Kassel/Frankfurt. Ruhige Nächte rund um den Frankfurter Flughafen gibt es vom 30. Oktober an und nicht schon neun Tage früher. Das stellte der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel am Donnerstag klar. Der Vorsitzende Richter des 11. VGH-Senats, Günter Apell, hatte zuvor mit der Äußerung Verwirrung ausgelöst, aus seiner Sicht gelte das am Dienstag verhängte Nachtflugverbot bereits mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn am 21. Oktober.
Nach erneuter Absprache sei sich der Senat nun einig, dass die Kapazitätserhöhung am Flughafen maßgeblich sei, sagte Richterin Monika Thürmer am Nachmittag. Erst wenn in Frankfurt mehr Starts und Landungen geplant seien, wirke sich der Planfeststellungsbeschluss aus. Das ist mit dem Beginn des neuen Winterflugplans am 30. Oktober der Fall und nicht schon am 21. Oktober, wenn die erste Maschine mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an Bord auf der Nordwestlandebahn aufsetzt.
Zwischen der Inbetriebnahme der neuen Landebahn am 21. Oktober und dem neuen Winterflugplan am 30. Oktober dürfen also weiter Flüge von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr stattfinden. Derzeit sind es im Schnitt 40 Flugbewegungen pro Nacht. Auf der neuen Landebahn ruht der Betrieb nachts generell. Die ursprünglich im Winterflugplan vorgesehen 17 Starts und Landungen zu dieser Zeit sind aber nicht mehr möglich.
Genauso überraschend wie der VGH-Beschluss zum Nachtflugverbot am Dienstag kam die Äußerung Apells über den Beginn des Verbots. Der Flughafenbetreiber Fraport bekräftigte daraufhin seine Auffassung, der 30. Oktober sei Stichtag. „Dies weist unseres Erachtens der Planfeststellungsbeschluss klar so aus", sagte Unternehmenssprecher Jürgen Harrer.
Laut VGH heißt es in dem Beschluss: „Nach der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest dürfen ab dem ersten Tag der Flugplanperiode, für die unter Nutzung der Kapazität der Landebahn Nordwest eine Erhöhung des Koordinierungseckwertes festgelegt wurde, (...) in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr keine Luftfahrzeuge starten und landen (...)." Unklar sei gewesen, wann genau die Landebahn in Betrieb genommen wird. Eine erste Landung oder Testflüge reichten dafür nicht aus. „Die formelle Inbetriebnahme ist die Kapazitätserhöhung", betonte Richterin Thürmer.
Die obersten hessischen Verwaltungsrichter hatten den Klagen von mehreren lärmgeplagten Anwohnern aufschiebende Wirkung zugestanden und das vorläufige Nachtflugverbot verhängt. Im neuen Winterflugplan waren bereits 16 Starts und Landungen in dieser Zeit eingeplant, die nun vorerst nicht stattfinden dürfen. Mit einer endgültigen Entscheidung im Flughafen-Streit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wird erst Anfang nächsten Jahres gerechnet.
Für eine Umsetzung der aktuellen VGH-Beschlüsse haben die betroffenen Fluggesellschaften nur wenige Tage Zeit. „Dies stellt für die Luftverkehrsgesellschaften, die Frachtspeditionen, Fraport und nicht zuletzt für die Passagiere eine äußerst schwierige Situation dar und hat Auswirkungen auf weltweit vernetzte Flugverbindungen", sagte Fraport-Sprecher Harrer.
Am kommenden Dienstag wird sich der Verkehrsausschuss des hessischen Landtags mit dem Thema in einer Sondersitzung befassen. Ob das Gremium wie von der SPD beantragt öffentlich tagt, ist noch nicht entschieden. (dpa)