Am Wasser lernen

Niklas Fiebig ist fast fertig mit seiner dreijährigen Ausbildung zum Binnenschiffer. Eigentlich war für den 3. April die Entlassung seines Berufsschuljahrgangs geplant, doch wegen der aktuellen Coronakrise bleibt Niklas' Berufsschule bis auf Weiteres geschlossen. "Jetzt ist alles etwas unklar, aber ich freue mich schon, nun wieder an Bord zu gehen", sagt der 19-Jährige. Fest steht für ihn, dass er auch nach seinem Abschluss der Binnenschifffahrt treu bleiben will. Für den Job hat der Duisburger sich entschieden, weil er hobbymäßig Sportboot fährt und die großen Schiffe im Vorbeifahren oft von unten bestaunte. Den letzten Anstoß gab ein Praktikum: "Ich durfte mal das Schiff lenken, mal festmachen. Wir sind nachts durch Köln gefahren und tagsüber durch Essen. Die Leute winken einem zu, das ist schon toll", erzählt Niklas begeistert. Gerade das viele Herumreisen gefällt ihm an seinem Beruf. Sein Ausbildungsbetrieb, die Reederei Deymann aus Haren, betreibt derzeit 38 Schiffe, davon 22 Tank- und 16 Containerschiffe. "Meine Reederei ist viel in Belgien und in den Niederlanden unterwegs. In Deutschland fahren wir bis nach Hamburg. Es geht in die Schweiz, an die Mosel oder nach Luxemburg", so Niklas. In der Ferne schaut er sich in seiner Freizeit gern die Städte an, etwa Antwerpen, Amsterdam oder Rotterdam. "In Basel sind Leute an uns vorbei geschwommen und ich bin nach Feierabend dann auch mal in den Rhein gesprungen", erzählt er. Arbeit 24/7, dafür nur 180 Tage im Jahr Die Seeschifffahrt wäre aber nichts für ihn: "Ich komme aus Duisburg und will zu Hause bleiben. Auf hoher See ist man oft monatelang unterwegs." In der Binnenschifffahrt sei er genauso häufig daheim wie an Bord und habe jedes zweite Wochenende frei. "Aber man arbeitet 24 Stunden, sieben Tage die Woche und es gibt keine Feiertage", schränkt er ein. Wichtig sei deshalb die Unterstützung der Familie. "Die werfen mir auch mal was von einer Brücke runter oder mein Vater bringt Brötchen zum Frühstück", so Niklas. Und auch der Zusammenhalt unter den Kollegen sei elementar, allein schon mangels Ausweichmöglichkeiten: "Mit den Leuten an Bord hat man mehr zu tun als mit der eigenen Familie", erklärt Niklas. Natürlich gebe es auch Konflikte, "dann spricht man sich aus und es ist gut." Das gilt ebenso für die drei Monate Blockunterricht im Jahr, die Niklas auf dem Schulschiff "Rhein" in Duisburg-Homberg verbringt - ein Internat auf dem Wasser mit 95 Betten. Jährlich sind etwa 300 angehende Schiffer an Bord. Die Auszubildenden kommen aus ganz Deutschland und der Schweiz. Kapitän Volker Müßig leitet seit April 2017 das Ausbildungsschulschiff, das vom Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) betrieben wird. Müßig ist selbst gelernter Binnenschiffer, kommt aus einer Binnenschifferfamilie und ist bis zu seiner Einschulung auf einem Schiff groß geworden. Später betrieb er eine eigene Binnenschiffsfirma. Das Ausbildungsschiff ist für den Kapitän eine "Schule fürs Leben". "Wir wollen den jungen Leuten auch etwas sittliche Reife verpassen", betont er. Das 70 Meter lange und elf Meter breite Schiff hat drei Etagen. Darauf verteilen sich neben den je sechs Quadratmeter großen Schlafkabinen mit Nasszelle, die sich jeweils zwei Azubis teilen, Speisesaal, Küche, Büros und Schulungsräume. Weil auch Minderjährige hier lernen, sind stets zwei Betreuer an Bord. Von Motorenkunde bis Hauswirtschaft Um 17 Uhr endet die Anwesenheitszeit der Azubis, teils haben sie dann noch Aufgaben zu erledigen wie den Abwasch oder das Putzen. Am Wochenende ist nach Hause fahren erlaubt. Am besten gefällt Niklas in der Berufsschule das Fach Motorenkunde. Daneben stehen Hauswirtschaft, Malen und Lackieren, Elektrotechnik und Nautik auf dem Lehrplan. Die Vielfalt des Berufs begeistert Niklas. "Ich bin Hausfrau, Klempner, Elektriker, Maschinenwart, Lackierer - ich mache alles", sagt er. Pläne für die Zukunft hat er schon: "Mit 21 will ich mein Kapitänspatent machen auf dem Rhein." Auch eine spätere Selbstständigkeit schließt er nicht aus. Mehr zum Thema finden Sie unter #Ausbildung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Zwar ist das Schulschiff "Rhein" des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg-Homberg in der aktuellen Coronakrise derzeit geschlossen. Doch bald sollen dort wieder angehende Binnenschiffer Motorenkunde, Hauswirtschaft, Malen und Lackieren, Elektrotechnik und Nautik lernen.

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