Die Zukunft ist digital

Wie verändert das Wachstum im Online-Handel die City-Logistik und inwiefern können Kurier-, Express- sowie Paket- und Postunternehmen (KEP) von diesem Umbruch profitieren? Diese Frage stand bei den europäischen KEP-Tagen 2015 im Raum, die Mitte Juni im Postbahnhof Berlin stattfanden. Nur wer heute schon nach Antworten darauf sucht, kann laut Andreas Schumann künftig am KEP-Markt bestehen. Die zunehmende Digitalisierung sei für Dienstleister eine Herausforderung, betonte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP) bei der Eröffnung des Branchentreffens, an dem sich auch die Interessengemeinschaft (IG) KEP-together beteiligte. Zwischen den Zeilen ließ er die Befürchtung durchblicken, dass die Entscheider der KEP-Branche auf den E-Commerce-Boom und die explodierenden Paketmengen nicht ausreichend vorbereitet sein könnten. Bei einigen der Gewerbevertreter mache sich angesichts der tief greifenden Veränderungen sogar Ohnmacht breit. Sie sei selbstverschuldet, kritisierte Schumann, "wenn man still hält, obwohl man merkt, dass einem andere das Heft des Handelns aus der Hand nehmen." Daten sind ein Wettbewerbsfaktor "Das Wissen über Empfängerpräferenzen, Verzeichnisse über postalische Infrastrukturen und Logistikdaten zum Beispiel aus Tracking-Tools werden zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil", sagte Schumann der VerkehrsRundschau. Nur mittels dieser Daten sei möglich, neue Geschäftsmodelle zu erschließen, die Effizienz von Prozessketten zu verbessern oder die Zufriedenheit der Kunden zu steigern. Gedankenanstöße für internetbasierte Geschäftsmodelle lieferten in Berlin Start-ups wie Kiwi-Ki und Locumi Labs. Das eine Unternehmen öffnet Haustüren über einen Sensor in der Klingelanlage und erleichtert Postboten so den Empfängerzugang, das andere will mittels Pakettasche für die Wohnungstür die Zustellung revolutionieren. Zudem wurden alternative Konzepte für die letzte Meile aufgezeigt, mit denen sich Prozesse weiter optimieren lassen. Wegen des enormen Kostendrucks für die KEP-Dienstleister gerade außerhalb der Ballungsräume wurden etwa anbieter- und produktübergreifende Kooperationen diskutiert. Diese könnten etwa bei der Abholung und Zustellung von Sendungen eine Lösung sein. Schumann rief die Besucher der zweitägigen Veranstaltung dazu auf, sich weiterzubilden und mutige strategische Entscheidungen zu treffen. Dabei schränkte der BdKEP-Vorsitzende ein, dass man nicht umhin komme, zu bestimmten Themen einen Experten ins Unternehmen zu holen und zu investieren. Alternativen zur Bank sind gefragt Doch woher bekommt man Geld für neue Ideen? Das Problem: KEP-Dienstleistern gewähren Banken häufig nur nach intensiver Prüfung und bei ausreichenden Sicherheiten ein Darlehen. Hürden sind meistens die geringe Betriebsgröße und das relativ hohe Risiko eines Zahlungsausfalls. Deshalb beschäftigte sich eine Vortragsreihe mit Finanzierungsformen abseits des klassischen Kredits. Fördermittel, Beteiligungsfinanzierung oder Wagniskapital: Wie vielfältig die Möglichkeiten sind und welche Anforderungen es jeweils gibt, veranschaulichten Nadine Teusler und Thomas Röser von dem Beratungsunternehmen Innos und Sperlich, Max von Waldenfels von der Plattform MyLorry, die B-to-C-Transporte vermittelt und einen Lieferservice für Restaurants anbietet, sowie Mark Hartmann von Project A Ventures, einem Investor im Bereich digitale Technologien. Mindestlohn-Seminar Rechtsexperten informierten über das 8,50-Euro-Gesetz Für Kurier-, Express- und Paketunternehmen birgt das neue Mindestlohngesetz viele Risiken. Wer als Auftraggeber nicht unversehens in die Haftung geraten will und teure Bußgelder vermeiden möchte, muss sich absichern. Was zu tun ist, darüber haben Rechtsexperten am Rande der europäischen KEP-Tage im Rahmen eines VerkehrsRundschau-Seminars informiert. Markus Baur, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München, und der Unternehmensberater Jürgen Weber gaben konkrete Handlungsempfehlungen, wie Unternehmer die Risiken, die sich aus der Auftraggeberhaftung ergeben, minimieren und Mehrkosten in den Griff bekommen können. Viele Fragen wurden zudem zur Vergütung von Bereitschaftszeiten gestellt. ag

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