Ein Sonderangebot (fast) Verzicht

Das könnt ihr haben, dachten sich wohl die Hyundai-Mitarbeiter, als sie unsere Hauptkritikpunkte zum ersten H1-Dauertester (siehe VR 16/2012) lasen. Ein Motorenupdate auf Euro 5, ein variableres Innenraumkonzept, vor allem aber eine sechste Fahrstufe wünschten wir uns nach dem 100.000-Kilometer-Dauertest mit dem Koreaner. "Alles mittlerweile lieferbar," meldete die Hyundai-Pressestelle und schickte umgehend "Heinz 2" (wie der schwarze H1 in der Redaktion liebevoll genannt wurde) in ein weiteres "Langdistanz-Rennen". Hauptunterschied zum gelben Vorläufer, abgesehen von den oben angesprochenen Neuerungen: Statt der bärenstarken, aber für den Transporteinsatz etwas übertriebenen 170-PS-Einstellung des 2,5 Liter großen CRDi-Vierzylinders beschieden wir uns diesmal mit der Ende 2011 nachgeschobenen Version mit 136 PS. Auch weil die Topmotorisierung mittlerweile nur noch in Verbindung mit einer durstigen Fünfgangwandler-Automatik zu haben ist. Zudem erspart der Verzicht immerhin 900 Euro bei der Anschaffung und macht den H1 damit noch mehr zum Sparangebot. 26.550 Euro werden für den werkseitig nahezu komplett ausgestatteten H1 Travel "Comfort" fällig. Dazu gönnten wir uns Perleffekt-Lackierung, Anhängevorrichtung, Einparkhilfe sowie die herausnehmbar ausgeführte dritte Sitzreihe und das Radio-Navigationssystem von Pioneer. Komplett ausgestatteter Testwagen Ergibt einen Endpreis von 30.251 Euro. Zum Vergleich: Für einen VW T5 Caravelle oder einen Mercedes Vito Tourer werden schnell bis zu 10.000 Euro "Aufpreis" fällig. An deren Variabilität kommt der Hyundai dafür weiterhin nicht heran. Klapp- und wickelbare oder gar herausnehmbare Sitze sind im Heimatland Korea nämlich nicht gefragt,weshalb Hyundai lediglich eine Nachrüstlösung anbieten kann. Die ist mit 1672 Euro zwar teuer, beinhaltet aber lediglich einen Schnellverschluss zum Ausbauen der dritten Sitzbank. Die Demontage des Möbels gelingt dann auch einfach und schnell, für den Wiedereinbau mussten viele Kollegen aber mehr Zeit und Mühe und vor allem Muskelkraft aufwenden, bis alle nötigen Rastlöcher sicher verriegelten. Deutlich mehr Fortschritt brachte die zusätzliche Fahrstufe, die vor allem auf der Autobahn das Drehzahlniveau senkt. Allerdings arbeitet der CRDI-Common-Rail-Diesel bei 120 km/h im sechsten Gang immer noch mit 2500/min und dreht damit höher als die meisten Mitbewerber. "Sehr angenehm, dass der H1 nicht zu Tode übersetzt wurde," lautet ein erfreuter Eintrag ins Fahrtenbuch. Soll heißen: Der CRDI-Selbstzünder treibt den leer 2360 Kilogramm schweren Testwagen souverän an, stellt in nahezu allen Lebenslagen Vortrieb bereit und bewältigt fast jede Autobahnsteigung locker im sechsten Gang. Dazu trägt ebenfalls bei, dass der H1 mit seinen 2,5 Litern im Vergleich zur Konkurrenz mittlerweile ein echter Hubraumriese ist. Die fehlenden 34 PS und lediglich 98 Newtonmeter Drehmoment zum Dauertest-Vorgänger vermisste deshalb kaum ein Kollege. Zumal auch Heinz 2 bei Bedarf locker Tacho 180 rannte. 9,3 l/100 km Durchschnittsverbrauch Das - trotz Sechsganggetriebe - zur Konkurrenz immer noch höhere Drehzahlniveau ist allerdings auch der Grund dafür, dass der derzeit größte in Europa lieferbare Hyundai in Sachen Verbrauch weiterhin nicht ganz mit dem Wettbewerb mithalten kann. Exakt 7286 Liter Dieselöl ließ sich der in "Timeless-Black-Perleffekt" lackierte Dauertester während der 78.344 Kilometer Dauertest-Distanz schmecken. Ergibt einen Durchschnittsverbrauch von 9,3 l/100 km. Das sind zwar 0,3 l/100 km weniger als der Fünfgang-Vorgänger, aber eben doch mehr als mancher Wettbewerber im Dauertest vorlegte, wie etwa der parallel laufende Ford Tourneo Custom mit 8,8 l/100 km (siehe Seite 174/175). Gleiches gilt weiterhin für die kurzen Wartungsintervalle. Alle 20.000 Kilometer musste der Hyundai einen Boxenstopp einlegen, bei dem jedesmal 7,4 Liter frisches Motoröl fällig wurden. Da lässt mancher Hersteller seine Transporter mittlerweile bis zu 30.000 Kilometer länger auf der Strecke, weshalb die Koreaner hier schnell nachbessern sollten. Häufiger Ausfall der Leuchtmittel Dann findet hoffentlich endlich auch ein Wartungsrechner in die H1-Elektrik, denn wann der Service fällig wird, muss der Kunde weiterhin selbst im Blick behalten. Ebenfalls gilt es, die Beleuchtungsanlage im Blick zu behalten. Denn wie schon der Vorgänger "verlor" auch Heinz 2 regelmäßig die Leuchtmittel seines Abblendlichts. Genauer gesagt, wir klemmten uns insgesamt fünf Mal die Finger im engen Motorraum, um die Leuchtmittel zu ersetzen. Das erfordert vor allem beim linken Scheinwerfer viel Geduld und Verrenkungen, weil hier der Zugang zum Scheinwerfer von der Batterie versperrt wird. Ansonsten verrichtete der Hyundai zuverlässig seinen Dienst, auch wenn er keine gänzlich lupenreine Bilanz vorweisen kann: "Keine Leistung mehr beim Beschleunigen," meldete ein Redakteur bei der Rückkehr von einer Dienstreise. Für den Grund konnte der H1 aber nichts. Ein Marder hatte sich am Unterdruckschlauch abreagiert. Kaum 500 Kilometer später trat das Problem allerdings erneut auf. Diesmal machte die Werkstatt einen verstopften Dieselfilter als Ursache aus. Was bei Hyundai übrigens nicht in den Rahmen der Gewährleistung fällt, weshalb wir die 99 Euro für den Filterwechsel selbst bezahlen mussten. Auf Hyundai-Rechnung ging dagegen die Reparatur der Klimaanlage, die bei Kilometerstand 71.224 den Dienst quittierte. Kein Kühlmittel mehr lautete die Diagnose. Die Werkstatt zog alle Schraubenverbindungen nach und füllte auf. Ab da funktionierte die Kühlung wieder zuverlässig. Über den ganzen Testzeitraum Unmut löste dagegen das über die Hyundai-Zubehörliste für happige 1500 Euro bestellbare Radio-Navigationssystem von Pioneer aus. Von "die Bedienung ist eine einzige Fummelei" bis zu "extrem schlechter Radioempfang" lauteten die verärgerten Einträge im Fahrtenbuch. Zudem wähnte die Navigation den H1 ab und zu auf einer völlig anderen Straße, als gerade befahren wurde und versagte pünktlich zum Testende gänzlich den Dienst. Hyundai beugt dem Rost gut vor Die Gründe dafür konnten auch bei der Abschlussuntersuchung beim ADAC nicht ermittelt werden. Dafür hatte der Prüfer gleich einen Tipp gegen den Glühlampenkonsum des H1 parat. Ein sogenannter knapp zehn Euro teurer Spannungskiller, der einfach zwischen Plus- und Minuspol der Batterie geschaltet wird, unterdrückt Spannungsspitzen im Bordnetz, die vor allem beim Starten des Motors auftreten können. Ansonsten bescheinigte er dem Testwagen einen guten Gesamtzustand. Vor allem bei Korrosions- und Rostvorsorge hat Hyundai seine Hausaufgaben gemacht. Trotz einer relativ dünnen Lackschicht von durchschnittlich 80 µm gingen zwei streusalzintensive Winter spurlos am H1 vorüber. Lediglich im Innenraum warfen die Sitzpolster erste Falten und von den Rücksitzen kam beim Überfahren von Bodenwellen ein vernehmliches Poltern. Der H1 bleibt das Klassensonderangebot Kleinigkeiten, über die Hyundai-Eigner angesichts des günstigen Anschaffungspreises sicher gerne hinwegsehen. Günstige Preise müssen sie allerdings auch beim Wiederverkauf einkalkulieren. Nach Testende war unserer Dauertester laut DAT-Portal noch 11.668 Euro im Einkauf Wert. In Internet-Gebrauchtwagenbörsen werden ähnliche Exemplare ab 15.500 Euro angeboten. Vergleichbare T5 oder Vito durchbrechen da immer noch locker die 20.000-Euro-Marke. Weshalb am Ende für Neuwagen- wie Gebrauchtwagen-Käufer das gleiche Fazit gilt: Verdammt viel Van und Ausstattung fürs Geld! Auch wenn man beim Hyundai-Transporter in einigen Punkten wie Verbrauch, Service und Variabilität ein paar Abstriche und teilweise etwas höhere Kosten einkalkulieren muss. Alle Tests und Fahrberichte seit dem Jahr 2008 für Premium-Abonnenten unter www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank H1-Modellhistorie Nach dem Starex kam der modernere H1 - 02/2008: Einführung H1 Kasten, 125 kW (170 PS)- 07/2008: Einführung H1 Travel, 125 kW (170 PS)- 11/2008: Einführung 110 PS (Cargo) und 136 PS (Travel)- 7/2010: Travel mit 110 oder 170 PS, drei Varianten: Classic, Comfort, Premium, Wegfall 136 PS- 4/2011: neuer Basismotor mit Sechsganggetriebe, 116 PS Euro 5- 10/2011: alle Motoren erfüllen Euro 5, Wiedereinführung 136 PS, 170 PS nur noch mit 5-Stufenautomatik bj Fragen an Hyundai Karl Hell, Direktor After-Sales bei Hyundai Zu den Auffälligkeiten äußerte er sich wie folgt:- Immer wieder ausfallende Leuchtmittel der Frontscheinwerfer:"Uns ist keine Häufung bekannt, wie von Ihnen beschrieben. Auch eine Rückfrage bei unserer Kundenbetreuung, dem technischen Portal und unserem Garantiebereich ergab ebenfalls keine Auffälligkeit zur Standhaftigkeit des Abblendlichts beim H1."- Zum kurzen Wartungsintervall von 20.000 Kilometern und der Einführung eines Wartungsrechners:"Mit drei Jahren Garantie ohne Kilometerbegrenzung und einem Serviceintervall von 20.000 Kilometern braucht der H1 den Wettbewerbsvergleich unserer Meinung nach nicht zu scheuen. Eine Erhöhung des Intervalls ist deshalb vorerst nicht vorgesehen. Ebenso nicht die Einführung eines Wartungsrechners."- Das fehlende Kühlmittel in der Klimaanlage bei km-Stand 71.224"Da wir weder im technischen Händlerportal noch bei den Garantiefällen eine Häufung dieses Problems verzeichnen können, gehen wir beim Klimamittel-Verlust von einem Einzelfall und keinem generellen Problem aus. "

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