Interview: Der Markt ist hart - also müssen wir härter sein!

Welche Rolle spielt Brasiliens LKW-Markt für Daimler - wird er weiter wachsen? Philipp Schiemer: Der Markt lag um die Jahrtausendwende bei rund 70.000 bis 80.000 Einheiten im Jahr. Heute ist er gut für 150.000 Einheiten jährlich und damit einer der größten Einzelmärkte für Daimler Trucks. 2014 rechnen wir mit einem weiteren Anstieg der Verkäufe, nachdem der Absatz durch Vorzieheffekte wegen der Euro-5-Einführung 2012 auf 130.000 Einheiten zurückging. Der gesamte Kuchen wird nicht größer. Da die hohen Stückzahlen neue Marktbegleiter anlockten, müssen wir darauf achten, dass unser Kuchenstück nicht kleiner wird. Welche Tendenzen und Probleme gibt es? Es gibt einen klaren Trend zu schweren Fahrzeugen, die in Brasilien aber von 74 bis 80 Tonnen reichen. Die europäischen 40 Tonnen gelten hier als mittelschweres Segment. Gleichzeitig verschärft der Staat die Regularien bezüglich der Abgasnorm und Sicherheitsausstattungen. Auch innerstädtisch gibt es strenge Gesetze, was dazu führt, dass die Verkehre über lange Distanzen tendenziell von größeren und Innerstädtisch von kleineren Fahrzeugen abgewickelt werden. Darauf reagieren wir mit der Erweiterung unseres Programms mit dem Actros nach oben und dem Accelo nach unten. Die Entwicklung ähnelt der in Europa: LKW-Fahren ist nicht mehr jedermanns Traum. Neben den strengen Regularien gibt es weiter viele schlecht ausgebaute Straßen - und die Gefahr von Überfällen ist nach wie vor hoch. Es gibt in Brasilien 5500 Stadt- respektive Landkreise. Manche davon sind nach wie vor schwer zu erreichen. Ein weiteres Problem bleibt die Fahrzeug-Finanzierung. Konnte die WM hier nichts verbessern? Wir stellten vor allem letztes Jahr viel stärkere Aktivitäten auf dem Bausektor fest - immerhin müssen alle neuen Stadien die strengen Fifa-Regularien erfüllen. Das kostet viel Geld. Das andernorts wieder fehlt? Das kann und möchte ich nicht beurteilen - aber natürlich wünschte man sich so strenge Regularien für die gesamte Infrastruktur, den sozialen Wohnungsbau oder Schulen. Hier beginnen die Menschen nachzudenken und Kritik zu üben, was generell eine positive Entwicklung für das ganze Land darstellt. Die Menschen akzeptieren nicht mehr alles und möchten als Gastgeber gut vorbereitet sein! Können auch die Fahrer davon profitieren? Auch hier gibt es Parallelen zu Europa: Auch Brasilien beklagt einen Fahrermangel - wegen der zuvor genannten Gründe. Aufgrund der Größe des Landes muss man auf einheimisches Personal zurückgreifen, was die Fahrerlöhne tatsächlich erhöht hat. Außerdem stieg das Mitbestimmungsrecht der Fahrer bei der Anschaffung der LKW. Trotzdem: Der Job des LKW-Fahrers und -Herstellers in Brasilien bleibt hart und wird nicht leichter. Deshalb müssen wir härter sein (lacht).

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