Die Schwachstellen in den Häfen

Für die Partikuliere und Reedereien auf Deutschlands Wasserstraßen sind sie so notwendig wie das Wasser im Flussbett: Ohne die Binnenhäfen als Umschlagpunkte geht es in der Binnenschifffahrt nicht. Zu wenige Liegeplätze in den Häfen Insgesamt gibt es in Deutschland immerhin etwa 250 Binnenhäfen, darunter jedoch viele sehr kleine. Schon die Umfrage der VerkehrsRundschau unter den größten Binnenhäfen in Deutschland (siehe Tabelle) zeigt: Die Unterschiede beim Umschlag sind riesig. Martin Staats zeigt sich zufrieden mit der Anzahl der Binnenhäfen: "Da gibt es keinen zusätzlichen Bedarf", sagt Staats, Vorstand der Reederei MSG, die mit einer Flotte von 70 eigenen Schiffen zu den großen Playern in der europäischen Binnenschifffahrt zählt. Aber bei der Qualität sieht Staats Nachholbedarf. Wobei die Defizite je nach Hafen unterschiedlich seien. Nur ein Manko beobachtet er nahezu bundesweit: "Es gibt in fast allen Häfen zu wenig Liegeplätze." Viele Liegeplätze seien zweckentfremdet worden, sagt Staats, der auch Präsident des Bundesverbandes der deutschen Binnenschifffahrt (BDB) ist. Stichwort "urbanes Wohnen am Wasser". Der Masterplan Binnenschifffahrt (siehe Seite 6) will daran etwas ändern. "Aber das ist kein leichtes Unterfangen, weil hier unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen", so Staats. Fragt man Staats nach weiteren Verbesserungen, nennt er die Umschlagsleistung: "Hier agieren viele Binnenhäfen noch wie staatliche Regiebetriebe", sagt Staats. Er wünscht sich beispielsweise mehr Flexibilität in der Abwicklung, wenn ein Schiff sich verspätet. Dann sei es oft umständlich, die Be- oder Entladung im Hafen zu beantragen. Und er wünscht sich auch, dass die Hafenbetreiber die ansässigen Unternehmen stärker auf den Verkehrsträger Binnenschiff als Alternative hinweisen. Eine wichtige Rolle spielt das Binnenschiff in Duisburg. Der Anteil am Modal Split (bezogen auf den Umschlag in Tonnen) betrug in den Häfen der Duisport-Gruppe 2018 21,8 Prozent. "Wir sind als trimodaler Anbieter am klugen wie umweltfreundlichen Ausbau der Wasserstraßen interessiert", teilt ein Hafenvertreter mit. In Duisburg will man mehr für die Binnenschifffahrt tun: "Wir als trimodaler Anbieter müssen die Infrastrukturkorridore für den Güterverkehr vernetzt denken. Da ist es wichtig, dass unsere Verkehrskonzepte die Wasserstraßen stärker berücksichtigen." Aber der Hafen macht auch deutlich, dass er eine etwas andere Sichtweise hat als die Binnenschiffer. "Unser Ziel ist, unsere Partner und Kunden zu unterstützen und nicht eine bestimmte Transportform." Immer wieder als ein Manko wird der Hinterlandverkehr per Binnenschiff bei den deutschen Seehäfen genannt. Kein Wunder, beträgt beispielsweise der Anteil der Binnenschifffahrt am Containerhinterlandverkehr von Hamburg ganze 2,4 Prozent. "Die Schiffbarkeit der Elbe ist im Vergleich zum Rhein deutlich schlechter", nennt Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing (HHM), aus seiner Sicht den Hauptgrund für den geringen Anteil. Gerade Containerverkehre würden ein hohes Maß an Verlässlichkeit erfordern. Zudem gebe es an der Elbe deutlich weniger Industrieanrainer als am Rhein. Dabei verfügt die Binnenschifffahrt aus seiner Sicht über einige Pluspunkte: die gute Umweltbilanz und die freien Kapazitäten, die es bei den anderen beiden Verkehrsträgern zumindest in Zeiten großer Nachfrage nicht oder nur eingeschränkt gibt. Verdoppelung des Modal Splits möglich "Wir arbeiten permanent daran, den Anteil des Modal Splits der Binnenschifffahrt zu erhöhen", sagt Mattern. Er sieht in der fehlenden Lobby für die Binnenschifffahrt den Hauptgrund. "Es gelingt uns deshalb nicht, die notwendigen Sanierungsmaßnahmen auf der Elbe durchzusetzen", zeigt er sich angesichts langjähriger Bemühungen ein wenig ratlos. Mattern sieht es als eine der Hauptaufgaben von HHM an, den Modal Split zu verändern. "Und zwar weg vom Lkw und egal wohin: auf die Bahn oder das Binnenschiff." Konkrete Zielvorgaben gibt es da im Hafen zwar nicht, aber bis 2030 hält Mattern eine Verdoppelung des Anteils der Binnenschifffahrt im Modal Split für realistisch. Mehr zum Thema finden Sie unter #Binnenschifffahrt www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Vorteile der Binnenschifffahrt liegen auf der Hand: umweltfreundlich und freie Kapazitäten. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Infrastruktur nicht den Ansprüchen der Nutzer genügt - und zwar nicht nur die der Wasserstraßen, sondern zum Teil auch die in den Binnenhäfen. Exklusiv-Umfrage: der Umschlag in den großen Binnenhäfen 2019 Der größte Binnenhafen in Deutschland bezogen auf den Umschlag ist Duisburg. Dort wurden 2019 61,1 Millionen Tonnen umgeschlagen. Jedoch verbuchte der Hafen einen kräftigen Verlust.Auf VerkehrsRundschau plus unter dem Suchbegriff #binnenschifffahrt finden Sie viele weitere Infos: zu den Flächen, Verkehrsanbindungen, zu bevorzugt umgeschlagenen Gütergruppen und dem Containerumschlag. www.verkehrsrundschau-plus.de cd