Interview: "Die Logistik war lange nur Beiwerk"

Die Chemieindustrie hat jahrelang wenige Aktivitäten an Dienstleister fremdvergeben. Ist die Branche aus ihrem logistischen Dornröschenschlaf erwacht? Ja. Die Verantwortlichen in der Chemieindustrie haben zuletzt immer stärker festgestellt, dass auch die Logistik spürbare Potenziale zur Kostenreduktion oder Effizienzsteigerung bietet. Warum hat man diese Möglichkeiten in der Vergangenheit nicht so wahrgenommen? Die Chemieindustrie war immer schon sehr anlagenintensiv. Der Fokus lag auf einer Produktionsoptimierung, auf einer hohen Auslastung der investitionsintensiven Produktionsanlagen. Bei einigen Unternehmen spielte auch die Abhängigkeit von Rohstoffen eine große Rolle. Demgegenüber war die Logistik nur ein Beiwerk, um die Ware von A nach B zu bringen. Was hat jetzt zum Sinneswandel geführt? Die Kunden und die Märkte haben sich verändert. Die Kunden werden immer preissensibler, weshalb nach weiteren Potenzialen gesucht wird, zu sparen. Und die Märkte werden immer globaler, da bekommen die Steuerung und Optimierung globaler Lieferketten eine immer größere Bedeutung. Ist die Chemielogistik für die Dienstleister ein Wachstumsmarkt? Ja, denn die Bereitschaft in der Branche nimmt zu, mehr Logistikleistungen fremdzuvergeben. Auch produktionsnahe Tätigkeiten wie Tanklager oder das Betreiben von Abfüllanlagen, die früher durch Chemiefacharbeiter besetzt waren, werden zunehmend an Dienstleister vergeben. Die haben den Vorteil, dass sie diese Arbeiten mit angelernten Kräften bewältigen oder mit Facharbeitern, die nur für genau diese Prozesse qualifiziert wurden. Damit sind die Dienstleister kostengünstiger als die Industrie. Werden auch vermehrt Transportleistungen fremdvergeben? Hier ist das Potenzial nicht mehr groß, da externe Transporte größtenteils bereits fremdvergeben sind. Ein gewisses Potenzial besteht noch in den internen Werkstransporten - aber im Wesentlichen für spezialisierte Standortdienstleister.

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