie verwendet werden sollen. 103 Millionen Euro will der Konzessionär selbst beisteuern.
Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen
Araf sieht in dieser Subventionslösung die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil solcher Bahnunternehmen, die andere Verbindungsstrecken benutzten, insbesondere im Bereich des Kombitransports. Insgesamt kritisiert die Behörde die vertraglichen Vereinbarungen als „unausgewogen“. Sie würden dem Ziel eines nachhaltigen Zugangs zum nationalen Schienennetz ohne Diskriminierungen entgegenstehen.
In ihrer jetzigen Form berge die Rahmenvereinbarung zwischen RFF und VIIA Atlantique die Gefahr, dass für die Bahntransport-Mitbewerber nicht genügend Streckenführungen verfügbar seien - weder qualitativ noch quantitativ. Araf bezweifelt, dass RFF in der Lage sein werde, sowohl den Bedarf der neuen Schienenautobahn als auch den der Bahnkonkurrenten abzudecken. Ferner würden sich Betriebskonflikte daraus ergeben, dass bestimmte Punkte auf der Atlantikstrecke wie beispielsweise das Nadelöhr Bordeaux schon jetzt saturiert seien. Hinzu kämen die für die neue Linie nötigen Arbeiten zwischen Bordeaux und Bayonne und andere neuralgische Stellen sowie die Länge der geplanten Züge von 750 bis zu langfristig angepeilten 1.050 Metern. Auch der geplante Bau von Ausweichgleisen für die Regional- und die Hochgeschwindigkeitszüge TGV werde nicht ausreichen, um solche Konfliktsituationen zu verhindern.
Die Stellungnahme der Regulierungsbehörde hat nur beratende Funktion und keine verpflichtende. Sie dürfte dennoch den Enthusiasmus gedämpft haben, mit dem Mitte September letzten Jahres zwischen SNCF Geodis und dem elsässischen Hersteller Lohr Industrie im Verkehrsministerium ein Vertrag zum Ankauf der entsprechenden Waggons unterzeichnet wurde. (jb)