Die Valuta-Spedition der DDR

Ohne Deutrans kein Transport. So die klare Losung im Außenhandel der DDR. Das Volkseigene (VE) Kombinat organisiert nahezu alle Verkehre mit den westlichen und östlichen Nachbarn. In den ersten Jahrzehnten beschränkt sich die Staatsspedition vor allem auf Organisation und Steuerung der Verkehre, den Transport selbst führt jeweils eines der 16 regionalen Kraftverkehrskombinate durch. Ende der 80er-Jahre nimmt die Zentralisierung der DDR-Logistik zu. Die Deutrans baut in Potsdam einen eigenen Fuhrpark mit zum Teil eigenen Fahrern auf. Zwei Jahre vor der Wiedervereinigung transportieren schon 3400 Deutrans-eigene Lkw rund 3,3 Millionen Tonnen. Der Aufstieg der einst von Russen gegründeten Spedition beginnt in den 70er Jahren. In dieser Zeit entwickelt sich die Deutrans immer mehr zum Devisenbeschaffer. "Valuta" ist das Zauberwort der DDR-Wirtschaft. Wer dem Staatshaushalt westliche Fremdwährung zuführen kann, wird von den Oberen der Staatspartei SED gefördert. Die Deutrans fährt für viele westdeutsche Unternehmen wie Kühne + Nagel quer durch Europa. Dabei zeigen sich die sozialistischen Spediteure sehr einfallsreich. Da beispielsweise Einfahrgenehmigungen in westliche Staaten begrenzt sind, wird mancher Verkehr über das Staatsgebiet der DDR umgeleitet. So nimmt eine Fuhre von Aachen nach Wien nicht selten ihren Weg via Leipzig. Pocht die SED-Führung offiziell immer auf die Zweistaatentheorie, zeigt sie sich im Verkehrswesen durchaus flexibel. Die westdeutsche Ansicht, dass die DDR kein Ausland sei, ermöglicht der Deutrans, ohne Beschränkungen in der Bundesrepublik unterwegs zu sein. Die pastellorange lackierten Deutrans-Fahrzeuge werden zum Markenzeichen. In der DDR sind diese Fahrzeuge eher selten zu sehen. "Billigspediteur", schimpfen die westlichen Fuhrunternehmer den Konkurrenten aus dem Osten. "Wir sind keine Frachtmarktunterspüler", versucht 1987 Deutrans-Chef Rainer Schwabe in der westdeutschen Fachpresse zu beschwichtigen. Die Deutrans fahre zu internationalen Bedingungen und Preisen. Eine gewagte Aussage, denn die Fahrer der Deutrans werden in DDR-Mark entlohnt. Damit ergibt sich eine deutlich günstigere Kostenstruktur. In Ostdeutschland gehören die Deutrans-Fahrer indes zu den Besserverdienern. Nicht selten werden sie von ihren Kollegen aus den Kraftverkehrskombinaten als "Lackschuhkutscher" bezeichnet - eine Mischung aus Neid und Verachtung. Die Deutrans-Fahrer erhalten mehr Geld und dürfen die modernsten Lkw fahren. Dafür wird von ihnen erwartet, dass sie der DDR-Staatsphilosophie folgen und dieser auch auf ihren Fahrten im Westen treu bleiben. Wer BRD-Verwandte hat oder zu Hause keine intakte Familie vorweisen kann, braucht sich keine Hoffnungen auf den privilegierten Job zu machen. Im Westen gelten die Ost-Kollegen als schweigsam - und Überstunden werden auch nicht gerne gemacht. Das Fahrzeug wird lieber am nächsten Tag beladen, berichten westdeutsche Spediteure. Flexible DDR-Unternehmer Flexibilität und Leistungsbereitschaft zählen nicht zu den Stärken der Lkw-Fahrer im Staatsdienst, berichtet so mancher Zeitzeuge. Eine Lücke, die oftmals von den selbstständigen Fuhrunternehmern der DDR geschlossen wird. Wenn es schnell gehen muss, greifen die Disponenten gerne auf die wenigen noch verbliebenen Unternehmer im Sozialismus zurück. Geprägt ist der Alltag der rund 3000 Deutrans-Mitarbeiter von der Mangelwirtschaft. Selbst die Beschaffung von Papier zum Schreiben der Devisenrechnungen ist nicht selten nur mit einigen Tricks möglich. Und die Beschaffung von modernen Fahrzeugen und wichtigen Ersatzteilen ist eine besondere Herausforderung. Wer sich als Deutrans-Fahrer mit einem tschechischen Skoda oder einem polnischen Jelcz über westliche Autobahnen quälen muss, bekommt nicht selten von einem überholenden Westkollegen ein brennendes Feuerzeug als Zeichnen der Geringschätzung gezeigt, schreibt Autor Christian Suhr in seinem Buch "Die Deutrans-Story" (ISBN: 978-3-9384426-11-1). Der Fuhrpark der Staatsspedition ist marode. In den 80er-Jahren wird die Fahrzeugbeschaffung immer schwieriger. Um am westlichen Markt bestehen zu können, bedarf es moderner, zuverlässiger Fahrzeuge - gleichzeitig werden die Devisenbestände der DDR immer knapper. Die Lösung des Problems: Leasing. Kurz vor der deutschen Einheit finden sich über 500 geleaste Lkw in der Deutrans-Bilanz, vor allem von den Herstellern Volvo, MAN und Iveco. Die deutsche Einheit führt schnell zum Ende der Deutrans. Viele Industriebetriebe werden von westlichen Unternehmen übernommen, die ihre eigenen Spediteure mitbringen. Die Deutrans verliert ihre Kundenbasis. Die Treuhand zerschlägt bereits 1990 das einstige Vorzeige-Kombinat. Einzelne Niederlassungen werden an westdeutsche Spediteure wie Hoyer oder Logsped verkauft. Ende 1992 wird die Deutrans aus dem Handelsregister gelöscht. Geschichte der Deutrans 70 Jahre Deutsch-Russische Transportgesellschaft - 1921 Gründung der Deutsch-Russischen-Transportgesellschaft (Derutra) für den Warenaustausch zwischen Deutschland und Russland.- 1934 Auflösung der Derutra- 1946 Neugründung der Deutsch-Russischen Transportgesellschaft (Derutra) durchdie Sowjetunion zur Beförderung von Reparationsgütern nach Russland- 1950 Gründung der VVB Deutsche Spedition als Außenhandelsspedition der DDR- 1954 Übergabe der Derutra an die DDR und Zusammenlegung der Derutra mit der VVB Deutsche Spedition zur VEB Deutrans - Internationale Spedition- 1979 Umwandlung der VEB Deutrans in die VEB Kombinat Deutrans mit den Bereichen Internationale Spedition, Internationaler Güterverkehr, Transcontainer und Seehafenspedition, zwei Jahre später Firmierung als VE Kombinat Deutrans- 1990 Umwandlung in Deutrans GmbH, Kooperationen mit westdeutschen Spediteuren wie Kühne + Nagel, Hoyer etc.- 1992 Nach Teilverkäufen an westdeutsche Spediteure wird die Deutrans liquidiert und im Handelsregister gelöschtak Transport und Logistik in der DDR Lkw-TransporteDer Lkw-Verkehr in der DDR wird von Volkseigenen (VE) Kombinaten beherrscht. Das VE Kombinat Deutrans steuert als Spedition alle Verkehre von und in die DDR. Die 16 regional aufgestellten Kraftverkehrskombinate führen mit ihrem veralteteten Fuhrpark von 25.000 Lkw nahezu alle Transporte durch. Nur wenige unattraktive Verkehre werden an die rund Tausend noch existierenden selbstständigen Fuhrunternehmer vergeben. Während die staatlichen Betriebe die Deutsche Einheit nicht überleben, beginnt für die verbliebenen Unternehmer ein neues Zeitalter. akBriefpost und PaketeBriefe und Pakete liefert die Deutsche Post der DDR aus. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) kontrolliert mit 2200 Mitarbeitern insbesondere den innerdeutschen Postverkehr. Briefe werden systematisch geöffnet, kopiert und gelesen - Geld und Wertgegenstände entnommen. Von 1984 bis 1989 raubt das MfS aus 320.000 Briefen und Paketen 32,7 Millionen Westmark. Schon im Januar 1990 beginnen die Planungen für eine Postunion zwischen Ost und West. Am 1. Juli 1990 verschmelzen die Deutsche Post der DDR und die Deutsche Bundespost zur Deutschen Post. akSchienengüterverkehrDen DDR-Güterverkehr auf der Schiene wickelt ausschließlich die Deutsche Reichsbahn (DR) ab. Rund drei Viertel der Transportleistung im Güterverkehr entfallen auf die Schiene, dieser Modal Split wird aus Kostengründen und aus Mangel an Lkw vom Staat verordnet. Die DR transportiert Massengüter und Stückgut. Die Reichsbahn gilt als unzuverlässig, bürokratisch und ineffizient. Schienennetz und Lokomotiven sind weitgehend veraltet, nur 30 Prozent des Netzes sind elektrifiziert. Im Jahr 1994 fusionieren Reichsbahn und Bundesbahn zur Deutschen Bahn.akBinnenschifffahrtNur drei Prozent des DDR-Güterverkehrs erfolgen über Oder, Elbe und Kanalnetz. Der VEB Deutsche Binnenreederei (DBR) ist als Befrachtungs- und Reedereibetrieb für sämtliche Transporte zuständig. Die Flotte umfasst weit über eintausend Motorschiffe und Schubeinheiten. Mit der Wende verwaltet die Treuhand die DBR und verkauft einige moderne Schiffe, der Rest wird stillgelegt. Rund 80 Motorschiffe und einige Schubeinheiten übernimmt die DBR GmbH (später AG), die im Jahr 2007 von der polnischen OT Logistics übernommen wird.akSeeschifffahrtDie wichtigsten Seehäfen sind Rostock, Wismar und Stralsund sowie der Eisenbahnfährhafen Mukran (Sassnitz), der die DDR mit dem sowjetischen Klaipèda (heute Litauen) verbindet. Organisator der Schifffahrt ist der VEB Deutfracht/Seereederei Rostock (DSR), der mit 14.500 Mitarbeitern eine Frachterflotte von 161 Schiffen mit einer Gesamttragfähigkeit von fast 1,7 Millionen tdw unterhält. 1993 verkauft die Treuhand die DSR an ein westdeutsches, mittelständisches Konsortium. Die neue Deutsche Seereederei übernimmt 3000 Mitarbeiter und 47 Schiffe mit 917.000 tdw. akLuftverkehr und LuftfrachtNach der Liquidation der"Deutschen Lufthansa Ost" Anfang der 60er-Jahre liegt die zivile Luftfahrt der DDR allein in den Händen der staatlichen Fluggesellschaft Interflug. Angeflogen werden Ziele in Osteuropa, Naher Osten, Kuba und einige europäische Städte. Innerdeutsch dürfen nur Airlines der Siegermächte fliegen. Heimatbasis ist der Flughafen Berlin-Schönefeld. Zum Einsatz kommen russische Maschinen vom Typ Tupolew und IIjuschin, die Ende der 90er-Jahre aufgrund des gestiegenen Erdölpreises unwirtschaftlich sind. 1991 stellt Interflug ihren Dienst ein. ak

Die Valuta-Spedition der DDR

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