Die Saubermänner unter sich

Während man den schönen Titel vom Lkw des Jahres verliehen bekommt - man muss nur zum rechten Zeitpunkt was Neues vorstellen - muss man sich den "Green Truck" verdienen. Denn den Titel bekommt nur, wer im Profitest der VerkehrsRundschau, wie auch dem Supertest des beteiligten Schwestermagazins Trucker, beim Verbrauch und damit bei den CO2-Emissionen gut abschneidet. Seit sechs Jahren verleihen die beiden Magazine den inzwischen sehr begehrten Titel. Der hat es im Gegensatz zu anderen Auszeichnungen schon geschafft in Medien Erwähnung zu finden, die sich sonst nicht für Nutzfahrzeuge interessieren. Insofern ist er auch ein Beitrag zu zeigen, dass der Lkw kein Umweltsünder ist, sondern ganz im Gegenteil im Verhältnis zu seiner Transportleistung äußert wenig Abgase produziert. Bislang war der Titel um Europas verbrauchsärmste Sattelzugmaschine ein Dreikampf zwischen MAN, Mercedes und Scania. Vor allem Letztgenannte beharken sich seit zwei Jahren heftig, wenn es darum geht, die Nase vorne zu haben. Nachdem MAN 2015 den Fokus auf den neuen D38-Sechszylinder legte - mit bis zu 640 PS nicht eben das Paradepferd, wenn es um niedrige Verbräuche geht, witterte DAF die Chance, in die Phalanx des Establishments einzubrechen. Ein geeigneter Wettbewerber fand sich in Form des leichten und kompakten CF mit dem 10,8 Liter großen MX11-Sechszylinder und 435 PS. Um es gleich vorwegzunehmen, konnte der Niederländer den etablierten Preisträgern am Ende nicht ganz das Wasser reichen. Aber das Ergebnis war formidabel. Green Truck ohne AdBlue Zumal der Green-Truck-Bewerb unter besonderen Vorzeichen steht: Für die Umweltfreundlichkeit wertet die Verkehrs-Rundschau ausschließlich den Dieselverbrauch und nicht wie sonst beim Profitest auch den anteiligen AdBlue-Konsum (für diejenigen, die sich wundern, dass in der Tabelle unten andere Werte stehen als in den entsprechenden Tests; VR 5/16, 6/16 sowie 7/16). Das verbrauchte AdBlue lässt sich nicht seriös in CO2-Emissionen umrechnen, weshalb die Kalkulation bei der Green Truck-Wertung entfällt. Ansonsten wäre der DAF CF 440 mit einem kumulierten Gesamtverbrauch von 24,14 l/100 km (= 628 g/ km CO2) noch sehr viel näher am entsprechenden Wert des Scania (23,82 l/100 km = 619 g/km CO2) gelegen. Man muss aber an dieser Stelle auch anmerken, dass der CF in der üblichen Testkonfiguration antrat. Der Hersteller aus Eindhoven verzichtete sowohl auf eine ausgiebige Testrunde mit unterschiedlichen Achsübersetzungen wie auch auf entsprechende Bereifung und kam mit fast neuem Traktionsprofil auf der Antriebsachse. Optimal konfigurieren Relativierend muss man anmerken, dass Mercedes und Scania deutlich mehr Aufwand betrieben, um den begehrten Titel zu bekommen. Dazu gehörte auch, dass im Vorfeld unterschiedliche Fahrstrategien probiert wurden, ebenso wie die auf die VR-Testrunde passende Achsübersetzung. Wer jetzt meint, das wäre übers Ziel hinausgeschossen, dem sei gesagt: Das sollten Sie als Transportunternehmer, basierend auf Ihren Relationen und Lastprofilen, auch machen! Das würde Ihnen viele Hundert Liter Kraftstoff im Jahr sparen -. Mercedes trat zudem mit einem kleinen Vorteil an: Die Stuttgarter haben zum Modelljahr 2016 ihren 12,8-Liter-Sechszylinder der Baureihe OM 471 kräftig überarbeitet. Um nur einige Positionen zu nennen, wurde der Einspritzdruck ebenso erhöht wie der mittlere Verbrennungsdruck. Dazu gab es neue Turbolader sowie diverse Überarbeitungen der Motorperipherie. Nicht zu vergessen liegen maximales Drehmoment und Höchstleistung deutlich früher an, was die Verwendung längerer Antriebsachsen und damit niedrigere Betriebsdrehzahlen ermöglicht. Mercedes verspricht durch all diese Maßnahmen drei Prozent Verbrauchssenkung gegenüber dem OM 471 "alt" - ein Wert, den wir nach diesem Test wie auch dem Test eines neuen 1853 - die aktuell leistungsfähigste Einstellung des OM 471 "neu" - bestätigen können. Elektronik-"Tuning" Scania hat motorisch keine Novitäten zu bieten, investierte aber die letzten Monate stark ins Umfeld, sprich die Optimierung des GPS-Tempomaten CCAP (Cruise Control mit Active Prediction) sowie die Verfeinerung der Eco-Roll-Funktion. Auch diese Bemühungen scheinen gefruchtet zu haben. Die Schweden traten mit dem R 450 bereits 2015 zum Green Truck an, lagen da aber noch auf Platz 3 - geschlagen von einem Produkt aus dem eigenen Haus, dem G 410 und einem Actros 1842 StreamSpace. Auch in diesem Jahr gelingt der Sprung auf den obersten Podestplatz - wenn auch extrem knapp verfehlt - nicht ganz. Der Abstand wird immer kleiner Wobei der Abstand zwischen Erst- und Zweitplatziertem (Actros 1845: 613 g/km CO2) noch knapper geworden ist als im letzten Jahr. Aber in der Formel 1 genügt auch das berühmte Hundertstel, um sich in der Startaufstellung hinten anstellen zu müssen. So geht der Sieg zum zweiten Jahr in Folge nach Stuttgart. Interessant ist sicher der Blick auf die aktuellen Ergebnisse. Obwohl wir beim Test nicht die jeweils sparsamste Einstellung der GPS-Tempomaten gefahren haben (bei Scania +0%/-12%; bei Mercedes +10/-10 km/h Abweichung von der im Tempomat gesetzten Geschwindigkeit am Start in den Berg, bzw. über die Kuppe), sondern praxisgerechter mit jeweils +5/-5 km/h, sind beide Fahrzeuge trotz deutlich höherer Transportgeschwindigkeit so sparsam wie früher im absoluten "Knausermodus". Der Fortschritt in der Motortechnik wie auch bei der Optimierung der Assistenzsysteme ist somit dokumentiert. Man merkt aber auch, dass die Verbesserung der Elektronik ebenso viel bringt wie die Weiterentwicklung der Aggregate. Kritisch und abseits der Green-Truck-Wertung muss man aber auch festhalten, dass der Weg über "SCR only" kein Königsweg ist. Während der Scania doch sehr viel AdBlue braucht (7,94% in Relation zum Diesel), ist vor allem der DAF mit Abgasrückführung sehr genügsam (3,53%) bei der Verwendung des Reduktionsmittels. Und am Ende des Tages kommt es eben doch auf die Gesamtkosten an. Weitere Informationen zum Umweltranking unter www.verkehrsrundschau.de/umweltranking

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