Bonn. Ein Fehlgriff beim neuen Computersystem droht die Deutsche Post im Frachtgeschäft um Jahre zurückzuwerfen. Nachdem der Konzern am Mittwochabend überraschend das Gewinnziel für 2015 zusammenstrich, soll nun ein alternatives IT-System erprobt und aufgebaut werden. „Das dauert aber ein paar Jahre“, sagte Finanzvorstand Larry Rosen am Donnerstag in einer Telefonkonferenz.
So soll neben dem derzeitigen System, das Rosen als fehleranfällig beschrieb, parallel an neuen IT-Lösungen gearbeitet werden.
Zuvor hatte das Unternehmen eine Absenkung seiner Gewinnziele für das laufende Geschäftsjahr angekündigt. Durch Abschreibungen auf Investitionen für das neue Computersystem in Höhe von 354 Millionen Euro und weitere Einmalbelastungen aus anderen Sparten von 200 Millionen Euro senkte der Vorstand die Prognose für das Ergebnis vor Zinsen und Steuern auf 2,4 Milliarden Euro. Rosen zeigte sich aber optimistisch, dass die Post ihre mittelfristigen Erwartungen halten kann. „Wir werden schon 2016 eine großen Schwung im operativen Bereich sehen“, sagte er.
Der seit Monaten laufende Umbau der DHL-Frachtsparte auf neue Computersysteme und Geschäftsabläufe hat aus Sicht der Post offenbar kaum Aussicht auf Erfolg. Es gebe eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass das unter dem Namen NFE geführte System in der gegenwärtigen Form positive Effekte erzielen könne, hieß es in der Mitteilung. Statt dessen denkt das Unternehmen nun über eine „flexible IT-Architektur“ nach, die bestehende Systeme verbessert und zusammenführt. Sie soll auch bereits verfügbare Systeme integrieren, die sich in der Speditionsbranche bewährt hätten.
Die ursprüngliche Gewinnprognose für 2015 hatte Appel erst Anfang August gekappt. Grund dafür waren die wochenlangen Streiks der Postbeschäftigten. Für 2016 geht Appel aber weiterhin von einem Ebit von 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro aus.
Wegen der Rolle rückwärts schreibt die Post in ihrer Bilanz für die ersten neun Monate Investitionen von 345 Millionen Euro ab. Zusätzlich muss sie 37 Millionen Euro ausgeben, um die bereits erfolgte Umstellung in den ersten Ländern wieder zurückzudrehen.
Teuer wird es für die Post möglicherweise auch in anderen Bereichen. So rechnet der Vorstand wegen der „Neubeurteilung rechtlicher und regulatorischer Sachverhalte“ mit Sonderbelastungen von rund 200 Millionen Euro. Betroffen seien neben dem Frachtgeschäft auch der Gewinnbringer DHL Express und die Stammsparte PeP, in der neben dem heimischen Briefgeschäft auch der Paketversand in Deutschland und Nachbarländern sowie das Internetgeschäft mit dem E-Postbrief sowie der Postbus gebündelt sind. (dpa)