Brüssel/Warschau. Die EU-Kommission hat angekündigt, Polen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen, weil Lkw mit einer Antriebsachslast von mehr als acht beziehungsweise zehn Tonnen für die Fahrt auf Nebenstraßen in Polen eine Sondergenehmigung einholen müssen. Das verstoße gegen den Grundsatz, dass alle für den Lkw-Verkehr freigegebenen Straßen in der EU ohne weitere Auflagen befahren werden dürfen. Polen habe die Richtlinie 96/53/EG nicht ordnungsgemäß umgesetzt, die Höchstmaße und -gewichte für Lkw festlegt.
Auf den meisten Straßen in Polen ist die Achslast auf zehn beziehungsweise acht Tonnen begrenzt. Die EU-Norm erlaubt eine maximale Antriebsachslast von bis 11,5 Tonnen. Um viele große Städte in Polen, Industrie- und Wirtschaftszentren, Logistikhubs und den Containerhafen von Danzig zu erreichen, müssten Unternehmen deshalb Sondergenehmigungen einholen. Dies wirkt sich nachteilig auf die Effizienz des Straßenverkehrs in Polen aus. Negativ betroffen seien besonders Lkw im Langstreckenverkehr.
Erschwerend komme hinzu, dass in Polen die Straßen von verschiedenen Behörden auf verschiedenen Ebenen – Gemeinden, Wojwodschaften, Regionen und Zentralregierung – verwaltet würden. Für eine einzige Fahrt könne es deshalb sein, dass mehrere Genehmigungen benötigt würden, was einen erheblichen Verwaltungsaufwand darstelle, kritisiert die EU-Kommission. Darüber hinaus sei das Genehmigungsverfahren zeitaufwendig. Im Ergebnis stelle das System eine erhebliche Belastung für Güterverkehrsunternehmen und ein Hindernis für das ordnungsgemäße Funktionieren des Verkehrsbinnenmarktes dar.
Die Klage vor dem EuGH kommt für Polen nicht überraschend. Bereits im Februar hatte die EU-Kommission die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet. Bei einer Verurteilung durch den EuGH droht Polen eine Geldstrafe. (kw/ag)