Paris. Die französische Justiz ist einem offenbar in großem Umfang betriebenen Schwindel mit Autobahnmaut-Tickets auf der Spur. Darauf gestoßen ist sie durch einen rumänischen LKW-Fahrer, der Ende Mai von einem Gericht in Perpignan zur acht Monaten Gefängnis mit Bewährung verurteilt wurde. Er arbeitete als Subunternehmer für eine spanische Tochterfirma der Pariser Geodis-Gruppe (SNCF). Kläger war der Autobahn-Konzessionär Autoroutes du sud de la France (ASF), ein Unternehmen des Pariser Mischkonzerns Vinci. Laut dessen Anwalt sind außer dem Rumänen noch mindestens 20 andere Fahrer in den Betrugsfall verwickelt. Sie hätten jeweils erklärt, ihre Maut-Tickets verloren, diese aber in Wahrheit behalten oder auf LKW-Parkplätzen gegen andere getauscht zu haben, um Gebühren zu sparen.
Bezahlen mit gestohlenen Bankkarten
Eine andere Variante bestand darin, diese mit gestohlenen Bankkarten zu bezahlen. So berichtet die Presse von einem weiteren Rumänen, der im Februar letzten Jahres auf eigene Rechnung für die spanische Firma Giraud Iberica tätig gewesen war. Die anfallenden und ihm normalerweise von seinem Gewinn abgezogenen Maut- und Benzinkosten hat er jedoch nicht mit der von Giraud dafür zur Verfügung gestellten Karte bezahlt, sondern mit anderen, die auf einem LKW-Parkplatz in Spanien entwendet worden waren. In seinem Fahrzeug fanden die Ermittler allein neun solcher Fremdkarten.
Mautbetrug schon im Jahr 2009
Schon in den Jahren 2009 und 2010 hatte es erste Klagen wegen Mautbetrugs auf französischen Autobahnen gegeben. Kläger war damals die Firma Autoroutes Paris-Rhin-Rhône (APRR) . ASF schätzt die ihr über drei Jahre hin entstandenen Verluste auf eine Million Euro jährlich. Für ihren Anwalt, Emmanuel Tricoire, gibt zu denken, dass die betrügerischen Fahrer in der Mehrzahl für ein- und denselben Auftraggeber arbeiteten. Es wäre deshalb interessant nachzuforschen, ob sich dahinter nicht auch ein indirekter Verantwortlicher ausmachen ließe, erklärte er. Dass die Justiz in dem jüngst verhandelten Fall zugleich das Fahrzeug des Angeklagten konfisziert habe, deute darauf hin, dass die Richter der Überzeugung seien, die Firma könne entgegen ihren Beteuerungen nicht in Unkenntnis der inkriminierten Praktiken gewesen sein. Gegenwärtig laufen in Frankreich mehrere Verfahren wegen Mautbetrugs, weitere Ermittlungen sind eingeleitet. (jb)