Dreihundertfünfundzwanzig!

Volvos I-Shift gehört seit seiner Einführung 2002 zu den besten Getrieben im Markt - allein die Spreizung reichte für die ganz harten Einsätze nicht ganz aus. Vor allem im schweren Baueinsatz und im Schwerlastverkehr konnte man die Volvo-Kupplung so schon mal an ihre Grenzen bringen. Die einzige Möglichkeit, das abzumildern, ist eine extra-kurze Achse, die im Streckenverkehr Drehzahl und Verbrauch nach oben treibt. Die kürzeste Übersetzung ist jetzt 32:1 Daimler und MAN halten hier hydraulische Lösungen vor, Stichwort "Turbo-Retarder" oder "Wandler-Schalt-Kupplung", TRK respektive WSK: Damit lassen sich auch größte Tonnagen unter schwierigsten Bedingungen ganz einfach und verschleißfrei anfahren, allerdings gegen fünfstelligen Aufpreis und mit dreistelligem Zusatzgewicht. Volvo setzt dem jetzt einfach ein zusätzliches Crawler-Zahnradpaar entgegen, das motorseitig an die Standard-I-Shift-Box angedockt wird und hier zwölf Zentimeter Baulänge und 48 Kilo Extra-Gewicht addiert. Beim neuen Crawler mit Direktgang-Getriebe beträgt die Übersetzung 19:1 und 17:1 beim Overdrive-Getriebe. Beim Direct-Drive- oder Overdrive-Getriebe mit zwei Kriechgängen beträgt die kleinste Übersetzung 32:1und die Übersetzung des kleinsten Rückwärtsgangs beträgt beim Direct-Drive-Getriebe 37:1. Und wie fährt sich das Ganze? - Prinzipbedingt nicht ganz so einfach wie TRK oder WSK, denn beim Anfahren muss man etwas mitdenken. Heißt: Per Programmschalter den "Power+"-Modus wählen, der den Crawler aktiviert. In der Regel errechnet sich der Lkw dann selbst den Anfahrgang. Und das klappt dann im Vergleich zu den Standard-I-Shift-Versionen extrem geschmeidig, wie man mit einem 120-Tonnen-Zug in einer Steigung erfahren konnte. Dank der schnellen Schaltgeschwindigkeit kann das Getriebe sofort die nächste Crawler-Stufe nachschießen. Der nächste Gangsprung (praktisch mit "Gruppenwechsel") in die erste Fahrstufe bringt die 120-Tonnen-Kombination dann allerdings fast zum Stehen, doch der FH16 mit 750 PS arbeitet sich selbst aus einem 600-Touren-Drehzahlkeller wieder hoch. Das Ergebnis: Entspannteres Anfahren Alternativ kann man nach einem Tritt aufs Gas auch per Knopfdruck die Drehzahlregelung dazuholen und den Zug mit 600 Touren und Minimalgeschwindigkeit ziehen oder schieben lassen. Das funktioniert auch rückwärts und erleichtert das Reversieren oder Fahren um kniffelige Bereiche erheblich - zumal das jetzt wesentlich langsamer und kupplungsschonender möglich ist als früher! Auch offroad liegen Welten zwischen dem Crawler und Standard-I-Shift: Zum Vergleich traten zwei auf 32 Tonnen ausgeladene FMX 8x6 mit automatischem Allrad an. Ihre Aufgabe: Anfahren aus dem Stand in einer Zwanzig-Prozent-Steigung. Da die crawlerlose Version schnell viel Kraft an die Hinterräder schießt, kommen diese schnell an ihre Haftgrenze und der FMX holt sich bald die erste Antriebsachse zum Vortrieb dazu. Die Version mit Crawler startet viel ruhiger und souveräner. Sie braucht erst kurz vor Erreichen der Kuppe die erste Achse zur Traktionshilfe - auch das Rückwärtsschieben in steilem oder schwerem Gelände fällt mit der neuen Zusatzausstattung wesentlich leichter. Sie kostet laut ersten Angaben von Volvo Deutschland brutto Liste 3500 Euro für die Version mit einem und 5500 Euro für die Version mit zwei Kriechgängen. Bleibt am Ende eigentlich nur die Frage, weshalb Volvo so lange damit gewartet hat. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Lkw-Getriebe" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Der I-Shift Crawler im Detail Erste Crawler-Rechenbeispiele Volvos I-Shift Crawler addiert 120 Millimeter Baulänge (das gleiche Maß wie die Doppelkupplung, mit der es sich deshalb nicht kombinieren lässt) und wiegt rund 48 Kilo extra. Die Spreizungen von 14,94 im kleinsten Gang erhöht der Crawler auf 19,38. Ordert man zwei Crawlerstufen, erhöht sich dieser Wert auf 32,04. Im kleinsten Rückwärtsgang steigt er auf 37,49. Mit einer kurzen 5,41er-Achse soll ein 325-Tonnen-Zug laut Volvo Drei-Prozenter aus dem Stand anfahren können. Und da dank der hohen Übersetzung nur 25 Prozent der zugeführten Energie auf die Kupplung gehen, soll diese das Anfahren aus dem Stand auch mehrfach problemlos (und kühl) wegstecken. So konfiguriert traut Volvo dem 325-Tonnen-Zug auch Steigungen bis zu fünf Prozent zu. Bescheidet man sich mit 225 Tonnen Gesamtzuggewicht, kann man laut Volvo eine Fünf-Prozent-Steigung aus dem Stand anfahren und acht Prozent-Anstiege hochziehen, wenn man in Bewegung ist.Erste Feldtestkunden sollen eine 4,12er-Achse gewählt haben, um das Drehzahlniveau auf der Autobahn niedrig zu halten. Auch hier senkt der Crawler Kupplungsbelastung und erreichbare Minimalgeschwindigkeiten ab: Mit 315/80er-Reifen bei 600 Touren von 1,9 auf 0,9 km/h im niedrigsten Crawler-Gang (falls die zweistufige Version gewählt wurde) und von 1,7 auf 0,8 km/h im Rückwärtsgang. Das Getriebe ist als Direct- oder Overdrive-Getriebe mit einem oder zwei Kriechgängen erhältlich. Außerdem können zwei Rückwärtskriechgänge spezifiziert werden. gs

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