Leipzig/Berlin. Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat das Leipziger Urteil zu Fahrverboten als klares Signal an die Bundesregierung begrüßt. „Ich glaube, wir haben heute einen ganz großen Tag für die saubere Luft in Deutschland erreicht“, sagte Jürgen Resch zur Entscheidung der Bundesverwaltungsrichter am Dienstag. Danach sind Diesel-Fahrverbote grundsätzlich zulässig.
Der Bund muss Resch zufolge nun verstehen, was das bedeute: „Ganz schnell für eine einheitliche Regelung mit einer blauen Plakette sorgen und die betrügerische Autoindustrie dazu bringen, die neun Millionen Euro-5- und Euro-6-Diesel auf Einhaltung der Abgaswerte auf der Straße nachzurüsten.“
Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf hatten zuvor auf eine Klage der DUH hin entschieden, dass die Städte ihre Pläne zur Luftreinhaltung nachschärfen müssten und dabei auch Fahrverbote in Betracht zu ziehen seien. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte dies nun, bestand aber auf Übergangsfristen und Ausnahmen.
Umweltschützer fordern blaue Plakette
Auch die Reaktionen anderer Umweltverbände auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sind durchweg positiv. „Jede Stadt kann nun das Recht ihrer Bürger auf saubere Luft selbst durchsetzen“, sagte Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl. Auch er ergänzte, dass die Umsetzung des Urteils nun bald zeigen werde, dass nur eine bundesweit einheitliche Regelung mit einer blauen Plakette einen Flickenteppich unterschiedlicher Regeln verhindern könne. „Die Bundesregierung muss mit einer Plakette verhindern, dass bald niemand mehr weiß, welcher Diesel noch in welche Stadt fahren kann“, forderte Schinerl.
Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, nannte das Urteil der Leipziger Richter einen „Gewinn für die Gesundheit der Bürger“ und „historisch“. „Die Gerichte zwingen nun den Gesetzgeber zu handeln“, sagte er. Neben der Einführung einer blauen Plakette, sprach er sich für einen starken und günstigen öffentlichen Nahverkehr und verpflichtende Nachrüstungen von Dieselautos auf Kosten der Autobauer aus.
Urteil als Quittung für die Regierung
In Nachrüstungen und der blauen Plakette sieht auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Lösung. „Die Autoindustrie hat sich böse verzockt“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Damit wachse der Druck auf Politik und Hersteller, die Schadstoffbelastung der Luft durch den Straßenverkehr zu reduzieren. Besonders betroffene Städte müssten nun schnellstmöglich zu Vorreitern der Verkehrswende gemacht werden.
Daniel Rieger, NABU-Verkehrsexperte, ergänzte, der Urteilsspruch illustriere auch „das Versagen der Bundesregierung und vor allem des seit Jahren CSU-geführten Verkehrsministeriums, die Luftqualität in Einklang mit bestehenden EU-Vorgaben zu bringen und Fahrverbote abzuwenden“.
Fahrverbote sind unvermeidlich
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Diesel-Fahrverbote in Stuttgart ab 2019 für unvermeidlich. „Fahrverbote in der bestehenden Umweltzone – und nicht nur auf einzelnen Straßen – dürfen nicht länger auf die lange Bank geschoben werden“, sagte die baden-württembergische Landeschefin Brigitte Dahlbender. Das sei ein klarer Auftrag an das Land.
Die Länder müssten die Gesundheit ihrer Bürger in allen übermäßig belasteten Städten schützen. „Die freie Fahrt für dreckige Diesel ist endgültig vorbei.“ Dem stimmte auch der BUND in Bayern zu. Der Landesbeauftragte des BUND, Richard Mergner, sagte dazu: „Placebo-Software-Updates sind wirkungslos.“
Was für die bayerischen Städte nötig sei, sind „Lösungen, die zielgerichtet und zudem flächendeckend sind.“ Ein Instrument sei eine bundeseinheitliche Kennzeichnung durch eine blaue Plakette zur Fortschreibung der Umweltzonenregelung. (dpa/jt)