Der europäische Gedanke

Der europäische Gedanke Ein Netzwerk mittelständischer Spezialdienstleister bietet europaweite Hightech-Logistik. Mit dem Angebot will man den Konzernspeditionen die Stirn bieten. Das neue Mobiltelefon bringt die Post oder ein Kurierdienst. Aber wer liefert der Bank den neuen Geldautomaten, der fachgerecht installiert und verkabelt werden muss und wie kommt die sechs Meter lange Druckmaschine in den dritten Stock eines Gebäudes in Innenstadtlage? Das ist die Aufgabe von Spezialisten, die sich in einem kleinen aber feinen Marktsegment bewegen: Hightech-Logistik. Zu ihnen gehört beispielswiese die Spedition Simon Hegele mit Sitz in Karlsruhe. Mit speziellen Fahrzeugen, die auf den Transport sensibler Güter ausgelegt sind, bringen geschulte Serviceteams Medizintechnik, Druckgeräte oder Kopiersysteme zum Kunden. In Frankreich hat Hightech-Spezialist Marchal Technologies diese Marktnische erfolgreich besetzt und in Großbritannien verdient Bishopsgate Geld als hoch spezialisierter Logistikdienstleister. Dies sind nur drei der insgesamt elf mittelständischen Gesellschafter im Europaverbund Teneso. „Die Kunden dieser Dienstleister sind international tätige Hersteller, oft Marktführer in ihrem Bereich mit Kunden in aller Welt – sie verlangen für die Distribution ihrer sensiblen und teuren Geräte nach Dienstleistungen aus einer Hand“, erklärt Udo Scheffler, stellvertretender Geschäftsführer der Teneso AG. Einzelne Kernspintomografen, die in der medizinischen Diagnostik zum Einsatz kommen, hat Simon Hegele auch vorher schon per LKW ins europäische Ausland gebracht. Bei solchen Großgeräten lassen sich Einzellieferungen mit einem voll beladenen Fahrzeug plus Serviceteam problemlos darstellen. Doch für kleinere Geräte wie mobile Röntgeneinheiten, Ultraschallgeräte oder für Druck- und Kopiergeräte gab es bislang bei den mittelständisch geprägten Dienstleistern keine Strukturen, in denen eine gesamteuropäische Dienstleistung sinnvoll abgebildet werden konnte. Europa AG bietet Rechtsrahmen In diese Lücke stößt der Europaverbund Teneso. Das Kunstwort steht für Technical Network Solution. Udo Scheffler: „Mit Frankreich und Italien gab es Berührungspunkte aus vergangenen Projekten. Wir haben uns überlegt, wie wir eine europäische Struktur für den Markt schaffen können.“ Einen Ausweg bot die Gründung einer Europa AG. Eine rechtliche Struktur, ein IT-System, ein Standard der Leistungserbringung – so lautete die Vorgabe. Die elf Gesellschafter sind laut Scheffler allesamt Marktführer in ihrem Heimatmarkt. „Derzeit ist das Modell Teneso ein Novum“, erklärt Scheffler. Verteilung über Frankfurter Hub In der Praxis sieht die europäische Zusammenarbeit so aus: Um den Auftrag eines deutschen Geräteherstellers mit einer Sendung nach Frankreich abzuwickeln, organisiert Teneso die Auslieferung in Frankreich über den französischen Gesellschafter Marchal. Umgekehrt gilt: Wenn Marchal einen Kunden in Frankreich bedient, der einen Geldautomaten in Hamburg ausgeliefert haben will, dann erbringt diese Leistung der deutsche Teneso-Gesellschafter Simon Hegele. Gründungsmitglied Simon Hegele betreibt im Geschäftsbereich Systemverkehre ein radiales Distributionsnetzwerk mit Regionaldepots in Hamburg, Berlin , Halle, Frankfurt, Forchheim, Stuttgart, München, Karlsruhe und Duisburg. Von diesen Regionaldepots wird das zentrale Hub in Frankfurt täglich per Shuttle versorgt. In der Nacht werden die Sendungen dann den jeweiligen Empfangsstationen zugeordnet und den Regionaldepots zugeführt, mit Regellaufzeiten von 24 bzw. 48 Stunden. Alle Teneso-Gesellschafter sind damit Auftraggeber und Leistungserbringer gleichermaßen. Schlanke Strukturen Um die Strukturen schlank zu halten, nutzt Teneso vorhandene Strukturen und – wo möglich – Mitarbeiterressourcen. In den Länder-Hubs sitzen Mitarbeiter, die ausschließlich den Teneso-Hut aufhaben, neben Kollegen, die sowohl für ihre Landesgesellschaft als auch für Teneso tätig sind. Den verantwortlichen Vertriebsleuten und Operational-Managern in den Zentralhubs der Landesgesellschaften kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu. Sie strukturieren die Kommunikation in den eigenen Betrieben so, dass der Auftrag reibungslos abgewickelt werden kann. „Die Herausforderung besteht darin, die Lieferung so zu disponieren, dass der Techniker des Kunden vor Ort ist, wenn die Ware eintrifft“, erklärt Scheffler. Mehr als 60 Prozent der Lieferungen sind mit einer solchen „Rendevouzvereinbarung“ verbunden. Vor allem wenn technische Geräte ins interne Kommunikationsnetzwerk des Unternehmens integriert werden müssen, ist in der Regel noch ein Servicetechniker des Kunden vor Ort. „Dass diese Rendevouzvereinbarung klappt und das Gerät problemlos in Betrieb genommen werden kann, ist erste Priorität der Kunden“, erklärt Scheffler. „Denn erst wenn das Gerät beim Abnehmer einwandfrei funktioniert, fließt das Geld für unseren Kunden. Jede Verzögerung kostet den Gerätehersteller Geld.“ Den Konzernen Geschäft abnehmen Teneso steht mit seiner internationalen Ausrichtung damit ganz klar im Wettbewerb zu den global agierenden Konzernspediteuren, die es gewohnt sind, mit ebenso global aufgestellten Industrieunternehmen zu verhandeln. „Wir wollen direkt an diese Kunden ran“, erklärt Sales Director Billy Black, der bei Teneso den Vertrieb steuert. „Wir sind jetzt in 25 Ländern aktiv. Damit sind wir ganz klar eine Alternative zu den Konzernen.“ Beispielsweise für Medizingerätehersteller, die in Fernost oder USA produzieren und ein Distributionsnetz in Europa aufbauen wollen. Anstatt das Geschäft den Großspediteuren zu überlassen, die Spezialisten wie Simon Hegele dann nur auf der letzten Meile eingesetzt haben, will man der Industrie nun selbst die gesamte Logistikkette aus einer Hand anbieten: angefangen beim Bestandslager, über die Organisation des Transports, Auslieferung beim Kunden bis zum Aufbau vor Ort. Black: „Wenn wir die gesamte Kette selbst steuern, haben wir auch die Qualität in der Hand und vermeiden unnötige Schnittstellen.“ Teneso will mit Spezialistentum punkten. Black: „Bei uns sprechen schon in der Planung Techniker mit Technikern.“ Und dies schlage sich in deutlich kürzeren Lieferzeiten nieder – ein wichtiges Kriterium für Gerätehersteller, die bestimmte Lieferzeiten vertraglich zugesichert haben. SAP-System verknüpft IT-Welten Wichtige Voraussetzung hierfür dürfte die durchgängige IT-Lösung sein, die allen Dienstleistern die für sie relevanten Informationen ohne Medienbruch zukommen lässt. Historisch gewachsene und heterogene IT-Systeme der Gesellschafter sind über ein zentrales übergeordnetes SAP-System miteinander verknüpft. Eine Middleware, strukturiert Daten und verteilt sie entsprechend der Aufgabenstellung an die Teneso-Partner. Scheffler: „Wir bekommen aus dem Warenwirtschaftssystem des Kunden den Auftrag in unser SAP-System gespielt. Dort wird der Geschäftsvorfall aufgeschlüsselt in Abholung, Hauptlauf, Endkunden-Distribution sowie in Zusatzdienste vor Ort.“ Das System spielt jedem Landespartner das Seine zu – je nach Zuständigkeit. Wenn man Vertriebschef Black nach seinen vorrangigen Zielen neben der Neukundenakquise fragt, so will er zunächst das Potenzial ausschöpfen, das die Bestandskundenliste der Teneso-Gesellschafter noch bietet. ❙❚■ Dietmar Winkler Stehen hinter Teneso: Udo Scheffler, stellv. Geschäftsführer, und Vertriebschef Billy Black Laborausrüster Thermo Fisher Scientific Seit 2005 ist der deutsche Teneso-Gesellschafter Simon Hegele für den Laborausrüster und Hersteller von analytischen Geräten Thermo Fisher Scientific tätig. Im Teneso-Netzwerk werden Labor-Werkbänke und Spezial-Kühlschränke europaweit ausgeliefert, komplett vor Ort aufgebaut und an den Kunden übergeben. Vor der Auslieferung findet in der Regel eine Vor-Ort-Besichtigung statt. Die Serviceteams sind für die produktspezifischen Anforderungen speziell geschult. Zusätzlich übernimmt Simon Hegele die Produktionsentsorgung im Produktionswerk Langenselbold. In definierten Zeitfenstern werden die für den Europa-Export bestimmten Waren in das Frankfurter Eurohub transportiert. Aktuelle Informationen über die verfügbaren Warenbestände bekommt der Kunde über die EDV. Ab Frankfurt werden die Sendungen europaweit verteilt. diwi Sensible Fracht: Laboreinrichtung und -geräte Praxisbeispiel Teneso SE - das unternehmen Verbund von Hightech-Spezialisten deckt ganz Europa ab Gründungsjahr: 2008 Hauptsitz: Karlsruhe Geschäftsform: Europa AG Kompetenz: Technical Network Solution – Logistik- und Transportdienstleistung für empfindliche und wertvolle Waren. Das Geschäft ist in drei Produktsegmente unterteilt: Basic (z. B. Kleinkopierer, Verkaufsautomaten) Technical (z. B. Umspannsysteme, digitale Drucksysteme, Geldautomaten HighEnd (z. B. Medizintechnik, Großformatdrucker) Fuhrpark: ca. 900 komplett ausgestattete Spezialfahrzeuge mit Zwei-Mann-Besatzung Mitarbeiter: ca. 3300 Gesamtumsatz der Gesellschafter: ca. 400 Millionen Euro Lagerkapazität: 90 Hochsicherheitslager Jüngster Teneso-Beitritt ist der österreichische Dienstleister Tectraxx für Mittel- und Osteuropa