Interview: Die Zustellung kostet einen Euro

Herr Lierow, kaum ein Thema sorgt in der Branche so für Augenrollen wie Drohnen. Bei Ihnen auch? Ich denke, kein Thema - vom autonomen Fahren abgesehen - hat so großes Potenzial, die Zustellwelt zu verändern. Fakt ist: Die Technologie ist reif, was die Drohne selbst, die Kosten und die Nutzlast angeht. Eine Herausforderung bleibt die Verlässlichkeit, also zum Beispiel: Wie reagiert der Flugkörper bei Wind und Schnee? Das wird sich lösen lassen. Ein schwarzes Loch dagegen bleibt das regulatorische Umfeld. Also kommt die Lieferung per Drohne? Ich denke, die Einzelzustellung wird kommen, denn die Vorteile liegen auf der Hand. Anders als Pkw oder Van arbeitet die Drohne auch bei einzelnen Gütern sehr kostengünstig. Wir reden hier von etwa einem Euro pro Sendung. Außerdem lassen sich Zustellzeiten und Kapazitäten flexibler handhaben. Aber natürlich werden nicht alle drei Milliarden Pakete in Deutschland pro Jahr künftig aus der Luft zugestellt. Welche Pakete kommen dann per Drohne? Im Textilversand reden wir vom "Cocktailkleid-Phänomen". Manche Kunden möchten ein Produkt am Samstagmorgen bestellen, um es am Samstagabend zu tragen. Solche teuren, emotionalen Produkte bieten sich für eine Drohnenzustellung an - alles, was heute schon Same Day versendet wird. Gute Chancen sehe ich auch im B-to-B-Bereich. Denken Sie an einen Bagger auf einer Baustelle irgendwo auf dem Land. Ein Hydraulikschlauch reißt, alles steht still, bis das Ersatzteil kommt. Hier bietet sich eine Drohne geradezu an. In solchen Fällen sind die Opportunitätskosten so hoch, dass der Kunde für die Zustellung womöglich sogar 50 Euro zahlen würde. Und, wer macht den Anfang? Wesentliche Voraussetzungen sind ein hohes Sendungsvolumen und professionelle, endkundennahe Logistik. Insofern wäre Amazon ein guter Kandidat.

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