EU ergänzt Todsündenliste

Die "Todsündenliste" der EU ist schon seit 2011 in Kraft. Sie listet Verstöße auf, die zum Verlust der Gemeinschaftslizenz für Straßengütertransportunternehmen führen können. Brüssel ist im Sinne der Wettbewerbsgleichheit bestrebt, einheitliche Standards durchzusetzen, wie Verstöße in den Mitgliedstaaten geahndet werden. Im September hat die Kommission einen abschließenden Verordnungsentwurf vorgelegt, der die Verstöße gegen Gemeinschaftsvorschriften im Straßenverkehr in drei Kategorien einteilt. Demnach werden die Verstöße in "schwerste Verstöße" (Most Serious Infringements, MSI, z.B. Überschreiten der Lenkzeit um mehr als 50 Prozent oder Fahren ohne Fahrtenschreiber), "sehr schwerwiegende Verstöße" (Very Serious Infringements, VSI, z.B. wenn der Fahrtenschreiber falsch gewartet wurde), und "schwerwiegende Verstöße" (Serious Infringements, SI, z.B. Überschreiten der Lenkzeit bis zu einer Stunde) unterteilt. Mit der jetzt vorgelegten Kategorisierung kommt die Kommission einer Verpflichtung nach, die sich aus der EU-Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 ergibt. Festgelegt wird auch ein Summierungsmechanismus der Verstöße: Dabei ergeben drei SI einen VSI. Bei drei VSI pro Fahrer und Jahr müssen die Behörden der Mitgliedstaaten die "Zuverlässigkeit" des betreffenden Unternehmens überprüfen. Spediteure sehen Vorschlag kritisch Das Echo in der Speditionsbranche ist durchwachsen. Der Kommissionsvorschlag könne als Grundlage für die Risikoeinstufung von Unternehmen dienen, sagt Helmut Große vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Es könne aber nicht sein, "dass die Unternehmen für Verfehlungen der Fahrer zur Verantwortung gezogen werden, auf die sie gar keinen Einfluss haben." Bestimmte Verstöße seien nicht immer vermeidbar, etwa wenn der Fahrer nicht rechtzeitig einen Parkplatz finde und seine Fahrzeit überschreiten müsse. Auch im Europäischen Parlament ist man nicht glücklich. Manche Abgeordnete fürchten, dass die Mitgliedstaaten auch in Zukunft zu viele Möglichkeiten haben, gegenüber den eigenen Fuhrunternehmen Milde walten zu lassen. "Anstatt konkrete Regelverstöße zu benennen, bei denen europaweit alle Länder zu informieren sind, schafft die Kommission ein Ermächtigungsgesetz für die Mitgliedstaaten, selbst festzulegen, was gemeldet werden soll", sagt der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU). Der Vorschlag der Kommission bringe nicht mehr, sondern weniger Rechtssicherheit, zum Beispiel für Verkehrsleiter, die für mehrere Unternehmen tätig seien. Uneinigkeit im EU-Parlament Ferber hält es aber für richtig, dass es im Entwurf zur Kategorisierung der Todsünden nur um die Verkehrssicherheit gehen soll. Die Sozialdemokraten halten das für nicht ausreichend. Auch eine Verletzung der Kabotageregeln oder der Sozialvorschriften könnten sich negativ auf die Sicherheit auswirken, sagt ihr Verkehrsexperte Ismail Ertug (SPD). Der Verkehrsauschuss, der in der kommenden Woche darüber berät, kann den Kommissionsvorschlag nur annehmen oder - bis zum 19. Dezember - ablehnen. Ein Kompromiss könnte darin bestehen, dass die Kommission dem Ausschuss verspricht, Regeln für den Verstoß gegen Kabotage- und Sozialvorschriften nach einem festen Zeitplan vorzulegen. Die "Todsündenliste" Die Liste der "Todsünden" trat im Dezember 2011 in Kraft. Danach müssen Unternehmen, die das Gewerbe eines Kraftverkehrsunternehmens ausüben, zuverlässig sein sowie über eine dauerhafte Niederlassung in einem EU-Mitgliedstaat, eine angemessene finanzielle Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung verfügen. Sie sind verpflichtet, einen fachlich geeigneten "Verkehrsleiter" zu benennen.Nach dem Anhang IV der VO 1071/2009 sind die schwersten Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht:- Überschreiten der zulässigen Lenkzeit- Fehlender Fahrtenschreiber oder Geschwindigkeitsbegrenzer- Fahren ohne Nachweis der technischen Überwachung- Beförderung von Gefahrgütern ohne Zulassung- Beförderung von Personen oder Waren ohne Führerschein oder ohne Gemeinschaftslizenz- Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte- Überschreiten des zulässigen Gesamtgewichtes