CRM: runter von der Insel

Kundenbeziehungsmanagement, neudeutsch: Customer Relationship Management (CRM), ist mehr als die simple Ansammlung von Adressdaten, um etwa Werbemailings zu steuern. Professionelles CRM ist vielmehr ein strategisch wichtiges Tool, das gerade in der schnelllebigen Transport- und Logistikbranche den entscheidenden Wettbewerbsvorteil schaffen kann. Insbesondere Speditionen müssen ihre Produkte und Dienstleistungen eng mit ihren Auftraggebern verzahnen - ein ausgeklügeltes Kunden- und Offerten-Management kann also Gold wert sein. Aber wie kundenzentriert ist die Transport- und Logistikbranche eigentlich? Zieht man die Ergebnisse einer aktuellen Studie heran, die IDG Research im Auftrag des Softwareanbieters Adito durchführte, ist hier offenbar noch Luft nach oben: Gerade einmal 42 Prozent der befragten Logistiker gaben sich in Sachen Kundenzentriertheit Bestnoten. Für die Studie wurden im Dezember 2017 191 Unternehmen aus sechs Branchen befragt, darunter 36 aus dem Bereich Transport & Logistik. Demnach nutzen über Drei Viertel der befragten Transport- und Logistikunternehmen eines oder sogar mehrere CRM-Systeme. Bei diesem Zahlenwerk sollte aber auch berücksichtigt werden, dass CRM vor allem bei größeren Unternehmen zum Einsatz kommen dürfte. Rund zwei Drittel der an der Studie teilnehmenden Transport- und Logistikunternehmen beschäftigen denn auch über 200 Mitarbeiter, gut 60 Prozent verfügen über ein jährliches IT-Budget von über einer halben Million Euro. Der überwältigende Großteil der CRM-affinen Logistiker setzt dabei auf klassische Unternehmens-CRM wie SAP (64Prozent), Microsoft Dynamics (33Prozent) und Salesforce (14 Prozent). "Die fachlichen Anforderungen, die ein Logistiker hat, und das daraus resultierende Integrationsthema sind bei den großen CRM-Anbietern eher zweitrangig", gibt Tobias Mirwald, CEO des Auftraggebers der Studie Adito, zu bedenken. Die deutsche Logistiklandschaft zeichne sich durch den Umstand aus, dass IT-Lösungen in vielen Unternehmen historisch gewachsen sind. Prozesse würden bei Logistikern gerne durch ganz individuelle Eigenentwicklungen abgebildet, für die es wiederum keine Konnektoren gibt. "Diesen hohen Integrationsaufwand für CRM-Systeme scheuen viele Unternehmen, daher ist es heutzutage immer noch so, dass CRM in den meisten Unternehmen ein Dasein als Insellösung fristet", folgert Mirwald. Diese Annahme wird durch Daten aus der CRM-Studie von Adito untermauert: Lediglich ein Drittel der Logistiker mit CRM-System betreiben eine Lösung, über die sie Zugriff auf alle Daten zur Kundenbetreuung haben (siehe auch Grafik unten). Ein gutes CRM für Logistiker sollte über die standardisierte Kundenverwaltung hinaus die schnelle und einfache Erstellung von Offerten und auch Tagesangeboten bieten, empfiehlt Mirwald. "Die Kür wäre dann natürlich diese Daten mit den Kapazitäten abzugleichen und direkt ins TMS zu übergeben." Schluss mit doppelten Eingaben Den Absprung von der Insel gemeistert hat die internationale Spedition Robert Kukla mit Hauptsitz in München. Um das Offerten- und Kundenmanagement weiter auszubauen, führte Kukla bereits vor einigen Jahren eine CRM-Lösung ein. "Diese Software lieferte zwar eine gute Transparenz über das Kunden- und Offerten-Management, war allerdings als Insellösung im Einsatz", erinnert sich Kukla-Geschäftsführer Olaf Böhm. War im Neukundengeschäft eine Offerte erfolgreich, musste der Disponent also die Kundendaten zur Auftragserstellung nochmals ins ERP eingeben. Um die redundante Datenpflege abzustellen, entschied sich Kukla, das alte CRM-System durch die Software Logistik-CRM von Doll + Leiber zu ersetzen. Dies bot sich an - mit dem Softwarehaus aus Mering bei Augsburg arbeiten die Münchner schon seit rund 20 Jahren zusammen, waren seinerzeit Pilotkunde und Entwicklungspartner der Transportmanagementsoftware Intertrans. Anfang des vierten Quartals 2017 wurde Logistik-CRM im Hauptsitz in München ausgerollt, im Januar 2018 schließlich wurden die letzten Auslandsniederlassungen an das System angebunden. Dank der integrierten Lösung wird nun direkt aus dem CRM heraus der entsprechende Auftrag generiert und ins ERP beziehungsweise TMS übergeben, der Mehraufwand durch doppelte Eingaben hat sich somit erübrigt. "Das CRM ist das zentrale Gedächtnis all unserer Unternehmensprozesse. Wir haben Einblick in alle Kundenkontakte, Offerten und Aufträge. Wir können jederzeit nachvollziehen, welcher Kunde wann eine Rechnung erhalten hat, welche Rechnungen offen oder beglichen sind, und Kreditlimits überwachen. Das CRM fungiert zudem als Sammelstelle für Kundenfeedback", freut sich Böhm, der in Sachen softwareunterstützter Prozessoptimierung noch einiges in der Pipeline hat. "Ein Thema, was uns aktuell am Herzen liegt, ist die Einbindung der CRM-Funktionalitäten in die Cloud", erläutert der Kukla-Geschäftsführer seine Pläne. Komplexe Ausschreibungen managen Eine Digitalisierungsstrategie, die auf Transparenz in allen Unternehmensbereichen abzielt, verfolgt auch Greiwing logistics for you. Der Spezialist für Schüttguttransporte suchte ein CRM-System, das das Ausschreibungsmanagement unterstützt und bei der Angeboterstellung hohe Flexibilität erlaubt. Im technischen Anforderungskatalog von Greiwing standen Schnittstellen zu SAP, MS-Exchange und dem Business-Intelligence-Tool QlikView. Fündig wurden die Münsterländer bei Entwickler Adito, der mit Adito4 eine sogenannte XRM-Software anbietet. XRM steht für Extended Relationship Management und beschäftigt sich mit mehr als reinen Kundenbeziehungen. XRM-Lösungen organisieren, steuern und analysieren vielmehr alle möglichen Beziehungen und Bezugsgruppen eines Unternehmens. Vertriebsmitarbeiter profitieren von der Lösung, weil sie unter anderem Standardpositionen aus einem fixen Angebotskatalog mit sehr individuellen Value Added Services kombinieren können. "Unser Vertrieb ist jetzt schneller, hat einen besseren Einblick in alle Aktivitäten und kann sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren", resümiert Vertriebsleiter Carsten Becker. Adito4 ist demnach inzwischen auch im Marketing eingeführt und kommt außerdem bei Reklamationen und Vertragsverwaltung zum Einsatz. CRM for free Kleinen Unternehmen, die über wenig IT-Budget verfügen und trotzdem nicht auf die Vorzüge eines CRM verzichten wollen, bietet Adito übrigens eine Alternative: Die Einsteiger-Software MeinCRM ist für bis zu drei Nutzer kostenlos. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Büro-Software www.verkehrsrundschau.de/dossiers