Den Privatkunden im Visier

Seit Anfang Oktober wendet sich Paket- und Expressdienstleister DPD mit dem Werbeslogan "Du bestellst. Du bestimmt." an Endkunden. Wer auf eine Sendung von DPD wartet, kann mit dem Zeitfenster-Service Predict den Zeitpunkt der Zustellung weitgehend selbst festlegen - so die Werbebotschaft. DPD teilt damit also am Vortag die Anlieferung mit, der Kunde meldet dann elektronisch, welche Lieferstunde und -adresse er bevorzugt. Wenn man der Werbung glauben darf, kann er dem Fahrer sogar fünf Minuten vor dem Zustelltermin Änderungswünsche zuleiten. "Wir passen uns konsequent dem Tagesablauf des Empfängers an und bieten einen Versand, der den Ansprüchen des digitalen Zeitalters entspricht", versichert Verena Hilss, Marketing-Managerin des Unternehmens. DPD will seinen Marktanteil verdoppeln DPD hat ehrgeizige Ziele. Der Paketdienst will angesichts des weiterhin florierenden E-Commerce seinen Marktanteil im von DHL und Hermes dominierten B2C-Markt bis 2018 auf 15 Prozent verdoppeln. Ein Zeitfenster-Service ist dabei ein probates Instrument, weil er eine erfolgreiche Zustellung bei der ersten Auslieferung garantiert. Und das ist wichtig in der Last-Mile-Logistik, die für jedes KEP- Unternehmen mit Auslieferungen an Endverbraucher weiterhin die größte Herausforderung darstellt. Bis zu 50 Prozent der Transportkosten können die Kilometer Branchenberechnungen zufolge verursachen. Wer Pakete also kostengünstig ausliefern will, muss mehrfache Anfahrten vermeiden. Deshalb bauen die großen Paketnetze ihre Samstagszustellung aus. Denn am Wochenende sind erfahrungsgemäß viele Endkunden anzutreffen. Abgesehen davon hat jeder große Paketdienst - mit Ausnahme bislang von Fedex - ein dichtes Paketshop-Netz etabliert, in dem Privatkunden ihre Pakete selbst abholen können. Für besonders sperrige Sendungen sind aber Paketshops wenig geeignet. Auf Sendungen jenseits der Paketgröße hat sich deshalb die Kooperation GEL Express spezialisiert. Sie stellt zum Beispiel auch weiße Ware, Duschkabinen, Gartenmöbel, Großbildfernseher und Türen Privatkunden zu. 40 Prozent der GEL-Sendungsmengen gehen mittlerweile an Endkunden. "Die erste Zustellung muss erfolgreich sein", weiß Geschäftsführer Norbert Keimeier. Um das zu gewährleisten, fordert das Unternehmen die Kunden auf, bei ihrer Bestellung über das Internet ein Zustellzeitfenster per Avis den Fahrern und Disponenten mitzuteilen. 97 Prozent der Auslieferungen klappen laut Keimeier im ersten Anlauf. Der Express-Verbund Ilonexs punktet dagegen bei Verbrauchern mit folgendem Service: "Wir rufen jeden Endkunden vor der Zustellung an und vereinbaren ein Zeitfenster von rund 90 Minuten", sagt Ilonexs-Geschäftsführer Carlos da Mota. Allerdings gehen 90 Prozent der Ilonexs-Sendungen auch an Geschäftskunden und nur jede zehnte Sendung an Privatverbraucher. Wie viele B2C-Sendungen Deutsche Post DHL täglich befördert, ist dagegen nicht bekannt. Das Unternehmen macht dazu keine Angaben. Allerdings haben sich nach Angaben des Bonner Logistikkonzerns mittlerweile sechs Millionen Privatkunden auf dessen Internet-Plattform www.paket. de registriert. Hier können sie zum Beispiel ihre Wunschtage oder auch Wunsch-Tageszeiten für die Anlieferung angeben. Außerdem können sie Mitteilungen hinterlegen, ob ihre bestellten Waren auch in Filialen, Paketshops, Packstationen oder beim Nachbarn hinterlegt werden können. Einen vergleichbaren Service plant auch UPS in naher Zukunft - europaweit. Mit UPS My Choice hat der KEP-Riese in den USA ein entsprechendes Angebot bereits aufgebaut. Empfänger können dort online Sendungen verzögern, umleiten oder bestimmte Zustellzeitfenster definieren. Paketdienstleister GLS macht einen solchen Service dagegen vom Versender abhängig. Wenn dieser den Empfänger vom Versandstart informiert und dem Paketdienst mit dessen Einverständnis die E- Mail-Adresse mitteilt, sichert GLS je nach Region ein- bis vierstündige Zustellfenster zu. Immer häufiger Samstagszustellung Hermes führte bereits 2004 dreistündige Zeitfenster als "Premium-Service" für Online-Händler ein. Die E-Commerce-Anbieter können ihre Kunden fragen, ob diese eine Zustellung vormittags, nachmittags oder abends wünschen. 2013 verkürzte der Paketdienst die Fenster auf ein bis zwei Stunden, jetzt will er diese Dienstleistung jedem Empfänger anbieten. "85 Prozent der Endkunden wünschen weiterhin die Haustürzustellung", sagt Hermes-Sprecher Martin Frommhold. "Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass andere Services nicht ausreichend nachgefragt werden." Das verwundert nicht: Jeder Endkunde möchte alternative Optionen wie die Abholung in Paketshops nur wahrnehmen, wenn er die Sendung nicht persönlich in Empfang nehmen kann. Allerdings überzeugen Zeitfenster-Services nur, wenn sie mit anderen Dienstleistungen verknüpft werden. So ist Online-Tracking zwingende Voraussetzung für ein solches Angebot. Wenn der Kunde sieht, dass seine Sendung sich verspätet, muss er auf ein alternatives Zeitfenster ausweichen. Gegebenenfalls muss der Paketdienst spätabends oder am Wochenende kommen. Mit bundesweiten Samstagsdiensten können bislang nur DHL und Hermes punkten. DPD will bis Frühjahr 2015 folgen, GLS bietet einen solchen Service in einigen größeren Städten an. Wenigstens ebenso wichtig ist ein bundesweites Paketshop-Netz, wenn der Empfänger abwesend ist und keine Umleitung zum Beispiel an den Arbeitsplatz wünscht. Vor allem Tankstellen, Bäckereien und andere Einzelhandelsstandorte mit besonders langen Öffnungszeiten haben die Paketdienste als Paketshops angeworben. Wenn der Empfänger Alltagseinkäufe mit der Paketabholung verknüpfen will, kann er die Sendung an solche Standorte umleiten. Der Service wird nahezu perfekt mit Packstationen, die rund um die Uhr zugänglich sind. Allerdings bietet bislang nur DHL 2650 solcher Stützpunkte an. Voraussichtlich im Frühjahr 2015 werden DPD, Hermes, GLS und UPS mit einer offenen Branchenlösung folgen, die Sendungen aller vier Paketdienste aufnimmt. Allerdings dürfte sich der Aufbau eines deutschlandweiten Netzes einige Jahre hinziehen. Ansonsten sehen Branchenkenner durchaus Probleme beim Zusammenspiel der vier DHL-Konkurrenten. "Wenn der Fahrer in der Station keine Sendungen hinterlegen kann, wird er den Paketshop anfahren", sagt Berater Horst Manner-Romberg. "Verbraucher, die mehrere Sendungen erwarten, müssen dann möglicherweise ebenfalls mehrere Stationen aufsuchen." Manner-Romberg zufolge können Paketshop-Netze nur dann überzeugen, wenn sie ebenfalls als offene Branchenlösungen konzipiert sind. Das sehen möglicherweise E-Commerce-Anbieter und andere Versender genauso. Sie wollen zufriedene Kunden. Und je häufiger diese sich über problemlose Zustellungen freuen, desto öfter kaufen sie im Internet ein, wie eine Umfrage (siehe Kasten) ergab. Und desto mehr Sendungen können DHL & Co zustellen. Die Serie E-Commerce: Der Privatkunde im VisierDer neue Onlinehype verändert die Logistikwelt, vor allem die Geschäftsmodelle der KEP-Branche:- VR 41: Welche Services KEP-Dienste im Onlinehandel bieten:- VR 42: Funktioniert das Uber-Modell auch im KEP- Segment?- VR 43: Welche Geschäftsmodelle im E-Commerce Zukunft haben Studie Studie: "Verbraucher wollen klar Wunschtermine" Welchen Einfluss hat der Lieferservice auf das Bestellverhalten von Endverbrauchern im Internet? Das untersuchte die Unternehmensberatung MRU in Hamburg in einer Studie, für die 1500 Paketempfänger repräsentativ befragt worden waren.Die Untersuchung zeigt: "Viele Teilnehmer machen ihr Bestellverhalten im Internet tatsächlich von den Services der Paketdienste abhängig", sagt MRU-Geschäftsführer Horst Manner-Romberg. So geben 30 Prozent der Befragten an, dass sie aufgrund der guten Lieferservices die Anzahl ihrer Bestellungen um durchschnittlich 20 Prozent erhöht haben und an weiteren Dienstleistungen interessiert sind. Umgekehrt wollen 25 Prozent bei einem verschlechterten Lieferservice ihre Online-Bestellungen zurückfahren.Grundsätzlich erwarten die Teilnehmer berechenbare und zuverlässige Zustellungen. "Die Verbraucher favorisieren klar Wunschtermine", schlussfolgert Manner-Romberg und empfiehlt eine weitere Flexibilisierung der vorhandenen Zeitfenster-Services. Manche Kunden wünschen Auslieferungen ausschließlich an einem bestimmten Wochentag, wenn sie zu Hause sind. Für 80 Prozent sind angekündigte Zustellungen vorzugsweise abends oder am Samstag wichtig: Je dringlicher und hochwertiger eine Sendung ist, desto genauere Zeitfenster werden gewünscht. Mit zweistündigen Fristen können die meisten Endkunden jedoch gut leben."Wenn ein Fahrer 30 Minuten vorher sein Kommen mitteilt, reagieren fast alle Empfänger hocherfreut", bilanziert Manner-Romberg.Auffallend: Gerade mal vier Prozent der Befragten wünschen Same-Day-Services. Das entspricht etwa der Quote derer, die Lebensmittel im Internet einkaufen. Die Umfrage soll halbjährlich wiederholt werden. bot

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