Berlin. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) bedauert die heutige Entscheidung des Europäischen Parlaments, mit der die soziale Säule des Mobility Package zur erneuten Beratung in den Verkehrsausschuss (TRAN) verwiesen wurde. Damit sei eine große Chance vertan worden, die europäischen Regelungen zum Straßengüterverkehr nachhaltig zu reformieren, Lkw-Fahrern mehr soziale Sicherheit zu bieten und dadurch die auf Arbeitsteilung, Spezialisierung und offene Grenzen aufgebaute Logistik in der Europäischen Union zu stärken, heißt es in einer Mitteilung des Verbands.
„Wir sind besonders enttäuscht, dass der bereits ausgewogene Kompromiss des Verkehrsausschusses zur Anwendung des Entsenderechts im Verkehrssektor vom Parlament nicht angenommen wurde“, kommentiert Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV. „Grundsätzlich ist zwar zu begrüßen, dass sich erneut Fachpolitiker mit dem Mobility Package befassen. Fraglich ist aber, wie jetzt noch ein konsensfähiger Kompromiss aussehen könnte.“
Scheitern des Reformvorhabens droht
Der Kampf gegen soziale Fehlentwicklungen des Straßengüterverkehrs hätte bereits durch Vereinheitlichung und konsequente Durchsetzung der ebenfalls zurückverwiesenen Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten, über die wöchentliche Ruhezeit sowie über die Rückkehrpflicht an den Heimatort verstärkt werden können, meint der Verband. Hierzu beigetragen hätte der Vorschlag des TRAN-Ausschusses, der das Entsenderecht auf Kabotageverkehre ausgedehnt hätte.
„Debatten zur Ausweitung der europäischen Entsenderichtlinie auf den gesamten Verkehrssektor führen aber völlig am Thema vorbei, wenn es dabei in Wirklichkeit um die Abschottung nationaler Märkte geht“, kritisiert Huster. Die Situation der im Straßengüterverkehr Beschäftigten könne durch eine Reihe von Rechtsvorschriften gestärkt werden, die außerhalb des Entsenderechts liegen. „Man muss sie nur durchsetzen. Im schlechtesten Fall droht jetzt das Scheitern des gesamten Reformvorhabens“, mahnt der DSLV-Geschäftsführer.
Verdi: Chance für Neuanfang
Die Gewerkschaft Verdi hingegen sieht eine Chance in der Zurückweisung des Gesetzesvorhabens an den federführenden Verkehrsausschuss. „Jetzt muss die Chance für einen sozialen Neuanfang genutzt werden. Es muss gelingen, den europaweiten Wettbewerb im Interesse der Beschäftigten und ihrer Unternehmen fair und nachhaltig zu regulieren. Die sozialen Verwerfungen dürfen nicht weiter befeuert werden“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.
Aus Sicht von Verdi dürfen die bestehenden Vorschriften zu den Lenk- und Ruhezeiten weder für Busfahrer noch für LKW-Fahrer verschlechtert werden. Die Entsenderichtlinie müsse ausnahmslos ab dem ersten Tag für alle Beschäftigten und sämtliche Transportarten, also sowohl internationale Verkehre als auch Kabotage, gelten. Auch dürfe die Kabotage nicht weiter liberalisiert werden.
Andre Meinert