Eine weitere Verteuerung droht

Die Debatte um die externen Kosten hört sich ziemlich wissenschaftlich an. Das ist sie auch. Allerdings hat sie gravierende Auswirkungen auf die Praxis. Denn wie die Berechnung der externen Kosten erfolgt, welche tatsächlich dem Verkehr angelastet werden, das hat spürbare Folgen für die Wirtschaft. So ist es nur eine Frage der Zeit, wann diese externen Kosten bei den Transportdienstleistern landen. Die Rechnung wird ihnen in der Regel über eine entsprechende Gebühr präsentiert. Auf der Straße dürfte eine Anlastung dieser Kosten mit hoher Wahrscheinlichkeit über die Maut erfolgen. Der Personenverkehr ist der Schmutzfink Daher ist es für die Politik wie auch für die Wirtschaft von großer Bedeutung, wenn es eine Studie zur Berechnung der externen Kosten gibt. Die hat im August die Allianz pro Schiene veröffentlicht. Da dies eine Lobby-Organisation der Bahnbranche ist, könnte man versucht sein, den Ergebnissen keine große Bedeutung beizumessen, da man sie als "interessengesteuert" bezeichnen könnte. Aber: Allianz pro Schiene hat Wissenschaftler vom Schweizer Infras-Institut beauftragt. Und die gelten als ausgewiesene Experten bei der Berechnung von externen Kosten im Verkehr. Zunächst mal kann man festhalten: Nicht der Güterverkehr, sondern der Personenverkehr verursacht deutlich höhere externe Kosten. 116,9 Milliarden Euro im Personenverkehr standen 2017 nur 32,5 Milliarden Euro im Güterverkehr gegenüber. Wenn also in der Bevölkerung darüber geschimpft wird, dass zum Beispiel der Lkw die Straßen beschädigt oder die Umwelt verpestet, dann ist das zwar nicht falsch. Aber der Pkw mit 103,7 Milliarden Euro verursacht deutlich höhere externe Kosten als der Lkw mit 21,2 Milliarden Euro und ist somit der größere Schmutzfink. Auf die richtige Betrachtung kommt es an Nicht weiter überraschend ist das Ergebnis der Studie zum Güterverkehr: Denn dass unter den drei Verkehrsträgern Lkw, Bahn und Binnenschiff der Lkw derjenige ist, der die höchsten externen Kosten verursacht, war schon in anderen Studien zu lesen. Doch interessant ist, welche genauen Daten dahinterstecken. In absoluten Zahlen betrachtet, verursacht der Straßengüterverkehr (ohne Lieferwagen, da die auch im Personenverkehr eingesetzt werden und deren Berechnung schwierig ist) eine Summe, die fast das Zehnfache der Bahn beträgt (21,2 Milliarden Euro gegenüber 2,6 Milliarden Euro). Der Binnenschifffahrt werden nur externe Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro angelastet. Aber: Entscheidend ist nicht die absolute Höhe der Kosten, sondern die Durchschnittskosten. Deren Höhe geben maßgeblich vor, mit welcher zusätzlichen Belastung die Verkehrsträger rechnen müssen. Die Durchschnittskosten werden ermittelt, indem die gesamten externen Kosten eines Verkehrsträgers auf die erbrachten Tonnenkilometer (tkm), also auf die Verkehrsleistung, umgelegt werden. Und da im Straßengüterverkehr eine deutlich höhere Verkehrsleistung zu Buche steht als bei den anderen beiden Verkehrsträgern, verteilen sich seine externen Kosten viel besser. Das Ergebnis (siehe Grafik Seite 26): Der Lkw verursacht externe Kosten in Höhe von 4,46 Cent pro tkm. Der Schienengüterverkehr ist mit 2,04 Cent pro tkm spürbar günstiger. Aber statt einer zehnfach höheren Belastung im Vergleich zum Güterzug lassen sich dem Lkw bei der Durchschnittskostenbelastung "nur" noch gut zweifach so hohe Kosten anlasten. Für die Binnenschifffahrt haben die Experten einen Kostensatz von 2,19 Cent pro tkm berechnet. Ein ganz entscheidende Frage bei der Ermittlung der externen Kosten ist die nach der Zusammensetzung: Welche negativen Einflüsse, die Kosten verursachen, aber nicht von den Verkehrsträgern bezahlt werden, treten bei dem Transport von Gütern auf? In der Infras-Studie werden sechs dieser Effekte untersucht: Klima, Luftschadstoffe, Unfälle, Lärm, Natur und Landschaft sowie vor- und nachgelagerte Prozesse. Für die Klimakosten spielt der CO2-Ausstoß eine wichtige Rolle. Bei den Luftschadstoffen wird beispielsweise der Ausstoß von Stickoxiden in Kosten umgerechnet. Um die Unfallkosten zu ermitteln, werden die Zahlen der Unfallstatistik herangezogen. Bei den Lärmkosten wird die Belästigung der Menschen durch Verkehrslärm (gemessen in Dezibel) in Cent pro Fahrzeugkilometer umgerechnet. Die Kostenkategorie Natur und Landschaft umfasst die Kosten durch den Verlust von natürlichen Flächen und durch Zerschneidungseffekte der Verkehrsinfrastruktur. Hier sind auch keine Emissionsfaktoren wie beim Klima oder Luftschadstoffe die Grundlage für die Berechnung, sondern die Kosten pro Kilometer Infrastruktur. Unter den Kosten für vor- und nachgelagerte Prozesse versteht man die Folgekosten für die Herstellung, den Unterhalt und die Entsorgung von Energieträgern (Treibstoffe, Strom), Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur. Dass der Straßengüterverkehr im Vergleich zur Schiene schlechter abschneidet, liegt vor allem an den externen Kosten in den beiden Kategorien Klima und Luftschadstoffe. Der Lkw verursacht 1,87 Cent pro tkm, die Güterbahnen hingegen nur 0,11 Cent. Wenn es der Nutzfahrzeugindustrie gelingen sollte, emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten, wie es Daimler jetzt angekündigt hat (siehe Seite 23), dann könnte in diesen beiden Kategorien der Lkw gleichauf liegen mit der Bahn. Lkw zahlt bereits einige externe Kosten Schlechter ist die Bilanz des Lkw auch bei Unfällen. Hier ist zu berücksichtigen, dass bei der Schiene die Kosten für Unfälle aufgrund eines Zusammenpralls mit Wegebenutzern sowie Personenunfälle (mehrheitlich Suizide) nicht dem Schienenverkehr zugerechnet werden, weil das Fehlverhalten den anderen Verkehrsteilnehmern angelastet wird. Was aus der Infras-Studie leider nicht hervorgeht: Welche der externen Kosten bereits durch die Verkehrsträger abgedeckt werden. Hier dürften die Vorteile beim Straßengüterverkehr liegen. Denn bei der Berechnung der Lkw-Maut werden bereits Kosten für die Luftverschmutzung und die Lärmbelastung berücksichtigt, allerdings nur in Cent pro gefahrene Kilometer und nicht in Cent pro tkm. Daher lässt sich nicht sagen, ob der Lkw diese externen Kosten bereits zur Gänze oder nur teilweise abdeckt. Aber im Gegensatz zur Bahn bezahlt der Lkw über die Maut zumindest einen Teil dieser Kosten. Auch wenn die Allianz pro Schiene also angesehene Wissenschaftler mit der Studie betreut hat, so hebt der Verband jedoch Zahlen als zentrale Aussagen hervor, die irreführend sind und sich leicht entkräften lassen. So heißt es bei der Allianz pro Schiene beispielsweise, dass 95 Prozent der externen Kosten die Straße produziert. Das ist als Aussage richtig, aber damit bezieht sich der Verband auf die Gesamtkosten. Dass in der Debatte um die Anlastung von externen Kosten jedoch die Durchschnittskosten die entscheidende Größe sind, verschweigt der Verband. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Umweltschutz" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Die Allianz pro Schiene hat eine neue Berechnung der externen Kosten in Auftrag gegeben. Demnach verursacht der Lkw im Güterverkehr die höchsten Durchschnittskosten. Doch weil ein Teil dieser Kosten per Lkw-Maut bereits gezahlt wird, ist unklar, welche zusätzliche Belastung auf den Straßengüterverkehr zukommen könnte. 4,46 Cent/tkm betragen die externen Kosten für den Lkw im Straßengüterverkehr.

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