DSLV-Unternehmertag

DSLV-Unternehmertag Man versteht sich wieder Wie der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Klaus-Dieter Scheuerle, auf dem DSLV-Unternehmertag in Bremen das heiße Thema PKW-Abgabe umschiffte und warum er glaubt, dass von den derzeitigen Kontrollen in der Luftfracht eine „Scheinsicherheit“ ausgeht. Man kennt das ja aus dem Fußball: Je energischer ein Dementi ist, desto mehr ist dran an einem Gerücht. So konnte, so musste man nahezu die Ausführungen von Klaus-Dieter Scheuerle, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, zur PKW-Abgabe verstehen. Gerd-Jürgen Britsch, Spediteur aus Stuttgart, hatte Scheuerle nach dessen Rede auf dem Unternehmertag des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV) gefragt, warum sich die Regierung scheut, eine PKW-Vignette in Höhe von 100 Euro einzuführen. Damit könne man doch das dringend für die Finanzierung der Infrastruktur benötigte Geld eintreiben. „Da kämen netto 1,5 bis 2 Milliarden Euro zusammen“, sagte Britsch. „4,5 Milliarden“, unterbrach ihn Scheuerle. „Ich bin gerne bereit, das Geld zu zahlen, wenn wir dafür die Garantie haben, weit weniger häufig in Staus zu stehen“, fuhr Britsch fort. Scheuerle erwiderte, dass dazu als geeignetes Instrument auch die Erhöhung der KFZ-Steuer zur Verfügung stünde. Und plötzlich sagte er: „Ich werde alles von mir weisen, was bestätigend ausgelegt werden könnte, wir würden so etwas überlegen.“ Aha. Man wurde den Eindruck nicht los, dass da einer sprach, der über die in seinem Haus offensichtlich angestellten Berechnungen genau Bescheid weiß. Der aber plötzlich kalte Füße bekam, weil er ebenso weiß, dass dieses Thema ein heißes Eisen ist, von dem man lieber die Finger lässt, bevor man sich selbige verbrennt. Dass aber eine solche Abgabe ihren Reiz ausübt, verdeutlichten Scheuerles Aussagen zum Verkehrshaushalt zuvor. Einerseits sagte er: „Wir können mit den in letzter Woche vom Haushaltsausschuss geneh-migten 9,75 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre zufrieden sein.“ Denn vor dem Hintergrund zahlreicher Begehrlichkeiten seien die 9,75 Milliarden Euro ein schöner Erfolg. Die andere Seite der Medaille sparte Scheuerle jedoch nicht aus: „Eigentlich bräuchten wir 11,4 Milliarden Euro im nächsten und 11,8 Milliarden Euro die folgenden Jahre, um so den Bedarfsplan abzubauen.“ Daher lautete sein Fazit: „Diese 9,75 Milliarden sind letztendlich zu wenig.“ Eine PKW-Vignette könnte diese Lücke also mehr als füllen ... Doch solange die Politik sich nicht daran wagt, so lange knackt es weiterhin im Gebälk der Verkehrssysteme. „Wir müssen eine Effizienzsteigerung bei allen Verkehrsträgern erreichen“, forderte DSLV-Präsident Mathias Krage. „Bei der prognostizierten Verkehrsentwicklung von plus 70 Prozent in den nächsten 15 bis 20 Jahren brauchen wir die Kapazitätsreserven aller Verkehrsträger“, sagte der DSLV-Chef. IDS: Interesse an 100 Lang-LKW Deshalb forderte er Innovationen für den deutschen Logistikstandort. Dazu zähle auch der Lang-LKW. „Daher sind wir sehr zufrieden, dass die Bundesregierung an dem Feldversuch für Lang-LKW festhalten will“, so Krage. Das Interesse der Spediteure an solchen Fahrzeugen sei groß, wie der Spediteur aus Hannover – Mitglied in der Kooperation IDS – aus eigener Erfahrung berichten konnte. „Unsere Ko-operation wird hier sicherlich über 100 Einheiten bestellen“, sagte Krage. Scheuerle machte deutlich, dass das Verkehrsministerium nicht gewillt ist, Lang-LKW mit mehr als 44 Tonnen zuzulassen. Das wäre eine zu große Belastung für die ohnehin schon maroden Brücken. „Es kommt hier nicht auf die Achslast an, sondern auf das gesamte Gewicht des LKW, der auf der Brücke steht oder fährt“, sagte er. Auf die Frage von Spediteur Wolfgang Kentner, wo denn nun nach dem Veto einiger Bundesländer der Feldversuch stattfinden werde, antwortete der Staatssekretär, dass auf allen Bundesstraßen und Bundesautobahnen ein Lang-LKW zum Einsatz kommen könne. „Allerdings: Wenn der LKW die Bundesstraßen verlässt, müssen wir davon ausgehen, dass es in den Ländern, die sich gegen den Lang-LKW ausgesprochen haben, keine Genehmigung geben wird.“ Willem van der Schalk, Vizepräsident des DSLV, nahm zum Thema Sicherheit im Transport Stellung. „Klassische Luftfracht, die gemäß der EU-Verordnung 300 durchgeführt wird, halten wir grundsätzlich für ausreichend sicher, wenn lückenlos die Schnittstellen kontrolliert werden“, betonte der Spediteur. Die Spediteure seien vom Gesetzgeber dazu verpflichtet worden, dass nur reglementierte Beauftragte vom Werk bis zum Flugzeug den Transport übernehmen dürfen. „Deutsche Luftfrachtspediteure halten sich an diese Verordnung“, sagte van der Schalk. Er wies darauf hin, dass es die jüngsten Sprengstofffunde nicht in der klassischen Luftfracht gab, sondern bei der Post und den Integrators. Diese Unternehmen hätten jedoch eine andere Klientel, nicht nur Industrie und Handel, sondern auch Privatpersonen. Er zeichnete die Konsequenzen auf, was passiert, wenn alle Fracht vor der Beladung geröntgt werden müsste: „Die Supply Chain wird erheblich beeinträchtigt.“ Van der Schalk betonte, dass Sicherheit für die Speditionen das „allererste Gebot in der Luft und auch zu See“ sei. „Aber es kann nicht sein, dass erneut unser Berufsstand die alleinigen Kosten dafür aufzubringen hat, weil der Staat die Sicherheit auf uns abwälzt“, warnte er die Politik davor, das Speditionsgewerbe weiter zu belasten. Scheuerle kündigte an, dass im Rahmen einer Analyse mit verschiedenen Experten jetzt Arbeitsgruppen ins Leben gerufen wurden, die sich um das Thema Sicherheit in der Luftfracht kümmern. Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit dem Sicherheits- und Kontrollniveau in Drittstaaten. „Das ist besonders wichtig, weil 80 Prozent der gesamten Luftfracht in Deutschland aus dem Ausland hereinkommt“, sagte Scheuerle. Scheuerle bekannte, dass das System Luftfracht nicht so sicher ist, wie es scheint. „Wenn ein Container gescreent wird, beträgt die Wahrscheinlichkeit 25 Prozent, dass ich das Paket mit einer Bombe entdecke. Das ist eine Scheinsicherheit“, sagte Scheuerle. „Wir müssen an der Technik stärker arbeiten“, sagte der Staatssekretär, weshalb sich eine zweite Arbeitsgruppe mit diesem Thema befasse. Das Screening könne aber nur das letzte Glied einer Sicherheitskette sein. Denn man bräuchte nochmals die Größe des gesamten Frankfurter Flughafens, um alle dort verschickten Pakete zu screenen, so Scheuerle. „Das ist völlig undenkbar“, sagte er. Insgesamt wurde deutlich: Das Speditionsgewerbe ist froh und dankbar über den derzeitigen Verkehrsminister. Oder wie drückte es Krage aus: „Wir brauchen keinen Rückfall in die Zeit des Verkehrsdirigismus, den der seinerzeitige Verkehrsminister Tiefensee mit seiner ideologischen Garnitur von Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und Verkehrsverteuerung erzeugt hat.“ ❙❚■ Michael Cordes Stimmten in vielen Punkten überein: Mathias Krage (links) und Gastredner Klaus-Dieter Scheuerle DSLV-Unternehmertag

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