Daimler muss Kunden Schaden erstatten

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hält im Fall des Lkw-Kartells Schadenersatzansprüche gegen den Fahrzeughersteller Daimler für grundsätzlich berechtigt. In einem kürzlich verkündeten Berufungsurteil bestätigten die Richter eine Entscheidung des Landgerichts und gaben einem Kunden recht, der mehrere Lkw gekauft hatte und nun wegen mutmaßlich überhöhter Preise Schadenersatz fordert. Um wie viel Geld es geht, war bislang kein Thema. Das Landgericht Stuttgart hatte in erster Instanz in einem sogenannten Grundurteil die Schadenersatzansprüche für gerechtfertigt erklärt. In welcher Höhe ein Schaden entstanden ist, muss es in anschließenden Betragsverfahren klären. Laut Feststellung der EU-Kommission hatten die Lastwagenhersteller MAN, Daimler, Volvo/Renault, rechtfertigt erklärt. DAF, Iveco und Scania von 1997 bis 2011 untereinander Informationen zum Beispiel über Preise ausgetauscht. Geschädigt worden waren alle Käufer und Leasingnehmer von Lkw mit einem Gesamtgewicht von mindestens sechs Tonnen. Die Lkw-Käufe in dem Fall seien von dem Kartellverstoß betroffen, und es sei wahrscheinlich, dass ein Schaden entstanden sei, urteilte der zweite Senat des OLG Stuttgart. Grundsätzlich diene die Bildung eines Kartells der Steigerung des Gewinns, und eine hohe Wahrscheinlichkeit spreche dafür, dass es gebildet und erhalten werde, weil sich damit höhere Preise erzielen ließen, argumentierten die Richter und verwiesen auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Thema. Somit sei auch wahrscheinlich, dass den Kunden eines Kartells ein Schaden entstehe. Daimler geht gegen Urteil in Revision Parallel zu dem jetzt entschiedenen Fall laufen noch die Lkw-Kartell-Klagen, die der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) seit 2017 initiiert und die der Prozessfinanzierer Financialright unterstützt. "Das Urteil des OLG Stuttgart bestätigt die Rechtsprechung einer Vielzahl deutscher Landgerichte", erklärt Alex Petrasincu von Hausfeld Rechtsanwälte, der im Auftrag von BGL und Financialright die Interessen von über 7000 Unternehmern mit knapp 15.000 Fahrzeugen in derselben Sache vertritt. Unter anderem hätten Richter auch in Duisburg und Hannover entschieden, dass die Lkw-Hersteller grundsätzlich für alle Schäden aus dem Kartell haften. Daimler kündigte Revision gegen das Urteil des OLG Stuttgart an. Man sei nach wie vor davon überzeugt, dass den Kunden kein Schaden entstanden sei, hieß es in einer Stellungnahme. Auch habe das Gericht keine Aussage darüber getroffen, ob es einen Schaden gebe und wie hoch der gegebenenfalls sein könnte, betonte der Konzern. Falls der Lkw-Hersteller damit die Klage nicht abwenden kann, rechnet Petrasincu damit, dass sich andere Gerichte auch auf die Entscheidung des OLG Stuttgart stützen. Verhandlungen in München ab Juni An der Berechnung des genauen Schadens für die Betroffenen sitzen nicht nur in diesem Fall derzeit bundesweit Sachverständige. "Dies ist ein besonders komplexer Vorgang, da durch das ökonomische Gutachten geklärt werden muss, wie sich die Preise ohne das Kartell entwickelt hätten", erklärt der Hausfeld-Rechtsanwalt. Es reiche nicht aus, sich auf abstrakte Studien dazu zu stützen, welche Preisüberhöhungen Kartelle durchschnittlich bewirken. "Vielmehr sind die Besonderheiten des Lkw-Marktes gründlich zu betrachten." Vor dem Landgericht München, wo der BGL, Financialright und die Kanzlei Hausfeld bereits Ende 2017 und Ende 2018 ihre Lkw-Kartell-Klagen eingereicht haben, steht Anfang Juni eine erste mündliche Verhandlung auf dem Plan. Die Richter dort möchten nicht nur über einen möglichen Schadenanspruch entscheiden, sondern auch direkt über die Schadenhöhe. "Dies führt dazu, dass das erstinstanzliche Verfahren etwas länger dauern dürfte als beispielsweise in Stuttgart, das Verfahren insgesamt in München aber deutlich schneller ablaufen dürfte", sagt der Kartellrechtsexperte Petrasincu. Mehr zum Thema finden Sie unter Wirtschaftsrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers Meldefrist BGL und Financialright sammeln bis 30. April für dritte KlagewelleBis zum 30. April 2019 können betroffene Transportunternehmen noch mithilfe des Rechtsdienstleisters Financialright im Internet unter www.truck-damages.com ihre Schadenersatzansprüche gegenüber dem Lkw-Kartell geltend machen. Darauf wies der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) noch einmal hin. Er hat die Schadenersatzklage zusammen mit dem Prozessfinanzierer Financialright initiiert. Sie richtet sich an Unternehmen, die Lkw über sechs Tonnen von MAN, Daimler, Volvo/Renault, DAF, Iveco und Scania im Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2016 gekauft oder geleast haben. Bereits 2017 und 2018 reichte der BGL über Financialright Lkw-Kartell-Klagen ein. Seinen Angaben zufolge wurde dabei bisher für insgesamt über 7000 Unternehmen mit knapp 150.000 Fahrzeugen Schadenersatz in Milliardenhöhe gefordert. ag

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