Amazon Flex: Ein heißes Eisen

Clever oder illegal? Kurz vor Weihnachten packt Amazon ein heißes Eisen an und rollt in Deutschland "Amazon Flex" aus. Ab sofort nutzt das Unternehmen auch Privatleute als Paketboten. Geschicktes Fahrer-Recruiting? Und solange diese "Privatleute" für die Paketzustellung mit ihren Fahrzeugen die 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht nicht überschreiten (inklusive Anhänger), brauchen sie in Deutschland auch keine Güterkraftverkehrslizenz. Sprich: Sie benötigen weder fachliche Eignung, finanzielle Zuverlässigkeit noch einen entsprechenden Versicherungsschutz. "Private" Paketboten, de facto sind es selbstständige Unternehmer, brauchen nur einen Gewerbeschein und ein Maß an Naivität. Denn sonst tut man sich dies nicht an, wenn man weiß, wie hart Paketzusteller schuften. Selbst wenn Amazon bis zu 16 Euro Stundenlohn zahlt (die Frage ist, ab wie vielen Paketen), läuft das Ganze wohl auf ein Nullsummenspiel für die neuen Selbstständigen heraus. Aber das ist nicht der Punkt. Selbstausbeutung ist hierzulande schließlich nicht verboten. So gesehen ist Amazon Flex äußerst clever (siehe Seite 20). Denn letztlich rekrutiert Amazon unter Ausnutzung der bestehenden gesetzlichen Lücken nur äußerst geschickt neue Fahrer. Andere Paketdienste hätte dies auch tun können. Nun müssen sie gar befürchten, dass sie Amazon gar nicht mehr braucht. Trotzdem kann Amazon Flex nicht die Antwort auf den Fahrermangel sein. Denn dieser Beruf leidet vor allem unter seinem schlechten Image. Und dieses wird nicht dadurch besser, weil nun jeder Pakete zustellt, der über einen Führer- und Gewerbeschein verfügt. Die deutsche Wirtschaft muss aufpassen, dass sie ihre Wettbewerbsvorteile in puncto Berufszugang und fachliche Eignung nicht vorschnell opfert, nur weil Endverbraucher im Internet billig einkaufen wollen. Da ist auch der Gesetzgeber gefordert!

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