Entspannt im Ruhestand

Minus 0,463 Prozent: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Mitte September den Einlagenzinssatz noch weiter in den negativen Bereich gedrückt. Banken, die ihr Geld bei der EZB parken, zahlen dafür. Leihen sie sich Geld bei der Zentralbank, gibt es das zum Nulltarif. Sparer bekommen damit auch künftig kaum Zinsen für ihre Einlagen auf Tagesgeldkonten, Sparbriefe, Anleihen und Lebensversicherungen. Der Garantiezins, den Lebensversicherer Neukunden gewähren, sinkt seit Jahren. Aktuell sind es 0,9 Prozent - zu wenig, um sich ein finanzielles Polster fürs Alter anzusparen. Unternehmern droht die Altersarmut Unternehmer wähnen sich dennoch häufig auf der sicheren Seite. Sie setzen auf den Betrieb als Altersvorsorge. Eine Pensionszusage oder der Verkaufserlös sollen den Lebensstandard im Ruhestand sichern. Doch die Rechnung geht häufig nicht auf: "Viele unterschätzen die Rentenlücke und überschätzen den Verkaufspreis, den sie mit ihrem Unternehmen erzielen können", weiß Tom Friess, Vorsitzender der Geschäftsführung des VZ Vermögenszentrums in München. Der Spezialist für Ruhestandsplanungen rät Firmenchefs daher, ihre Altersvorsorge auf mehrere Standbeine zu stellen. "Ohne zusätzliche private Vorsorge werden sich Unternehmer im Alter stark einschränken müssen." 70 bis 80 Prozent des vorherigen Einkommens seien notwendig, um den Lebensstandard im Ruhestand halten zu können. Gerade für Gutverdiener wie Firmeninhaber und Führungskräfte ist es daher wichtig, sich ein zusätzliches Altersvermögen aufzubauen, über das sie später flexibel verfügen können. Wer früh mit dem Sparen beginnt und dies konsequent bis zum Ende seines Berufslebens durchzieht, erwirtschaftet ein solides Finanzpolster für den Ruhestand. "Unternehmer sollten zehn Prozent ihres Einkommens und die Hälfte jeder Sonderzahlung wie Boni fürs Alter anlegen", empfiehlt Friess. Die andauernde Niedrigzinsphase zwingt Firmenchefs jedoch, ihr Geld anders zu investieren: weniger unrentable Zinsanlagen, dafür mehr Wertpapiere. "Nur mit Aktien lässt sich die erforderliche Rendite erzielen, um die Altersvorsorge zu sichern", weiß der Finanzexperte aus Erfahrung. In den letzten 15 Jahren erzielten Anleger, die in Werte des Deutschen Aktienindexes DAX investierten, eine Rendite von durchschnittlich sieben Prozent, ermittelte das Deutsche Aktieninstitut. Viele lassen sich diese Gewinne jedoch entgehen: Nur jeder sechste Deutsche besitzt überhaupt Aktien. Zu groß ist die Furcht, durch Börsencrashs wie in der Finanzkrise 2008/2009 sein Erspartes zu verlieren. Wichtig: Krisen aussitzen Trotz der Kurseinbrüche haben langfristig orientierte Anleger mit Aktien jedoch am meisten verdient. Die Börsenbarometer kletterten immer wieder nach oben. Mit der Anlagedauer stabilisiert sich die Rendite, belegen Zahlen des Deutschen Aktieninstituts (siehe Grafik S. 34). Wer über einen langen Zeitraum regelmäßig spart und Krisen aussitzt, erwirtschaftet mit einer breit gestreuten Aktienanlage attraktive Renditen. "Wenn die Kurse fallen, nutzt das sogar dem Vermögensaufbau, weil Anleger mehr Anteile für das gleiche Geld bekommen", erklärt Friess. Wer langfristig sein Geld anlegt und regelmäßig - beispielsweise mit einem monatlichen Fondssparplan - in ein Aktienportfolio investiert, erzielt so einen günstigen durchschnittlichen Einstiegspreis. "Fonds eignen sich hervorragend, um Altersvermögen aufzubauen und dabei vom Zinseszinseffekt zu profitieren", sagt der Finanzfachmann. In verschiedene Branchen investieren Stecken Anleger ihr Geld in verschiedene Fonds und streuen so ihr Investment über Länder und Branchen hinweg, sind die Risiken gut beherrschbar. Friess empfiehlt besonders Börsenneulingen Indexfonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETFs), deren Investments dem jeweils zugrunde liegenden Index entsprechen. Ein DAX-ETF investiert in die 30 Standardwerte des Deutschen Aktienindexes, im MSCI World sind die wichtigsten Unternehmen verschiedener Branchen aus aller Welt gelistet. "ETFs sind günstig, weil sie den Index nur nachbilden und nicht aktiv gemanagt werden", erklärt der Finanzexperte. Die Rendite entspreche ungefähr der Wertentwicklung des Indexes. Anleger, die in einen ETF auf den MSCI World investieren, zahlen dafür jährlich 0,2 bis 0,5 Prozent. Die Gebühren für einen vergleichbaren Aktienfonds liegen bei durchschnittlich 1,5 bis 2 Prozent. "Der Fondsmanager muss also deutlich besser als der Markt abschneiden, um die höheren Kosten wettzumachen", gibt Experte Friess zu bedenken. Am besten fahren Unternehmer, wenn sie sich ein Portfolio aus verschiedenen ETFs zusammenstellen, die das Investment über die Märkte streuen, und regelmäßig investieren. Für Firmenchefs sind Aktienanlagen sogar besonders lukrativ, wenn sie diese mit der betrieblichen Altersvorsorge kombinieren. Wird die Pensionszusage für den Geschäftsführer nicht als Leistungszusage, sondern als kapitalgedeckte Beitragszusage ausgestaltet, lassen sich die hierfür vorgesehenen Gelder vollumfänglich in Wertpapiere investieren. Das Altersvermögen wird verpfändet, treuhänderisch verwaltet und damit insolvenzsicher gemacht. Das Vermögenszentrum setzt auf die Kombination von Pensionszusage und ETF-Investment, weil sich so Beiträge des Arbeitgebers in unbegrenzter Höhe steuerfrei einzahlen lassen. Auch Entgeltumwandlungen sind möglich. "Unternehmer und Führungskräfte profitieren erheblich von diesem Steuerspareffekt", sagt Friess. Der Vermögensaufbau geht deutlich schneller, Erträge werden reinvestiert. "Mit dem gleichen Portfolio lassen sich so bis zu 40 Prozent mehr Alterskapital aufbauen als bei der privaten Anlage." Steuern fallen erst im Alter an, wenn die Steuerbelastung niedriger ausfällt. Rückt der Ruhestand näher, fahren die Finanzexperten den Aktienanteil zurück und schichten einen Teil des Vermögens um, um Wertverluste durch Kursschwankungen zu vermeiden. Unternehmer können so Kapital abziehen, während der Rest des Altersvermögens weiter arbeitet. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Finanzierung www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Unternehmer verlassen sich häufig auf den Betriebsverkauf als Altersvorsorge. Das kann allerdings schiefgehen. Wer seinen Lebensstandard im Alter halten will, sollte die Absicherung auf ein breiteres Fundament stellen. Ein guter Baustein sind Wertpapiere.