Der vierte Stern

Was den Fußballern 2018 nicht gelungen ist, das haben die Logistiker in diesem Jahr geschafft: Deutschland hat seinen Titel als die führende Logistik-Nation weltweit wieder verteidigt. Wie schon 2016 und 2014 steht Deutschland auch 2018 im LPI-Ranking der Weltbank auf Platz eins. Das Ranking wird alle zwei Jahre erstellt. Deutschland in allen Kategorien vorne Ging es 2016 noch ganz eng zu - Deutschland hatte 4,23 Punkte und lag nur 0,01 Punkte vor Luxemburg und 0,02 Punkte vor Schweden - so fiel 2018 die Entscheidung deutlicher aus (siehe Tabelle "Top Ten LPI" unten): 0,15 Punkte liegen zwischen dem Weltmeister und dem Vize aus Schweden. Zum Vergleich: Schweden als Zweitplatzierter und Finnland auf Rang zehn trennen ganze 0,08 Punkte. Deutschland ist es also gelungen, etwas Distanz zwischen sich und seinen Verfolgern zu legen. Ein ganz wesentlicher Grund für den erneuten Erfolg ist die Ausgeglichenheit Deutschlands ist in den sechs Kategorien, aus denen sich der LPI zusammensetzt, immer unter den Top Ten. In den drei Kategorien Infrastruktur, Verzollung und Dienstleistungsqualität und -kompetenz führt Deutschland das Ranking an (siehe die Tabellen Seite 27/28). Aber auch in den Kategorien Termintreue, internationale Sendungen und Tracking & Tracing befindet sich Deutschland immerhin auf Position vier. Keinem anderen Land ist es gelungen, sich in allen sechs Kategorien unter den Top Ten einzureihen. Aus hiesiger Sicht mag der erste Platz für Deutschland in der Kategorie Infrastruktur verwundern. Denn die Beschwerden über die kaputten Brücken und zahlreiche Baustellen, verbunden mit entsprechenden Zeitverlusten aufgrund von Staus und zusätzlichem Aufwand aufgrund von Umwegverkehren, sind ja nach wie vor ein gravierendes Problem. Aber ganz offensichtlich sehen die befragten ausländischen Logistikexperten das anders und stufen das dichte Netzwerk hierzulande und damit die vielen Auswegmöglichkeiten immer noch höher ein. Einen weiteren Spitzenplatz nimmt Deutschland bei der Verzollung sowie bei der Dienstleistungsqualität und -kompetenz ein. Ein Zeichen dafür, dass die hiesigen Logistikdienstleister einen exzellenten Job machen. In der Kategorie "internationale Sendungen" hingegen haben andere Länder die Nase vorne. Belgien profitiert als Sieger in dieser Disziplin sicher auch davon, dass in den letzten zwei Jahren der Hafen Antwerpen ein hohes Wachstum verzeichnet. Auffällig ist bei den sechs Kategorien, dass die schlechtesten Benotungen in den Top Ten bei den "Internationalen Sendungen" und der "Verzollung" erteilt werden. Ein Indiz dafür, dass es in diesem Bereich offenbar immer wieder zu Komplikationen kommt. Auch eine andere Betrachtungsweise zeigt, dass die Verzollung ein Ärgernis ist: "Über die Jahre hinweg hat sich die Komponente Grenzabfertigung/ Zollabwicklung als diejenige erwiesen, in denen die meisten Länder eine niedrigere Punktzahl erreichen als ihre jeweilige Gesamtpunktzahl", sagt Christina Wiederer, Mitautorin der Studie der Weltbank, gegenüber der VerkehrsRundschau. Wiederer registriert angesichts der Ergebnisse aus dem LPI die Gefahr eines Arbeitskräftemangels: "In Niedriglohnländern sehen wir einen Fachkräftemangel in höheren Positionen und in den Ländern mit höheren Einkommen einen Mangel bei den Arbeitern wie Lkw-Fahrer." Und wie haben Deutschlands Konkurrenten abgeschnitten? Zunächst mal fällt auf, dass nahezu alle aus den Top Ten sich bei den Punkten verschlechtert haben. Das gilt auch für Deutschland (4,20 nach 4,23 Punkten im Jahr 2016). Luxemburg findet sich nach Platz zwei 2016 jetzt nur noch auf Rang 24 wieder. Statt 4,22 Punkte kam das Land, das sich auch auf logistische Leistungen konzentriert hat, nur noch auf 3,63 Punkte. Die politischen Unruhen in der Türkei haben ihre Wirkung nicht verfehlt: Das Land rutschte von Platz 34 auf Platz 47 ab (noch 3,15 Punkte nach 3,42 Punkte im Jahr 2016). Russland hingegen macht einen Sprung nach vorne, von 99 auf 75. Die Sanktionen des Westens aufgrund der Annexion der Krim gelten zwar immer noch, doch scheint sich dies in der Logistik nicht mehr negativ auszuwirken. Allerdings gab es bei den Punkten auch nur eine leichte Verbesserung um 0,19. Gespannt darf man sein, wie die USA und Großbritannien sich bis zum nächsten Ranking im Jahr 2020 entwickeln werden. Werden die Abschottungspolitik von US- Präsident Donald Trump mit höheren Zöllen sowie der Brexit Auswirkungen haben? Zumindest bei der Abwicklung von grenzüberschreitenden Sendungen ist schwer vorstellbar, dass der Brexit folgenlos bleibt. Osteuropa mit Luft nach oben Betrachtet man das Abschneiden der Länder aus Osteuropa, die die VerkehrsRundschau auch im Rahmen einer Serie vorstellt (siehe Seite 14), fällt auf, dass im Vergleich zu den westeuropäischen Staaten noch Luft nach oben besteht. Tschechien konnte sich mit Rang 22 am besten platzieren und machte damit gegenüber dem letzten LPI (35.) einen großen Sprung nach vorne. Polen ist die Nummer zwei der Osteuropäer (28. nach Rang 33). Dahinter folgen Ungarn (31.; vorher 36.), Estland (36.; vorher 42.) sowie Rumänien (48.; vorher 43.). Ein wichtiger Grund, womöglich sogar der wesentliche, warum die Weltbank das Ranking 2007 aus der Taufe gehoben hat, ist die Herausstellung der hohen Bedeutung der Logistik: "Anhand der Ergebnisse der letzten Jahre lässt sich ablesen, dass in den Ländern die Entwicklung logistischer Fähigkeiten an Bedeutung gewonnen hat", zählt Wiederer einen Trend der Befragung auf. Sie weist auf die schwach entwickelten Länder hin, die sich verbessert hätten. So gab es 2016 noch fünf Länder, die deutlich unter der 2,0-Punkte-Grenze lagen. 2018 traf dies nur auf Afghanistan zu. Mehr zum Thema im Dossier "Ranking Logistikregionen" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Methodik So wird der Index ermittelt - Der Logistics Performance Index (LPI) ist das Ergebnis einer Befragung von in diesem Jahr 869 Logistikexperten aus Unternehmen, die aus 108 Staaten stammen.- Die Logistikfachkräfte wählen acht Länder aus, die nicht ihr Heimatland sind und die sie auf einer Skala von eins (sehr niedrig) bis fünf (sehr hoch) beurteilen. Diese Werte gehen in das Länderranking ein.- Zudem werden im "Domestic LPI" die Logistikexperten zu ihrem eigenen Land befragt. Diese Ergebnisse werden gesondert veröffentlicht.- Mehr Informationen zum LPI, das komplette Ranking und weitere Interpretationen finden sich im Internet unter: lpi.worldbank.org.cd