Eine Nische mit Zukunft

Derzeit ist vielleicht nicht der optimale Zeitpunkt, um über den Einstieg in den Kombinierten Verkehr (KV) nachzudenken. Die Erinnerungen an das Chaos aufgrund der Sperrung der Rheintalstrecke bei Rastatt sind noch frisch. Dazu zahlreiche Stürme, die zu gesperrten Strecken führten und damit die Kalkulation so mancher Spediteure verhagelten, die im Intermodal-Geschäft unterwegs sind. Große Probleme auch im Lkw-Verkehr Andererseits: Auch im Straßengüterverkehr läuft längst nicht alles reibungslos. Neue gesetzliche Restriktionen (Stichwort: Übernachtung im Lkw), Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen und Hürden im Alpentransit (Blockabfertigung in Tirol), um nur einige, aktuelle Themen zu nennen. Nicht zu vergessen: der akute Fahrermangel. "Für uns ist klar, dass wir den Transport auf der Straße weiter zurückfahren", sagt Jörg Müller, Leiter Logistik und Spedition bei der Spedition Schmitt Peterslahr. Im Umkehrschluss ist das ein klares Bekenntnis zur Schiene, allen Widrigkeiten zum Trotz, mit denen auch das auf Volumentransporte und Baustoff- und Entsorgungsverkehre spezialisierte Unternehmen kämpft. Schmitt Peterslahr ist dennoch kein Unternehmen, das sich mit Haut und Haar dem KV verschrieben hat und bereits seit Jahrzehnten in diesem Segment tätig ist. Im Gegenteil: Die Spedition gehört zu den Neulingen. 2012 war es, als man sich in der Geschäftsleitung mit dem Thema KV befasst hat. Anlass war die bevorstehende Eröffnung des Gotthard-Basistunnels und die zunehmenden Restriktionen im alpenquerenden Verkehr. "Wir haben damals die ersten bahnfähigen Wechselbrücken gekauft, um vorbereitet zu sein, wenn eine Entscheidung für den KV fällt", sagt Müller. Als grobe Zielmarke für den Einstieg war 2016 angepeilt. Doch dann ging alles schneller. 2013 nahm der Druck durch die osteuropäische Konkurrenz nochmals spürbar zu. Als Folge verlor Schmitt Peterslahr zwei für den Italienverkehr bedeutsame Kunden. Für die Spedition Schmitt Peterslahr stellte sich die Frage: Entweder zieht man sich aus dem Italienverkehr zurück oder man sucht nach anderen Möglichkeiten. "Wir haben dann entschieden, den Einstieg in den KV vorzuziehen", so Müller. Statt 2016 feierte das Unternehmen bereits im Januar 2014 Premiere: Ein Satz Jumbo-Wechselbehälter pro Tag und Richtung pendelte zwischen dem Rheinland und Mailand. Rastatt hat die Spedition Geld gekostet Der Startschuss fiel somit deutlich früher als erwartet. Aber: Auch wenn das Unternehmen den eigenen Plan überholt hat, ist der KV kein Transport, bei dem man sich einen KV-fähigen Behälter zulegt und los geht's. Da gibt es einige Hürden zu überwinden, wie Müller aus eigener Erfahrung weiß. "Wir sind im Jumbogeschäft tätig. Daher setzen wir Wechselbehälter mit dem Profil C 73 ein, deren Innenhöhe drei Meter beträgt", sagt Müller. Diese Einheiten können nur spezielle, tiefergelegte Waggons befördern, weil sie ansonsten nicht durch die Tunnel auf der Alpenroute passen. Dafür entsprechende Eisenbahnunternehmen zu finden war nicht so einfach. "Wir haben anfänglich mit einem niederländischen Operateur zusammengearbeitet", sagt Müller. Doch dann wollte Müller mehr Wechselbehälter auf die Schiene setzen mit mehreren Abfahrten pro Tag und zusätzlich auch aus Ludwigshafen heraus Ladeeinheiten per Bahn befördern lassen. In der Folge hat er sich für Hupac als Operateur entschieden. "Mittlerweile fahren wir 12 bis 14 Wechselbehälter pro Tag im KV", sagt Müller. Da bietet die Hupac als großer Operateur das, was er benötigt. Doch nicht nur die Suche nach einem Operateur muss ein KV-Neuling einplanen. "Man benötigt bahnfähiges Equipment. Die Brücken müssen mit dem ILU-Code ausgestattet sein, und um sie zu verplomben, benötigt man eine Zollschnur", zählt Müller einige wenige Beispiele für Maßnahmen auf, die zu erfüllen sind, wenn man im KV tätig sein möchte. Zudem müssen die Fahrer und das Equipment in den Terminals registriert werden: "Sonst werden sie am Tor der Umschlaganlage abgewiesen." Bei 140 KV-fähigen Wechselbrücken, die das Unternehmen mittlerweile besitzt, ist auch dies zu berücksichtigen. Müller nennt weitere Nachteile: "Die Laufzeiten auf der Schiene sind länger. Und die Lkw im Vor- und Nachlauf müssen ausgelastet werden. Daher benötigt man mehr Wechselbrücken als im reinen Straßengüterverkehr." Zudem können Störungen nicht so flexibel wie im Straßengüterverkehr abgefangen werden. Bestes Beispiel ist die Sperrung der Rheintalstrecke für sieben Wochen im letzten Jahr, von der auch Schmitt Peterslahr betroffen war. "Rastatt hat uns Geld gekostet. Damit waren Mehraufwendungen verbunden, die wir nicht komplett weitergeben konnten. Da kommen wir dann auch mal an einen Punkt, wo wir uns fragen, ob sich der KV wirklich lohnt", sagt Müller. Also auch Tiefschläge muss man einstecken können, wenn man intermodal fährt. Aber: Den Hürden stehen auch gewichtige Vorteile gegenüber. "Der KV ist im Vergleich zum Lkw wettbewerbsfähig", sagt Müller, wobei er aber gleich einschränkt: Er ist auch nicht günstiger. Doch dafür gibt es andere Vorteile. Die Zugmaschine und der Fahrer können für mehr Sendungen eingesetzt werden. "Ein Lkw im KV kann am Tag zweimal den Vor- und Nachlauf abwickeln und noch eine dritte Sendung transportieren. Im Fernverkehr ist die Zugmaschine hingegen nur für eine Ladung im Einsatz." Zudem sind die Ladungsgewichte im KV um vier Tonnen höher und eine Sendung kann am Freitag aufgegeben werden und ist dann am Montagmorgen in Italien. Und der Umweltaspekt spielt ebenfalls eine Rolle. "Zwar stimmt der Ausspruch, dass die Kunden deswegen nicht bereit sind, mehr Geld zu zahlen. Aber bei annähernd gleichen Konditionen sind sie schon bereit, ihre Strukturen auf die nicht so flexiblen Anforderungen der Bahn anzupassen", so Müller. Angesichts immer neuer Belastungen für den Straßengüterverkehr im Alpentransit und angesichts des Fahrermangels gibt es für Müller keine Zweifel: "Der Straßentransport wird erheblich teurer. Da kann die Lösung nur sein, dass man die Verkehrsträger miteinander vernetzt." Im Vergleich zu Schmitt Peterslahr ist die Spedition Paneuropa Transport ein alter Hase - obwohl das Unternehmen auch erst seit 2002 Ladeeinheiten auf die Schiene setzt. Aber mittlerweile gehört die Spedition zu Kombiverkehrs Top-Ten-Kunden und bucht komplette Züge, um diese dann mit eigenen Einheiten auszulasten. Durststrecken sind unvermeidlich Hemmes Rat an Neulinge: "Mal eben reinschnuppern und testen: Das ist schwierig im KV", sagt der Geschäftsführer von Paneuropa Transport. "Entweder ich bin überzeugt, dass der KV die Zukunft ist, oder ich lasse die Finger davon", so Hemme. Diese Überzeugung muss auch dann standhalten, wenn es mal nicht so gut läuft. Gerade in den Anfangszeiten müsse man ein Durchhaltevermögen haben, um mal eine Durststrecke zu durchschreiten. "Bei uns gab es in den ersten Jahren auch Zweifel und wir haben uns die Frage gestellt: 'Ob das schlau war?' Aber wir waren überzeugt und sind es noch immer", sagt Hemme. Dass die Anschaffung der KV-fähigen Trailer teurer ist und damit auch ein Gewichtsverlust verbunden ist, weil die Trailer schwerer sind, lässt er nicht gelten: "Der preisliche Unterschied beträgt etwa 2000 Euro. Bei achtjähriger Nutzungsdauer also 250 Euro pro Jahr. Das ist nicht bedeutend." Und die KV-fähigen Trailer haben etwa 300 Kilogramm weniger Nutzlast. "Das kann für manche ein Problem sein. Aber auch wir sind regelmäßig auf der Straße im Alpentransit unterwegs und sehen das nicht als ein Argument an, nicht in den KV zu investieren." Neueinsteiger müssen sich laut Hemme darauf einstellen, dass sie mehr Ladeeinheiten benötigen. "Dafür kommen sie aber mit weniger Fahrzeugen und Fahrern aus. In Krisenzeiten wie 2008/2009 ein großer Vorteil", sagt Hemme. Und er findet auch noch Fahrer, trotz Fahrermangel. Denn seine Trucker im Vor- und Nachlauf sind in der Regel am Abend zu Hause, auf jeden Fall aber pünktlich an jedem Wochenende, was im Fernverkehr nicht der Fall ist. Zu beachten ist im KV ferner, Abstellfläche an den Terminals, die bedient werden, einzuplanen. "Das haben wir in Köln-Eifeltor gemerkt, wo es nicht genug Platz gab. Wenn dann in den Sommerferien weniger zu tun ist, müssen Sie Platz finden für Ihre Trailer", sagt Hemme. Wobei dieses Problem womöglich erst auf die Unternehmen zutrifft, die wie Paneuropa Transport zahlreiche Einheiten auf der Schiene abwickeln. Nach Hemmes Ansicht ist es auf Dauer auch notwendig, mit anderen Spediteuren zu kooperieren, Sendungen auszutauschen. "So können Sie Ihr eigenes Netz und ihr Equipment besser auslasten." Partner benötigt man seiner Ansicht auch dort, wo man nicht selbst vor Ort ist. "Die Partner sollten dann gleich getaktet sein. In unserem Falle sollten sie beispielsweise über das IFS-Zertifikat verfügen", empfiehlt der Spediteur. Die schönste Sache der Welt, wenn ... Und man muss seine Mitstreiter begeistern für den KV. "Zunächst natürlich die Kunden. Ohne die geht es nicht", sagt Hemme. Aber auch die Disponenten wollen überzeugt werden. Eine Disposition im KV sei ganz anders als im Straßengüterverkehr. Wenn es läuft, sei der KV die schönste Sache der Welt. Aber wenn es Verspätungen gibt, was gerade jetzt häufig der Fall sei, ist es schwierig: "Da kann dann schon mal ein Zug wegen einer Flüchtlingskontrolle zwölf Stunden stehen. Und diese Verzögerung kann man anders als auf der Straße auch nicht mehr reinholen." Doch in Summe glaubt Hemme fest an den KV. Auch weil die Schiene wettbewerbsfähig sei im Vergleich zum Lkw. Wobei er einschränkt, dass dies nicht auf alle Relationen zutrifft. Und nur, wenn auch die Qualität stimmt. "Und daran arbeiten wir, permanent", sagt der Spediteur. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Railcargo www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Zusammenarbeit mit Kombiverkehr Ohne ein Bürgschaftsformular der Hausbank geht es nicht Die Kombiverkehr gilt als größter Operateur Europas. Zahlreiche deutsche Speditionen arbeiten mit dem Unternehmen zusammen. Wer Transporte mit Kombiverkehr abwickeln will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So müssen die Ladeeinheiten für den Schienenverkehr technisch geeignet und zugelassen sein. Da darf der ILU-Code nicht fehlen. Zudem müssen Speditionen Kombiverkehr Angaben machen zum Versender, Empfänger und Frachtzahler der zu transportierenden Ladeeinheit.Pflicht ist zudem die Teilnahme an dem Stundungsverfahren von Kombiverkehr beziehungsweise die Einrichtung eines Depotkontos, welches Kombiverkehr dann zum Ausgleich bestehender Forderungen belastet. Dann müssen noch folgende Unterlagen Kombiverkehr beziehungsweise der Deutschen Verkehrsbank vorliegen:- das Formular "Ihre Firmendaten"- das Formular "Ihre Angaben für die Verkehrsfreigabe"- das von der Hausbank bestätigte Bürgschaftsformular- Teilnahmeerklärung zum Stundungsverfahren der Kombiverkehr cd

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