Das Gebot der Stunde

Die Stückgutnetze sind derzeit nicht wirklich voll. Und es steht wieder Laderaum zur Verfügung", beobachtet Dieter Froitzheim, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Lobraco Akademie in Dernbach/Westerwald (siehe Kasten Seite 26). Entsprechend angespannt seien aktuell etliche Unternehmer. "Die Unsicherheit in der Branche wächst, auch wenn noch keiner von Krise oder gar Rezession sprechen will", stellt Froitzheim fest, der seit Jahren Führungskräfte aus der Transport- und Logistikbranche berät. Wissensvorsprung dank Erfa-Gruppe Zur aktuellen Stimmungslage passt, dass die Wirtschaftsweisen ihre Prognose für die deutsche Wirtschaft erst vor wenigen Wochen deutlich nach unten korrigiert haben. Sorgen bereiten ihnen vor allem die Handelskonflikte mit den USA und die weiter anhaltende Unsicherheit über den EU-Austritt Großbritanniens. Nur noch mit einem Wachstum von 0,8 Prozent rechnen die Wirtschaftsweisen also für 2019. Noch hinterlässt das alles nicht wirklich Spuren in der deutschen Wirtschaft - zumindest nicht nach außen hin. Mit 19.900 Fällen registrierte Creditreform im vergangenen Jahr sogar den niedrigsten Wert an Unternehmensinsolvenzen seit 1994 (18.820 Fälle), 2017 waren es noch 20.140. Gegenüber den Höchstständen 2003 und 2004 (39.470 bzw. 39.270) hat sich die Zahl damit sogar halbiert. Froitzheim rät dennoch zur Wachsamkeit: "Die Situation ist im Moment sehr fragil", warnt der Berater. Firmenchefs sollten sich jetzt schon für etwaige Unwägbarkeiten wappnen. "Stellen Sie Ihr Unternehmen krisenfest auf", sagt er. Rüdiger Elflein, Geschäftsführer der Elflein Transport & Logistik in Bamberg, hat vorgesorgt (siehe Kasten Seite 25). "Die für mich relevanten Kennzahlen und Informationen wie Fahrzeugauslastung und Kundenentwicklung habe ich immer im Blick", betont er. "Mich interessiert es, ob ein Kunde zum Beispiel Sonder- oder Samstagsschichten fährt und in welchem Umfang." Für ihn ist dies ein wichtiger Indikator, da Elflein sich insbesondere auf JIT- und JIS-Verkehre in der Automobilbranche spezialisiert hat. Damit könnte er schon sehr frühzeitig erkennen, ob unter Umständen auslastungsschwächere Zeiten auf sein Unternehmen zukommen. Das helfe ihm dann, im Fall der Fälle schnell handeln zu können. Seit vielen Jahren ist Elflein auch Mitglied einer Erfahrungsaustauschgruppe (Erfa), die die SVG Consult regelmäßig organisiert. Dort trifft sich der Unternehmer mit Branchenkollegen und tauscht sich mit diesen regelmäßig aus. "Da ist ein wirkliches Vertrauensverhältnis entstanden", sagt er. Dieses sei sogar so gut, dass die Firmenchefs bestimmte Kennzahlen ihres Unternehmens für ein Benchmarking innerhalb der Erfa zulassen. Warnsignale ernst nehmen Nicht alle Firmenchefs haben ihre Kennzahlen so klar im Blick. Nicht nur weil sie den Aufwand scheuen, sondern auch weil sie dafür gar nicht die Notwendigkeit sehen. "Unternehmer sind nun einmal mehrheitlich Optimisten. Eine positive Grundeinstellung gehört zum Unternehmertum", sagt Froitzheim. Mit anderen Worten: Unternehmer neigen dazu, Krisensignale zu ignorieren oder sie schön zu reden. "Problematisch wird das aber dann", warnt der Berater, "wenn ein Firmenchef etwaige Warnsignale nicht ernst nimmt. Und noch schlimmer: Wenn er nicht einmal weiß, ab welchem Punkt es für sein Unternehmen kritisch wird, und wann er Gegenmaßnahmen einleiten muss. Die Tonnage, Sendungszahlen, die Lkw-Auslastung sollte deshalb ein Unternehmer zumindest jeden Tag kontrollieren - im Idealfall auf die einzelnen Kunden heruntergebrochen", rät Froitzheim. "Diese Daten liegen ja eigentlich in den Betrieben vor, sie werden nur nicht wirklich ausgewertet." Hier sieht er Nachbesserungsbedarf. "In vielen Unternehmen fehlt nach wie vor ein wirklich durchgängiges und einheitliches Reporting", stellt auch Patrick Schwarzl fest. Er ist Geschäftsführer der österreichischen PACEup Management-Consulting GmbH in Wien, die sich auf Strategieentwicklung und Controlling spezialisiert hat. Stattdessen baue sich jede Abteilung oder Organisationseinheit ihre individuelle "Insellösung" auf Excel-Basis, beobachtet Schwarzl. Mit der Folge, dass sich Unternehmensleiter häufig die relevanten Key Performance Indicators (KPIs), also sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Kennzahlen, aus den unterschiedlichen Teilbereichen ihres Unternehmens zeitaufwendig zusammensuchen müssen. Fehlendes Controlling ist riskant Sinnvoller ist laut dem Experten eine unternehmensweite Informationsversorgung durch moderne Reporting-Dashboards. "In den letzten Jahren haben sich diese Technologie-Lösungen enorm weiterentwickelt und sind gleichzeitig kostengünstiger geworden - selbst für Klein- und Mittelbetriebe", weiß Schwarzl. Zudem könnten sie heute nicht nur unterschiedliche Daten-Quellen anbinden, sondern auch miteinander verbinden. Mit dem Vorteil: "Ein Firmenchef erhält auf einem Blick die für ihn relevanten KPIs, die ihm helfen, die Lage seiner Firma zu beurteilen. Quasi per Mausklick und grafisch ansprechend aufbereitet. Außerdem kann er das Kennzahlen-Reporting sogar interaktiv nach unterschiedlichen Filtern/Kategorien auswerten", führt er aus. Früher habe er solche Informationen im besten Fall als mühsam durchzuforstende Excel-Listen erhalten. Und was ist die wichtigste Voraussetzung, die Betriebe dafür erfüllen müssen? Ganz klar eines: "Der Erfolg eines solchen Reporting-Dashboards steht und fällt mit der Datenqualität", unterstreicht Schwarzl. "Ist das Vertrauen in die Datenqualität nicht gegeben, hilft das beste und schönste Dashboard nichts". Thomas Reichardt, Unternehmensberater der SVG Bundeszentralgenossenschaft in Frankfurt am Main, kann Unternehmenschefs nur dazu ermuntern, solche Tools zu nutzen (siehe Kasten Seite 26). "Fehlendes Controlling ist nun einmal die häufigste unternehmensinterne Ursache für Insolvenzen", betont der Berater. Natürlich seien die personellen Kapazitäten gerade in kleineren Transport- und Logistikfirmen begrenzt. "Strenge Kostenkontrolle und die Kontrolle der maßgeblichen Kennzahlen sind aber unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben." Mehr zum Thema im Dossier Unternehmensführung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie So machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest- Warnsignale im Unternehmen dank Kennzahlen richtig deuten- So geraten Sie nicht in die Cash-Falle (VR 20/2019)- Kostentreiber identifizieren und eliminieren (VR 21/2019)- Restrukturieren - Weichen richtig stellen (VR 22/2019)- Fünf Wege zu mehr Umsatz (VR 23/2019) Praxislösung Elflein Transport & Logistik "Es reichen einige wenige zielgerichtete Kennzahlen"Rüdiger Elflein, Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens Elflein Transport & Logistik in Bamberg, hat schon vor etwa drei Jahren in seinem Unternehmen ein Frühwarnsystem etabliert, das ihm hilft etwaige Krisenanzeichen schnell zu erkennen, um rechtzeitig gegensteuern zu können.So ermittelt und kontrolliert das Controlling bei Elflein täglich jeden Vormittag die Entwicklung bestimmter operativer Kennzahlen im Unternehmen. Im FTL-Bereich interessieren Geschäftsführer Elflein, führt er aus, insbesondere die Auslastungsquote und Standzeiten seiner Lkw sowie die Einhaltung der vorgegebenen Zielumsätze. In der Kontraktlogistik helfen Auftragsmenge und Performance der einzelnen Standorte - im Abgleich mit den vorgegebenen Zielwerten. "Das ist kein großes Hexenwerk und macht keinen großen Aufwand", betont er."Um zu sehen, wie es um uns steht, reichen einige zielgerichtete Kennzahlen - die Fahrzeugauslastung, Einsatzquote der Lkw, Tagesumsatz pro Lkw sowie Gesamtunternehmensaufträge."Unabhängig davon hat Elflein stetig die Entwicklung bestimmter Key Performance Indicators (KPI;Leistungskennzahlen) seines Unternehmens im Blick. Früher auf Excel-Basis. Um die KPI-Verläufe noch besser zu visualisieren, entwickle sein Unternehmen gerade eine Art Ampelsystem, erzählt Elflein. Sprich: Erreichen bestimmte Leistungskennzahlen die Zielgerade, werden laut Elflein die Werte in Grün präsentiert. Andernfalls in Orange oder Rot - abhängig davon, wie groß der Handlungsbedarf ist. Unterstützt wird der Geschäftsführer dabei mittlerweile von zwei Controllern, die nicht nur die Kennzahlen erheben, sondern auch hinterfragen und entsprechend aufbereiten. Generiert werden alle diese Kennzahlen und Werte, sagt Elflein, auf Basis des Transportmanagementsystems (TMS), das das Unternehmen im Einsatz hat, sowie auf Basis der eingesetzten Telematiksysteme. Und warum setzt Elflein auf das Kennzahlen-Reporting?"Wir sind schnell gewachsen", sagt er. "Um da nicht den Überblick zu verlieren, sind für mich die Kennzahlen ganz wichtig", betont der Geschäftsführer. Auch und gerade deshalb vergleicht der Firmenchef seine Kennzahlen auch regelmäßig mit anderen Firmenchefs seiner Branche. So ist Elflein schon seit vielen Jahren Mitglied einer Erfahrungsaustauschgruppe (Erfa), die die SVG-Consult regelmäßig organisiert.So gesehen ist Elflein also Überzeugungstäter in Sachen Kennzahlen. Und aus seiner Sicht können auch kleinere Transportbetriebe ein solches Kennzahlen-Reporting leisten."Es hilft schon, wenn ein Unternehmen seine Fahrzeugauslastung, die Einsatzquote seiner Lkw sowie den Tagesumsatz pro Lkw jeden Tag ermittelt und da die Soll- und Ist-Werte abgleicht. Hilfreich sei dies vor allem dann, wenn ein Firmenchef einmal krankheitsbedingt ausfällt. eh

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