Brüssel. Der Treibstoff von Schiffen, die in Nord- und Ostsee sowie dem Ärmelkanal verkehren, darf ab 2015 höchstens 0,1 Prozent Schwefel enthalten. Ausnahmen zu dieser Regel können von EU-Mitgliedsstaaten nicht beantragt werden. Darauf einigten sich Vertreter von Europaparlament und den EU-Mitgliedsländern auf einer so genannten Trilog-Verhandlung in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch in Brüssel. Damit setzt die EU genau die Vereinbarung um, die sie 2008 mit der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO getroffen hatte.
Der Wert von 0,1 Prozent gilt als umstritten. Reedereiverbänden sehen ihn als zu ehrgeizig an. Zwar gibt es mit Flüssiggas einen Treibstoff, der den Wert von 0,1 Prozent Schwefel sogar noch unterbietet. Doch bislang fehlt die nötige Infrastruktur für die flächendeckende Versorgung der Schiffe mit Flüssiggas. Auch die Kosten für die Umrüstung der Schiffe auf den neuen Treibstoff seien hoch. Das, so die Argumente der Reedereien, werde den Schiffsverkehr auf Nord- und Ostsee teurer machen und zu einer Verlagerung des Güterverkehrs vom Wasser auf die Straßen führen.
„Sogar die EU-Kommission bestätigt dieses Risiko“, sagt dazu Holger Krahmer (FDP), der für das Europaparlament an den Verhandlungen teilgenommen hat. Er beklagt, dass die Möglichkeit für eine Ausnahmeregelung aus dem Gesetzestext herausgestrichen wurde. Die Bundesrepublik hätte nach dieser Regel auf Antrag bei der IMO fünf Jahre Aufschub für die Einhaltung der 0,1 Prozent Schwefelobergrenze ab 2015 erreichen können. Doch auch die Vertreter Deutschlands hätten während der Verhandlung nicht auf diese Ausnahmeregel gepocht. „Ich war der einzige, der sich dafür stark gemacht hat“, behauptet Krahmer gegenüber der VerkehrsRundschau. Ein Brief, den der Europapolitiker vor sechs Wochen an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Umweltminister Norbert Röttgen geschrieben hatte und indem er vor der zu erwartenden Rückverlagerung des Güterverkehrs auf die Straße warnt, sei augenscheinlich ohne Wirkung geblieben.
Schwefelhöchstwerte für andere EU-Gewässer stehen nicht mehr in der Richtlinie. Der Umweltausschuss des Parlaments hatte mit Verweis auf Wettbewerbsgleichheit gefordert, dass in den südlichen Meeren der EU ab 2015 ein maximaler Schwefelanteil von 0,5 Prozent und ab 2020 ebenfalls von 0,1 Prozent vorgeschrieben seien sollte. Diese Pläne scheiterten an dem Widerstand vor allem der südeuropäischen EU-Mitgliedsstaaten, wie Krahmer berichtet. Lediglich das bereits im IMO-Abkommen vereinbarte Ziel, in allen EU-Meeren 2020 einen Schwefelhöchstgehalt von 0,5 Prozent im Schiffstreibstoff zu erreichen, wurde bestätigt.
Der Beschluss der Trilogverhandlung muss noch formal vom EU-Rat als Gremium der EU-Mitgliedsländer und dem Plenum des Europaparlaments angenommen werden. Die entsprechende Abstimmung in der Volksvertretung findet wahrscheinlich im Juli statt. (kw)