Einblick in Nahles' Pläne

Der Aufschrei der Arbeitgeber hat Wirkung gezeigt: Andrea Nahles (SPD) ist der Wirtschaft bei der strengeren Regulierung von Werkverträgen und Leiharbeit, die sie bis 2017 plant, entgegengekommen. Die Bundesarbeitsministerin hat den Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz im Sinne der Unternehmen überarbeitet, nachdem diese das Papier im vergangenen November kritisiert hatten. Einige der vorgeschlagenen Vorschriften, um den Missbrauch von Fremdpersonal durch Werkverträge oder Leiharbeit zu verhindern, hat Nahles deshalb entschärft. Teilen der CDU/CSU geht der ausgehandelte Kompromiss aber immer noch nicht weit genug. Ob der geänderte Gesetzentwurf jedoch nochmals korrigiert wird, ist bislang unklar (siehe Kasten). Kriterienkatalog wurde gestrichen Herausgenommen wurde aus dem ersten Referentenentwurf der umstrittene Kriterienkatalog, der definieren sollte, wann ein Werkvertrag vorliegt und wann nicht. Diese Liste sollte acht mögliche Missbrauchstatbestände enthalten. Sie hätte dazu geführt, dass Geschäftsmodelle wie das Auslagern industrieller Dienstleistungen in seiner derzeitigen Form kaum mehr möglich gewesen wären und in diesem Bereich tätige Kontraktlogistikunternehmen regelmäßig unter Generalverdacht gestanden hätten. Letztere hätten ihre Prozesse aufwendig ändern müssen. Zum Beispiel wäre allein die räumliche Nähe zum Auftraggeber oder die Nutzung seiner Betriebsmittel - häufig Usus beim Outsourcing - ein Problem gewesen. Die Neufassung enthält lediglich eine allgemein formulierte Definition des Arbeitnehmerbegriffs. Damit will Bundesarbeitsministerin Nahles die bestehende Rechtsprechung zur Abgrenzung abhängiger und scheinselbstständiger Arbeit zusammenfassen und gesetzlich festschreiben. Gesetzgeber definiert den Arbeitnehmer Dazu soll es einen neuen Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch geben. Er lautet: "Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen", heißt es im Gesetzentwurf. Und weiter heißt es: "Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann." Bei der Abgrenzung von anderen Arbeitsverhältnissen stellt der Gesetzgeber mittlerweile klar, dass dabei eine Gesamtbetrachtung notwendig ist. Nicht die Bezeichnung oder der formale Inhalt im Vertrag, sondern dessen tatsächliche Durchführung sei maßgeblich. Verleiherlaubnis schützt nicht mehr Nach wie vor beinhaltet Nahles' Gesetzentwurf ein Verbot der Vorratsverleiherlaubnis. Das bedeutet, bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung werden der vermeintliche Werkunternehmer (Verleiher) und sein Auftraggeber auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt als derjenige, der unerlaubt oder illegal Arbeitnehmerüberlassung betreibt. Bisher schützt eine Erlaubnis für Leiharbeit den vermeintlichen Werkvertragsunternehmer bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung. Fliegt der Schwindel auf, kann er sich darauf berufen, wodurch ihm lediglich ein Rückfall auf die Konditionen der Leiharbeit droht. Dem betroffenen Fremdpersonal muss er in einem solchen Fall bloß die Differenz zum Lohn des Stammpersonals nachzahlen. Künftig soll den Werkvertragsunternehmer eine Verleihererlaubnis nicht mehr schützen. Bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung nimmt der Gesetzgeber ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeiter und dem Entleiher an. Das heißt, das ursprünglich fremde Personal geht auf das Unternehmen, das dieses regelwidrig einsetzt, über. Dem Leiharbeiter stehen somit für den Rest der Vertragslaufzeit dieselben tariflichen Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen zu wie der Stammbelegschaft. Überlassung auf 18 Monate begrenzt Der überarbeitete Gesetzentwurf sieht noch immer eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten für Leiharbeiter vor. Liegen zwischen zwei Einsätzen bei demselben Entleiher allerdings weniger als sechs Monate, wird der erste Zeitraum der Überlassung vollständig angerechnet. Abweichungen sollen jedoch erlaubt sein, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber tarifvertragliche Vereinbarungen getroffen haben. Diese Möglichkeit, die bereits im ersten Gesetzentwurf enthalten war, hat die Bundesarbeitsministerin jetzt erweitert und auch für nicht tarifgebundene Unternehmen geöffnet. Diese müssen nun lediglich Bezug auf Regelungen des Tarifvertrags der jeweiligen Einsatzbranche nehmen. Voraussetzung: Dieser Tarifvertrag muss eine Öffnungsklausel für Betriebs- und Dienstvereinbarungen enthalten. Maximal dürfen sie Leiharbeiter aber über einen Zeitraum von 24 Monaten einsetzen. Ursprünglich wollte Nahles für Unternehmen ohne Tarifvertrag eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten vorschreiben, damit diese einen Anreiz haben, wieder in die Tarifbindung zurückzukehren. Die Arbeitgeber hatten dagegen aber protestiert. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit kommt Bei der Bezahlung von Leiharbeitern ist der Gesetzgeber nicht so nachsichtig. Unverändert sollen diese bei vergleichbarer Tätigkeit spätestens nach neun Monaten das gleiche Bruttoentgelt erhalten wie die Stammbeschäftigten beim Entleiher ("Equal pay"). Der überarbeitete Gesetzentwurf sieht vor, dass Gewerkschaften und Arbeitgeber lediglich in (Branchen-)Zuschlagtarifverträgen davon abweichend eine stufenweise Angleichung des Entgelts über 15 Monate hinweg vereinbaren dürfen. Zunächst waren hier zwölf Monate vorgesehen gewesen. Diese schrittweise Heranführung muss spätestens ab der sechsten Woche beginnen. Wie bereits bekannt sein dürfte, will Nahles darüber hinaus dem Betriebsrat mehr Informationsrechte einräumen. Und sie plant einige gesetzliche Klarstellungen auf Basis der ständigen Rechtsprechung, die heute meistens schon der Praxis entsprechen. So ist vorgesehen, dass Betriebe Leiharbeiter nicht mehr als Streikbrecher einsetzen dürfen. Zudem wird gesetzlich klargestellt, dass der Ketten- oder Weiterverleih von Leiharbeitern durch den Entleiher verboten ist. Bei Zuwiderhandlung gilt ein Arbeitsverhältnis des Leiharbeiters zu dem Einsatzunternehmen als zustande gekommen, bei dem die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird. Nicht zuletzt ist erstmals gesetzlich geregelt, dass Leiharbeiter auch bei den organisatorischen und wahlbezogenen Schwellenwerten (Mitbestimmung) im Unternehmen auch beim Entleiher unter bestimmten Bedingungen zu berücksichtigen sind. Verstöße kosten bis zu 30.000 Euro Sowohl der Entleiher als auch der Verleiher handeln künftig auch dann ordnungswidrig, wenn Letzterer "einen Leiharbeitnehmer ohne ausdrückliche Bezeichnung als Arbeitnehmerüberlassung und Konkretisierung der Person des Leiharbeitnehmers überlässt oder tätig werden lässt". Dasselbe gilt bei einem Kettenverleih oder dem Überschreiten der zulässigen Höchstüberlassungsdauer. Diese Tatbestände sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz analog zu den neuen Vorschriften ergänzt worden. Bei jedem der genannten Verstöße droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro. Der entsprechende Vertrag wird zudem unwirksam. Ein Leiharbeiter hat aber ein Widerspruchsrecht, was in diesem Fall verhindert, dass das betreffende Arbeitsverhältnis automatisch vom Verleiher auf den Entleiher übergeht. Er muss dafür binnen eines Monats nach Beginn der Überlassung beziehungsweise ab dem Unwirksamwerden schriftlich erklären, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Verträge" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Koalitionskrach Die Union stellt sich quer, Nahles schaltet auf stur Weil die CSU sich querstellt, kann derzeit die Ressortabstimmung nicht eingeleitet werden, also das übliche Verfahren der Abstimmung des Gesetzesentwurfs zu Werkverträgen und Leiharbeit in der Bundesregierung. Nahles' Neufassung gehe über das hinaus, was im Koalitionsvertrag stehe, monieren die Christlich Sozialen. Sie sehen bei den Vorschriften zu Leiharbeitsverhältnissen noch Korrekturbedarf. Die Bundesarbeitsministerin zeigte sich indes empört, dass ein Teil der Union blockiert und betonte, "nicht ein Komma" an dem jüngsten Kompromiss ändern zu wollen. Nun entscheidet voraussichtlich die Bundeskanzlerin, wie es damit weitergeht. ag

Luftfracht: DHL Express und Shell kooperieren

Konjunktur: KfW Research senkt Wachstumsprognose

Export: USA bleiben wichtigster Handelspartner

Batteriehersteller: Northvolt beantragt Gläubigerschutz

Deutsche Wirtschaft wächst im dritten Quartal minimal

Alle Schlagzeilen

Einblick in Nahles' Pläne

HASHTAG

#Wirtschaftsrecht

Gericht: VW-Manipulationssoftware kein Grund für Rückgabe des Wagens

DSLV und BGL erwägen gemeinsame Geschäftsbedingungen

EU-Gericht bestätigt Geldbußen gegen Luftfrachtkartell

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Area HR Business Partner

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER