Leipzig/Berlin. Am künftigen Hauptstadtflughafen wird es kein komplettes Nachtflugverbot geben. Das Bundesverwaltungsgericht wies am Donnerstag Klagen von Anwohnern und Anrainer-Gemeinden zurück und bestätigte die geplante Regelung. Danach sind an dem Großflughafen in Schönefeld zwischen 22.00 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5.00 und 6.00 Uhr durchschnittlich 77 Starts und Landungen erlaubt, maximal 103. Die Planer hätten die Lärmschutzinteressen der Anwohner ausreichend berücksichtigt, entschied das höchste Gericht. Die Kläger nannten das Urteil eine "Katastrophe", die Betreiber einen "Meilenstein".
Ein Dreivierteljahr vor Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens haben die Richter damit den Planergänzungsbeschluss für zulässig erklärt (Az: BVerwG 4 A 4000.09, 4000.10, 4001.10). Für den Flughafen Frankfurt hatte erst am Dienstag der Hessische Verwaltungsgerichtshof ein vorläufiges Nachtflugverbot für den Winterflugplan verhängt. Die Kasseler Richter sahen die Anwohner in dem Ballungsraum nicht ausreichend vor nächtlichem Fluglärm geschützt. Auch für Deutschlands größten Flughafen entscheidet endgültig das Bundesverwaltungsgericht. Die hessische Landesregierung erwartet das Urteil für Anfang 2012.
Der neue Hauptstadtflughafen kann dagegen ohne weitere Einschränkungen an den Start gehen. 2006 hatte das Leipziger Gericht den 24-Stunden-Betrieb auf dem Airport an der Stadtgrenze untersagt. Er soll am 3. Juni 2012 eröffnet werden.
"Der letzte Meilenstein auf dem Weg zum neuen Flughafen"
"Das war der letzte Meilenstein auf dem Weg zum neuen Flughafen", sagte Flughafen-Chef Rainer Schwarz. Schönefeld werde der "dritte große Player" unter den deutschen Flughäfen - nach Frankfurt und München. Der Flughafen öffnet mit einer Kapazität von 27 Millionen Passagieren, Ausbaustufen bis zu 45 Millionen sind vorgesehen. Der neue Flughafen im brandenburgischen Schönefeld ersetzt die bestehenden Flughäfen in Tegel und Schönefeld sowie den bereits geschlossenen Flughafen Tempelhof.
"Das Urteil ist eine Katastrophe für alle Menschen in Deutschland, die in der Nähe von Verkehrsflughäfen wohnen", sagte dagegen Carl Ahlgrimm, der Bürgermeister von Großbeeren. Die Gemeinde zählte mit Blankenfelde-Mahlow, Eichwalde, Großbeeren und Schulzendorf sowie Anwohnern zu den Klägern. "Nachtruhe wird auf fünf Stunden beschränkt - aus rein wirtschaftlichen Interessen der Fluggesellschaften", sagte Ahlgrimm.
Richter Rüdiger Rubel hatte der Planungsbehörde, dem brandenburgischen Infrastrukturministerium, bescheinigt, es habe den Bedarf für Nachtflüge plausibel dargestellt. Es habe auch die Lärmschutzbelange der Anwohner zutreffend ermittelt und nicht unterschätzt. Dass die Flugrouten anders liegen als jahrelang angenommen, sei für den Lärmschutz in der Nacht nicht entscheidend, fügte Rubel hinzu.
Der Bürgerverein Berlin-Brandenburg (BVBB) will das Urteil nicht akzeptieren und kündigte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg an. (dpa)